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Downtown Blues

Downtown Blues

Titel: Downtown Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Myra Cakan
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’n alter Mann, den schaffst du auch mit einem Arm.« War wohl seine Art, mir eine Lektion in Selbstbeherrschung zu erteilen. Vergebens. Manchmal, wenn mich meine Wut drauflosrennen lässt, spüre ich den Schmerz in meinem Arm. Aufhalten kann er mich nicht. Vielleicht war es genau das, was Reardon mir beibringen wollte.
    »Kein ›Was willst du von Reardon‹, Donovan?« Eine Stimme aus der Gegenwart.
    »DCU-Infos, schätze ich.« Ein rascher Blick aus den Augenwinkeln. Eine kurze Standortbestimmung. »Der stille Hombre aus der Endstufe, er lässt dir keine Ruhe, stimmt’s?«
    »Muss neu in der Stadt sein. Besser, ich weiß, woran ich bin.« Die Sorglosigkeit von vorhin ist verschwunden.
    »Dazu brauchst du Reardon nicht. Ich kann dir genau sagen, woran du bist.« Ich seh ihn wieder vor mir, unberechenbar und tödlich. Irgendetwas bringt mich dazu, dick aufzutragen. Ich merke es erst, als die Worte schon raus sind. »Er wird dein neuer Schatten, und irgendwann, wenn du ihn schon vergessen hast, siehst du in die Mündung seiner Baretta. Du hast seine Lady angefasst, diese Typen kennen darauf nur eine Antwort.«
    Er grinst. »Ich wusste gar nicht, dass du so einen Sinn für Dramatik hast, Donovan.«
    »Muss an der Gegend liegen«, höre ich mich sagen und erwidere sein Grinsen. Jetzt befinde ich mich wieder auf vertrautem Boden. Und sofort werde ich leichtsinnig. »Wünsch dir lieber, dass die kleine Señorita nicht weiß, dass du bei der C-Force bist. Ich würd dich ungern im Rinnstein wiederfinden mit einer Kugel im Kopf, nur wegen einer schwarzhaarigen Drogenprinzessin.«
    Bru schweigt, doch sein Blick sagt: ›Das sind meine Erinnerungen‹, er sagt auch: ›Halt dich da raus, Donovan‹. Vielleicht bin ich jetzt zu weit gegangen. Hab mich von der Nacht täuschen lassen.

    »Einer der Gründer und Geldgeber der DCU war General A.D. Reuben Mulhaus. Er baute unter dem Namen seiner Tochter Laurette eine Stiftung auf. Laurette Mulhaus war im Alter von fünfzehn an einer Überdosis Ice gestorben.
    Mulhaus’ Beweggründe lassen sich leicht nachvollziehen, die Motive später dazugekommener Geldgeber scheinen allerdings zweifelhaft. Man braucht nur einen Blick auf die Spendenliste der Anfangsjahre der DCU zu werfen: Adams Chemical & Drugs, Horace D. Davis, Sandoz, Dow Chemical und Golden Blend, um nur einige zu nennen.«

    –Amanda MacClintoque: Hintergründe zu ›Clean City‹, Sting Books, Berkeley, Cal., 2043 – Indiziert: 2044

    E-Street. Ein Abbruchhaus am toten Ende der Straße. Das perfekte Versteck für jemanden, der sich auf die Kunst des Unsichtbarmachens versteht. Ein Ort, den man meidet.
    Doch Typen wie Reardon, die haben eine andere Sicht der Dinge. Sie sind die nächtlichen Jäger der Downtown, immer auf der Suche, immer hungrig, mit Augen, die schon zu viel gesehen haben, um noch Fragen zu stellen.
    »Kommt rein.« Irische Gastfreundschaft um halb vier morgens. Die roten Haare zerstrubbelt, doch hinter verschlafenen Augen lauert eisblaue Vorsicht. »Was macht die Schulter, Donovan?«
    »Mit einem Arm, alter Mann?«, grinse ich. Fast klingt es wie ein Witz unter alten Freunden.
    Da ist sie wieder, die heiße Wut aus dem CF-Camp. Ich merke, wie die Anspannung auf einen Schlag von mir weicht. Ich hab ihn damals geschlagen, kann es wieder tun. Jederzeit, alter Mann, die Unterrichtsstunde ist zu Ende. Wirklich? Belüge dich nicht selbst, Donovan, der Unterricht ist nie zu Ende. Nicht, solange du deiner selbst nicht sicher bist.
    »Ich hörte, du hast Fraser auch ganz hübsch zugesetzt?«
    Es klingt wie eine Frage. Ich bin irritiert, seh rüber zu Brubaker. Er steht am Fenster, reglos, mit vorgetäuschter Lässigkeit, die Rückenmuskeln angespannt unter dem engen Shirt. Was läuft hier ab? Nur eine Sache zwischen Ex-Partnern? Das geht mich nichts an, ich hab selbst genug im Kopf.
    »Fraser ist Fraser.«
    Das klingt nichtssagend genug. Ich schlendere durch Reardons Wohneinheit, auf Spurensuche. Doch das Ambiente ist so anonym wie ein billiges Hotelzimmer, die durchgestylte Einfallslosigkeit gleicht einer Bühnendekoration. Hier wohnt ein Mensch, dem seine Umgebung gleichgültig ist. Ein Screen mit Sportkanal überträgt das laufende JaiAlai-Match, er ist der einzige Gegenstand von Wert in dem Zimmer. Und plötzlich spielen wir alle eine Rolle. Reardon den abgebrühten, desillusionierten Cop: Dreitagebart, zynische eisblaue Augen, im Schulterhalfter die Laser mit Zielschussautomatik. Bru den großen Schweiger

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