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Dornteufel: Thriller (German Edition)

Dornteufel: Thriller (German Edition)

Titel: Dornteufel: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Almstädt
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sah, schrie sie auf und wich zurück. Zu spät – er hatte ihren Arm zu fassen bekommen.
    Noël hatte tatsächlich die ganze Nacht über auf sie gewartet. Sein Gesicht war knittrig vor Müdigkeit, sein Kaschmirmantel verstaubt, und seine Nase leuchtete rot. Bei seinem Anblick hätte sie beinahe Mitleid verspürt, wenn sie sich nicht bewusst gewesen wäre, dass sie weitaus schlimmer aussah. Sie musste verschwinden, bevor er sie richtig anschauen konnte.
    »Rebecca! Warte. Was zum Teufel ist denn los?«
    »Nichts. Ich will dich nicht sehen. Ich bin nicht dein Eigentum, Noël. Und deine Kronjuwelen gehören doch sowieso Catherine, die sie unter ihrem hübschen spitzen Absatz hat, nicht wahr?«
    »Lass Catherine aus dem Spiel. Das eine ist Geschäft, und das andere …« Er bemühte sich, sie herumzudrehen, um ihr ins Gesicht sehen zu können.
    »Ja, was denn? Überleg dir jetzt gut, was du sagst. Nur nicht zu lange, weil ich jetzt losfahre.« Sie versuchte, sich loszumachen, um ins Taxi zu steigen, doch er ließ sie nicht.
    »Ich liebe dich«, gestand er ihr.
    Es war das erste Mal, dass er dies zu ihr sagte. »Ironie des Schicksals. Es ist zu spät.«
    Statt einer Entgegnung zog er ihr das Kopftuch herunter und nahm die Sonnenbrille ab. Selbst das noch trübe, kalte Morgenlicht blendete Rebecca, da sie so lange nicht mehr ungeschützt dem Tageslicht ausgesetzt gewesen war. Ihr traten Tränen in die Augen. Noël reagierte anders, als sie erwartet hatte. Er sah sie aufmerksam an, und seine einzige Reaktion war in seinen Pupillen zu erkennen, die sich erschrocken weiteten. Dann löste sich seine Hand von ihrem Arm, und er strich ihr mit den Fingerspitzen über die Wange, als müsste er fühlen, was er erblickte, um es wirklich glauben zu können.
    »Deshalb wollte ich dich nicht wiedersehen«, erklärte sie.
    »Wer oder was hat dir das angetan?«
    »Ich weiß es nicht. Es ging plötzlich und ohne erkennbaren Grund los. Die Ärzte, bei denen ich war, sind allesamt ratlos.«
    »Seit wann geht das schon so?«
    »Etwa seit zwei Wochen, glaube ich. Zuerst dachte ich, es wäre nur Einbildung.«
    »Das ist keine Einbildung, Rebecca. Das ist ernst.«
    »Meinst du, das ist mir nicht klar? Ich gäbe mich irgendwelchen Illusionen hin? Moira hatte es auch. Das war bestimmt der Grund dafür, dass sie sich umgebracht hat. Vielleicht ist es eine Erbkrankheit? Unsere Mutter ist bei einem Autounfall gestorben, als sie ungefähr so alt war wie ich jetzt. Aber vielleicht stimmt das auch gar nicht. Vielleicht hatte sie es auch und konnte nicht länger damit leben, und die lieben Verwandten, bei denen wir aufgewachsen sind, haben es uns verschwiegen.«
    »Haben die Ärzte so was gesagt? Gibt es so eine Erbkrankheit?«
    »Nein. Zumindest ist sie nicht bekannt.«
    Noël näherte sein Gesicht dem ihren, sodass sie einen Tropfen Nasensekret an seiner Nasenspitze glänzen sah. Er schien es nicht mal zu merken. »Wenn du jetzt wirklich in dieses Taxi steigen willst, musst du mich mitnehmen«, sagte er eindringlich. »Oder wir gehen wieder hoch in deine Wohnung und reden über alles.«
    »Es gibt nichts mehr zu reden, Noël. Mir kann niemand helfen. Lass mich in Ruhe.«
    Noël schaute sich um, dann erwiderte er mit gesenkter Stimme: »Du irrst dich, Rebecca. Ich bin wahrscheinlich der Einzige, der dir noch helfen kann.«
    H AMBURG , D EUTSCHLAND
    Julia kannte gegen einen Kater dieses Ausmaßes nur eine Kur: eine Riesencurrywurst mit einer großen Portion Pommes frites. Dazu einen Eimer eiskalte Cola und zwei Aspirin. Sie wünschte, sie könnte sich an mehr erinnern. War der Mann, der sie betrunken auf dem Ponton aufgelesen und in das Taxi gesetzt hatte, wirklich Robert Parminski gewesen? War sie tatsächlich in Gefahr gewesen? Er hatte sich jedenfalls noch nicht bei ihr gemeldet. Dafür hatte das BKA eine Nachricht auf ihrem Mobiltelefon hinterlassen: eine spröde Aufforderung zum sofortigen Rückruf. Doch ein noch nicht formulierter Gedanke, mehr ein leichtes Zwicken in der Hirnregion, wo Zweifel und Misstrauen generiert wurden, hinderte Julia daran.
    Nach ihrem Gelage in einem Imbiss in der Langen Reihe, der wichtigsten Einkaufsstraße im Stadtteil St. Georg, war sie in ihr Hotel zurückgekehrt. Jetzt saß sie im Schneidersitz auf ihrem Bett und versuchte, sich an die Ereignisse von gestern Nacht zu erinnern. Sie sollte verschwinden, in Urlaub fahren und niemandem sagen, wohin. Das hatte Robert oder der Mann, der ihm ähnlich gewesen war, zu ihr

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