Double Cross. Falsches Spiel
beschloß, zum Lagerhaus der Popes zurückzufahren und herauszufinden, ob den Anwohnern eine Frau aufgefallen war, die sich in letzter Zeit dort herumgetrieben hatte.
23
London
Catherine Blake vermutete, daß alliierte Offiziere, die das wichtigste Geheimnis des Krieges kannten, vor Spionen gewarnt worden waren. Warum sonst sollte Commander Peter Jordan für den kurzen Gang über den Grosvenor Square den Aktenkoffer mit Handschellen an sein Handgelenk ketten? Außerdem vermutete sie, daß Offiziere angehalten worden waren, sich vor Frauen in acht zu nehmen. Zu Beginn des Krieges hatte sie außen an einem Club, in dem britische Offiziere verkehrten, ein Plakat hängen sehen. Es zeigte eine betörende, vollbusige Blondine in einem engen Abendkleid, die darauf wartete, daß ihr ein Offizier Feuer gab. Darunter stand: »Halt den Mund, sie ist nicht so dumm.« Nie zuvor hatte Catherine so etwas Lächerliches gesehen. Wenn es solche Frauen gab - Flittchen, die in Clubs oder auf Parties herumhingen und Gerüchte oder Geheimnisse aufzuschnappen hofften -, so war ihr jedenfalls noch nie eine begegnet. Dennoch glaubte sie, daß diese Art von Propaganda auf Peter Jordan nicht ohne Wirkung geblieben war.
Bestimmt würde er mißtrauisch werden, wenn eine schöne Frau plötzlich um seine Aufmerksamkeit buhlte. Außerdem war er ein intelligenter und attraktiver Mann, der gewiß hohe Ansprüche an die Frau stellte, mit der er seine Zeit verbrachte.
Die Szene kürzlich im Savoy, als Shepherd Ramsey ihn mit einer dummen Göre verkuppeln wollte, war der Beweis dafür.
Catherine mußte sich also sehr behutsam an ihn heranmachen.
Und aus diesem Grund stand sie jetzt an einer Ecke in der Nähe des Vandyke Club, im Arm eine Tüte mit Lebensmitteln.
Es war kurz nach sechs Uhr abends. Dunkelheit legte sich über London. Der abendliche Verkehr spendete gerade soviel Licht, daß sie den Eingang des Clubs sehen konnte. Ein paar Minuten später trat ein Mann von mittlerer Größe und durchschnittlicher Statur heraus. Es war Peter Jordan. Er blieb einen Moment stehen und knöpfte sich den Mantel zu. Wenn er seiner Gewohnheit treu blieb, würde er jetzt die kurze Strecke zu seinem Haus zu Fuß zurücklegen. Wenn er jedoch ein Taxi anhielt, hätte Catherine Pech gehabt. Dann wäre sie ge zwungen, morgen abend mit ihrer Einkaufstüte wiederzukommen.
Jordan stellte den Kragen seines Mantels hoch und ging in ihre Richtung. Catherine Blake wartete einen Moment, dann lief sie ihm direkt in den Weg.
Als sie zusammenprallten, hörte er, wie Papier zerriß und Konserven über den Bürgersteig kullerten.
»Entschuldigen Sie - ich habe Sie nicht gesehen. Darf ich Ihnen helfen?«
»Nein, es war meine Schuld. Ich habe meine Taschenlampe verlegt und mich verlaufen. Ich komme mir richtig dumm vor.«
»Nein, nein, es war meine Schuld. Ich wollte sehen, ob ich auch im Dunkeln nach Hause finde. Hier, ich habe eine Taschenlampe. Ich schalte sie an.«
»Könnten Sie den Gehweg ableuchten? Ich glaube, meine Ration rollt gerade in Richtung Hyde Park.«
»Hier, nehmen Sie meine Hand.«
»Danke. Übrigens, Sie brauchen mir jetzt nicht mehr ins Gesicht zu leuchten.«
»Verzeihung, Sie sind nur so...«
»Nur so was?«
»Ach nichts. Ich fürchte, die Tüte Mehl ist nicht mehr zu retten.«
»Da haben Sie recht.«
»Halten Sie, ich hebe die Sachen für Sie auf.«
»Ich schaffe das schon, danke.«
»Nein, ich bestehe darauf. Und das Mehl ersetze ich Ihnen.
Ich habe genug Lebensmittel zu Hause. Ich weiß sowieso nicht, wohin damit.«
»Werden Sie nicht von der Army verpflegt?«
»Woher wissen Sie...«
»Ich fürchte, die Uniform und der Akzent haben Sie verraten. Außerdem kann nur ein amerikanischer Offizier so dumm sein, freiwillig ohne Taschenlampe durch die Londoner Straßen zu gehen. Ich habe mein ganzes Leben hier verbracht und verlaufe mich während der Verdunkelung trotzdem.«
»Bitte, lassen Sie mich die Sachen ersetzen, die Sie verloren haben.«
»Das ist sehr freundlich von Ihnen, aber es ist wirklich nicht nötig. Es war mir ein Vergnügen, mit Ihnen zusammenzustoßen.«
»Ganz meinerseits.«
»Könnten Sie mir freundlicherweise sagen, wie ich zur Brompton Road komme?«
»Da entlang.«
»Vielen Dank.«
Sie drehte sich um und machte sich auf den Weg.
»Warten Sie einen Augenblick. Ich mache Ihnen einen Vorschlag.«
Catherine blieb stehen.
»Und der wäre?«
»Vielleicht hätten Sie Lust, mit mir etwas trinken zu gehen,
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