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Dornteufel: Thriller (German Edition)

Dornteufel: Thriller (German Edition)

Titel: Dornteufel: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Almstädt
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nicht. Haut und Psyche – das hing ganz eng zusammen. Und ihre größte, wenn auch nicht gerade erfolgversprechende Hoffnung war, dass sich ihr Zustand besserte, wenn sie ihre normale Umgebung verließ und Abstand zu allem gewann. Ganz besonders zu den Toten – zu Moira, Paul und Madame Bertrand –, die an ihr zu zerren schienen, vor allem in ihren Träumen. Und auch zu den Lebenden, wie etwa zu Noël, der niemals mit ihrem veränderten Äußeren klarkommen würde, zur Polizei, die noch keinen der Mörder gefasst hatte, oder zu diesem neugierigen Ferland. Ganz zu schweigen von ihren Kunden und Mitarbeitern, die, da war sie sich sicher, außer Mitleid auch Sensationslust und eine gewisse Schadenfreude verspüren würden, wenn sie wüssten, wie es wirklich um die wunderbare und erfolgreiche Rebecca Stern stand.
    Morgen früh würde sie sich in ihr Auto setzen und in Richtung Bretagne fahren, wo sie in einem kleinen Ferienhaus unterkommen wollte. Dort würde sie entweder genesen – oder sterben.
    H AMBURG , D EUTSCHLAND
    Am Abend traf sich Julia in der Turmbar vom Feuerschiff mit einem Headhunter, der ihr schon mehrmals auf die Mailbox gesprochen hatte und einfach nicht lockerließ. Nicht selten zahlte sich Hartnäckigkeit im Geschäftsleben eben aus. War es gefühllos von ihr, wenige Stunden nach der Trauerfeier in eine Bar zu gehen?, fragte sie sich, während sie sich ein Glas Wein bestellte. Würde Sonja es lieber sehen, wenn sie allein in ihrem Hotelzimmer herumsaß, die Minibar plünderte und die Sekunden des Anschlags zum eintausendsten Mal vor ihrem inneren Auge Revue passieren ließe?
    Diesen Ort hatte der Headhunter vorgeschlagen, ein kleiner, schlanker Mann mit einem auffälligen Brillengestell auf der Nase, das seine Augen stark vergrößerte. Er leitete das Gespräch mit ein paar allgemeinen Sätzen über den Ort ein: Die Bar bot einen fantastischen Blick über den Hamburger Hafen und auf die Zeltkonstruktion am gegenüberliegenden Ufer, in der König der Löwen gespielt wurde. Dann redete er über das Wetter: wie regnerisch und stürmisch es doch geworden war. Erst danach kamen sie auf Julias Qualifikationen und sein Jobangebot zu sprechen. Es ging um eine Stelle in Stuttgart … Damit würde sich immerhin binnen Kurzem ihr Wohnungsproblem in Hamburg erledigen. Aber wollte sie wirklich von hier weg? Julia versprach, darüber nachzudenken, und blieb, als ihr Gesprächspartner sich verabschiedet hatte, einfach auf ihrem Platz sitzen. In Gedanken versunken blickte sie aus dem regennassen Fenster, schaute zu, wie die gelbe Fähre die Besucher des Musicals zurück zum Anleger am Baumwall transportierte, und bestellte sich noch einen Wein. Und dann noch einen.
    Wieso hatte Ferland ihr diesen Zettel zugesteckt? Was hatte er überhaupt auf der Gala zu suchen? So viele Tote … Julia war das alles leid. Sie wollte nichts mehr mit Serail Almond und all den schrecklichen Vorkommnissen dort zu tun haben, nachdem ihr Leben dadurch völlig aus dem Ruder gelaufen war. Was auch immer sie durch weitere Nachforschungen erreichen könnte, Sonja würde es eh nicht wieder zum Leben erwecken, ebenso wenig wie Paul Renard oder Robert – vorausgesetzt, dass das, was sie in Bihar zu sehen geglaubt hatte, der Wahrheit entsprach.
    Sie seufzte. Robert … Allmählich kam ihr der leblose Körper mit dem Dornteufel-Tattoo auf der Schulter, den sie in dem mysteriösen Labor entdeckt hatte, wie ein böser Traum vor. Ihr Verstand schien sich zu weigern, all die furchtbaren Verluste an Menschenleben zu akzeptieren. Inzwischen hatte sie selbst den Eindruck, dass ihre Erinnerungen arg fantastisch waren. Hatte sie womöglich doch unter Halluzinationen gelitten, die durch Chemikalien ausgelöst worden waren, so wie Stefan es behauptete? Julia trank ihr Weinglas aus, fühlte eine angenehme Benommenheit und Wärme.
    Vergessen … Sie wollte die Angst, die Zweifel und die Trauer für einen Moment vergessen. Also musste sie sich noch etwas zu trinken bestellen. Der Barkeeper sah sie prüfend an, schenkte ihr dann aber noch ein weiteres Glas ein. Sie war ja nicht betrunken, nur angenehm betäubt. Und was sollte ihr schon passieren? Anscheinend wurde sie ja von der Polizei beobachtet, falls sie nicht, das war die Alternative, unter Verfolgungswahn litt. Jetzt, in der warmen, gut zur Hälfte gefüllten Bar, wo die Leute eng beieinandersaßen und -standen, fühlte sie sich auch wieder beobachtet, ohne sagen zu können, durch wen. Sollte die

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