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Downtown Blues

Downtown Blues

Titel: Downtown Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Myra Cakan
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Grinsen. Ich frage mich unwillkürlich, wie oft er für dieses Grinsen schon eins aufs Maul gekriegt hat.
    »Was bringen sie euch bei der City Force eigentlich bei?« Er streckt die Hand aus. Ich zucke zurück. Doch er tippt nur auf mein SCom. »Weißt du denn nicht, dass du mit einem erstklassigen Peilsender am Arm rumläufst?«
    »Du spinnst doch jetzt, oder?«
    Er schüttelt den Kopf. »Jeder, der die Trägersignatur hacken kann, weiß bis auf einen Fünfundzwanzig-Meter-Radius, wo du dich gerade aufhältst.«
    Ich starre ihn fassungslos an. »Aber warum?«
    »Sicherheit – was weiß ich«, sagt er lapidar. »Ich kann das Signal so verwürfeln, dass sich dein Radius auf rund hundert Meter erweitert.«
    »Nur hundert Meter?«
    »Mehr ist nicht drin. Sonst meldet GeoCity elf eine Fehlfunktion.«
    »GeoCity elf?« Wovon redet er?
    »Der Überwachungssatellit für den DWNTN-Sektor.«
    »Und was, wenn ich mich in Uptown aufhalte?«
    »Dann übernimmt GeoCity sechzehn. Was sonst?«
    Klar, was sonst. Ich kratze die letzten Reiskörner zusammen, falte den Becher zu einem kleinen Quadrat und schnippe ihn in den Recycler.
    Was überlege ich noch groß? Es wird immer deutlicher, ich brauche diesen Chan. Seit Space Cat verschwunden ist, habe ich noch keinen neuen Informanten beantragt. Warum also nicht ihn? Jeder City Force-Agent hat seinen persönlichen Spürhund, Spezialisten, Beschaffer und Kontaktmann. Ist eine Frage des Status. Ein City Force-Agent ist so gut wie sein Informant, heißt es. Und dieser Chink scheint eine Menge Talente zu haben.
    »Wenn sie mir den Account nicht gesperrt haben, werde ich dich als Informanten eintragen lassen. Abgemacht?«
    »Abgemacht.« Er spuckt in seine Hand und hält sie mir hin. »Schlag ein, Donovan.«
    Seltsame Sitten haben sie hier in Chinatown.

Ecke Siebte und Westside

    Fünf Wochen Innendienst bei kaputter Klimaanlage, da wird jeder freie Tag zum Ausbruch. Fünf verdammte »Ist besser, Sie bleiben für ’ne Weile von der Straße, Donovan«-Wochen.
    Das war die schlechte Nachricht. Und die gute? Sie hat mir Chan genehmigt und ihn auf die Informanten-Liste gesetzt. Sie, das ist J.P. Morales, mein neuer Boss.
    J.P. Morales vom Siebenundachtzigsten, hat Fraser gesagt. Jetzt weiß ich, was das heißt. Das Siebenundachtzigste gibt es nicht, ist CF-Slang für strafversetzt. Ob das gut oder schlecht ist? Keine Ahnung. Hat mich erst mal zum Kopfdoktor der C-Force geschickt. Die übliche Prozedur. Heute ist meine vorläufig letzte Sitzung.
    »Wann kann ich wieder meinen Job machen?«
    »Sie meinen, auf der Straße?« Der Kopfdoktor sieht mich an, geheuchelte Besorgnis in seinem Blick. »Was meinen Sie denn, CF-Agent Donovan?«
    Der will mich wohl verarschen? Glaubt er, ich merke nicht, dass das wieder eine dieser Fangfragen ist? Ich starre auf die Hololandschaft hinter seinem Schreibtisch. Schneewittchens Schloss mit tanzenden Zwergen. Macht mich aggressiv, der Anblick. Nur nichts anmerken lassen, Donovan.
    »Ich glaube, die endgültige Entscheidung über meinen Einsatz sollte Lieutenant Morales treffen, Dokotor«, sage ich daher brav.
    Hält mich für ’nen Junkie, wegen dieser einen Stardust-Dröhnung.
    »Wir müssen sicher sein, ob nicht eine gewisse Labilität zurückgeblieben ist. Sie kennen das ja, CF-Agent.«
    Ja, verdammt, ich kenn das. Hab mit ansehen müssen, was ihr mit Bru gemacht habt, wegen eines kleinen Ausrutschers. Die beste Art, einen kleinzukriegen – Innendienst, Routinefälle und, wenn das auch nicht hilft, ab in die Wüste. Und während ich meine Wut runterschlucke und den Typen von der Internen und diesem Kopfdoktor die einsichtige Donovan vorspiele, lässt mich die Angst nicht los, dass es mich doch erwischt hat, dass irgendwo in einem Winkel meines Gehirns der Wahnsinn lauert. Ich hab zu viele von denen gesehen, Stardust-Zombies, dreckfressende Irre, das lässt sich nicht abschalten wie die Spätnachrichten.
    »Ich erwäge ernsthaft, eine Empfehlung auszusprechen, die Sie auf Dauer dem Innendienst zuteilt.« Er sieht mich lauernd an. Hofft, eine Reaktion zu provozieren. Was für ein Arschloch.
    Ich lächle nur nett, stehe auf und gehe. Meine vorläufig letzte Sitzung ist vorbei. Jetzt kann ich nur noch abwarten.

    Am nächsten Morgen ruft mich Morales in ihr Kabuff. Inzwischen hat sie einige Änderungen vornehmen lassen. Offensichtlich steht sie nicht auf Fliegenscheiß-Bingo, die Decke wurde geweißt. Der Drehstuhl ist auch nicht mehr da, stattdessen hockt

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