Dornteufel: Thriller (German Edition)
keine Spuren hinterlassen haben, Gellert. Den Schlüssel.« Sie hielt ihre Hand auf.
Er zog das Duplikat des Wohnungsschlüssels von Rebecca Stern aus seiner Hosentasche hervor und ließ es in ihre Handfläche fallen. Catherine hatte es von dem Schlüssel nachmachen lassen, den Noël mit sich herumschleppte. Es war so einfach gewesen. Der Schlüssel in ihrer Hand fühlte sich sehr warm an.
»Die Spuren lassen Sie mal meine Sorge sein, Madame«, erwiderte Gellert. »Die kriegen mich nicht, und wenn ich hundertmal meine Spuren hinterlasse.« Sein Gesichtsausdruck zeigte eine Mischung aus Wahnsinn und Debilität.
»Ich weiß nicht, was daran komisch ist«, entgegnete Catherine eisig. Sie wusste nie so recht, woran sie bei ihm war. In der Regel verhielt er sich berechnend, gerissen, regelrecht geschäftstüchtig, doch wenn ihn irgendeine Emotion packte, wurde er zum Tier. Er war dann völlig triebgesteuert.
»Ich habe so viele Spuren hinterlassen, dass die im Polizeilabor ausflippen werden. Es hat mich eben angemacht, in der Wohnung dieser Frau zu sein. Es roch nach ihr, und ihr Bett war nicht gemacht. Ich habe ein Foto von ihr gefunden und in ihre Unterwäsche gewichst.«
Catherine starrte ihn an. Bis zehn zählen, dachte sie. Langsam bis zehn zählen. »Haben Sie auch Ihre Visitenkarte dazugelegt?«
»Wie? Warum? Es ist einfach über mich gekommen. Ich war wohl noch aufgeputscht von der Sache vorher. In dem Zustand vergesse ich sogar, wie ich heiße.« Er sah sie überlegen lächelnd an und streckte seine Hand vor. »Meine Kohle.«
Catherine hatte die Scheine zusammengerollt in ihrer Kostümtasche. Jeden anderen hätte sie jetzt scharf zurechtgewiesen. Mit Gellert lief das Spiel jedoch anders. Er sagte es ja selbst – wenn er erregt war, schaltete sich sein Gehirn ab. Fast beneidenswert. Sie drückte ihm die Scheine in die Hand. Als sie dabei seine Haut berührte, hatte sie den Eindruck, als fließe Starkstrom durch sie hindurch. Sie atmete scharf ein. »Das nächste Mal erwarte ich, dass Sie Arbeit und Vergnügen voneinander trennen.«
»Und wann ist das nächste Mal?«
»Schon bald. Richten Sie sich darauf ein, ein paar Tage in Hamburg zu bleiben.« Sie merkte, dass er sie eigenartig anstarrte. »Stimmt was nicht?«
»Ich mag Ihren Ton nicht.«
»Und ich gebe Ihnen Bescheid, wenn ich Sie brauche.«
»Wenn ich hier länger rumhängen muss, wird das teuer.«
»Das verhandeln wir dann. Ich verlasse mich darauf, dass Sie zu jeder Stunde bereit sind, unabhängig von Ihren sonstigen Aktivitäten.«
»Wo wir gerade davon reden«, sagte er und trat dichter an sie heran. »So ganz erledigt ist dieser Job noch nicht, oder?«
Er roch nach billigem Aftershave und Schweiß. Seine Haare waren fettig und seine Hände rau. Unter ihrer Neunhundert-Euro-Seidenbluse von Escada wurde ihr warm.
»Kann ich sonst noch was für Sie tun?«, fragte er in diesem falsch klingenden, neckenden Tonfall, der sie schaudern ließ.
Du hast einen verdammt schlechten Geschmack, Catherine , sagte sie im Stillen zu sich selbst.
»Kannst du etwas über einen Mann namens Frank Gellert für mich in Erfahrung bringen, Paul?«
Rebecca rief an, als Paul Renard sich gerade am Büfett sein Frühstück zusammengestellt hatte und mit seinem Plastiktablett auf einen freien Fensterplatz zusteuerte. Doch im weitläufigen Frühstücksraum des Hotels herrschte um diese Uhrzeit Hochbetrieb, und schon bemerkte er, dass sich zwei junge Frauen dem von ihm angepeilten Tisch näherten. »Rebecca, chérie! Einen Moment bitte.«
Er steckte das Telefon ein, eilte den Gang hinunter und schob sein Tablett auf den Tisch, bevor die zwei Teenager ihn mit ihren Taschen und Jacken besetzen konnten. Wie in einer Jugendherberge. Musste er sich das in seinem Alter noch zumuten? Er ließ sich auf den Stuhl fallen und nahm das Handy wieder ans Ohr. »Rebecca? Kannst du mir diesen Namen nicht mailen? Und alles, was du sonst noch über den Mann weißt. Spontan sagt er mir gar nichts. Warum interessiert er dich überhaupt?«
»Ich war gestern noch mal bei der Polizei … wegen meiner Concierge, du weißt schon.« Ihre Stimme klang, als unterdrücke sie ein Schluchzen. »Sie haben mir gesagt, dass wohl doch jemand in meiner Wohnung gewesen ist. Ein gewisser Frank Gellert.«
»Woher wollen die das wissen?«
»DNA-Spuren an der Leiche und in meiner Wohnung«, antwortete sie knapp.
»Wenn ich dir helfen soll, musst du mir alles sagen, was du weißt, Rebecca.«
»Wie weit
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