Down Under - Reise durch Australien
Stelle an der Küste, von der aus man in den Wald eindringen musste, von einer früheren Exkursion. Der Platz, an dem wir den Wagen abstellten, war atemberaubend. Wir standen auf einer Klippe an einer Steilküste, schauten mit Schmetterlingen im Bauch nach unten auf den schneeweißen Strand und das kobaltblaue Meer und spürten die schon kräftiger wärmende Sonne des australischen Frühlings im Gesicht. Dann schulterten wir unsere kleinen Rucksäcke und vertrauten uns den Jungs an.
Es war nur ein schmaler Pfad, der sich durch das Dickicht schlängelte, und dieses Mal mussten wir wirklich aufpassen, keine Spinne zu ärgern, denn das eine oder andere Monster hing genau über dem Weg. Dieser Marsch durch den Dschungel war fast noch schöner als unser Ausritt ein paar Tage zuvor. Sam und John gingen immer mehr auf in ihrem Wissen aus dem Studium und erklärten uns diese Symbiose und jenen Schmarotzer. Wir vier waren völlig allein in diesem Teil des Waldes, und der Pfad war immer schwerer zu begehen. Nach drei Stunden klebten unsere Klamotten am Körper. Ich sehnte mich danach, endlich unter den Wasserfall zu springen und mich abzukühlen. Ich hielt John am Ärmel fest.
»Sag mal, wann kommt denn nun euer toller Wasserfall? Wenn wir noch weit laufen müssen, sollten wir lieber umdrehen. Übernachten will ich hier nicht.«
»Is nich mehr weit«, kam es von Sam, und Gina brach in schallendes Gelächter aus. John registrierte mein rot angelaufenes Gesicht und machte eine beschwichtigende Geste.
»Wirklich nicht. Letztes Mal war der Pfad besser ausgetreten. Aber die Saison hat noch nicht begonnen. Da wächst er halt wieder zu. Aber eigentlich müssten wir ihn schon hören.«
Das taten wir aber nicht. Nach weiteren zehn Minuten war ich schon so weit, mich durchzusetzen und alle zur Umkehr zu bewegen, als wir urplötzlich aus dem Dickicht traten und sich eine wunderschöne Lichtung vor uns auftat. Der Boden war sumpfig, und am gegenüberliegenden Ende dieser Lücke im Dschungel stieg er empor zu einem kleinen Berg.
»Hier ist es!«, rief John und stürmte los. »Da vorne!«
Sam war etwas weniger enthusiastisch und blickte zweifelnd umher. Ich versuchte krampfhaft, das Rauschen eines Wasserfalls wahrzunehmen, aber alles, was ich hörte, war das höhnische Keckern eines unsichtbaren Vogels. Langsam folgten wir John, vorsichtig einen Fuß vor den anderen setzend. Als wir unseren eben noch freudig erregten Freund eingeholt hatten, stand der mit hängenden Schultern vor einer großen Felswand und schaute mit traurigen Augen in die Höhe.
»Hier war dein Wasserfall?«, fragte ich entgeistert und starrte ebenfalls ungläubig nach oben. Ich registrierte nur ein Nicken. Wenn jetzt jemand hinter uns aus dem Wald getreten wäre, er hätte vier Menschen entdeckt, die regungslos vor einem Berg standen, die Köpfe in den Nacken gelegt hatten und leise »Scheiße!« vor sich hin murmelten.
Ich starrte nach oben und dachte, die beiden wollten nur, dass wir mit ihnen in den Wald kommen, als ich eines Besseren belehrt wurde. Irgendwo über mir funkelte und glitzerte etwas, dann kam es näher, und ehe ich darüber nachdenken konnte, traf es mich mit einem lauten Platsch direkt in mein linkes Auge. Ein Wassertropfen!
»Ha!«, rief John. »Siehst du, hab ich doch gesagt!«
»Ja«, lachte ich. »Noch drei, und wir können alle baden!«
»Das letzte Mal war hier ein See«, meinte Sam unglücklich. »Wirklich. Und der Wasserfall.«
Na, wie auch immer, wir vier teilten uns meinen Tropfen und lernten, dass es nicht ausreicht, Biologie zu studieren, sondern besser ist, das Fach mit Meteorologie zu kombinieren. Schade, dass wir nicht unter einem Wasserfall baden konnten. Aber schön, dass wir lernten, was eine Trockenzeit ist.
* * *
Die eine Woche in Byron Bay war toll, aber nach jetzt vierzehn Tagen im Land merkten wir schnell, wie uns das Geld zwischen den Fingern zerrann. Es wurde Zeit, weiterzureisen und uns um Arbeit zu kümmern. Alex wollte weiter nach Thailand, und auf Joel wartete die Uni. Natürlich schwört man einander, sich wiederzusehen, aber im Innern ahnt man, dass diese Umarmung die letzte gewesen ist. Das Leben ist mit Anfang zwanzig noch offen. Du denkst, du kannst gehen, wohin du willst und dein endgültiges Zuhause kann noch ein wenig warten. Auch von Sam und John mussten wir uns verabschieden. Sie wollten zurück nach Sydney.
Um nach Springbrook zu gelangen, muss man über Brisbane fahren, jedenfalls, wenn man kein
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