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Downtown Blues

Downtown Blues

Titel: Downtown Blues Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Myra Cakan
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nicht, warum ich heute mit ihm hier bin, vielleicht weil er mir seit jenem Tag in Chinatown an den Hacken hängt, vielleicht weil er während meiner Suspendierung vom Außendienst meine einzige Verbindung zu den Straßen der Downtown war. Aber gibt ihm das irgendwelche Rechte? Ich werf ihm Mörderblicke zu.
    Er schwenkt zwei Sixpacks – Tsing Tau, eisgekühlt. Die Tropfen perlen an den echten Glasflaschen runter. Sieht richtig gut aus. Genau, das ist der Grund: Mein Spürhund weiß, wo man selbst am heißesten Tag des Jahres gutes, kaltes Bier herbekommt.
    Sein mysteriöser Totobox-Kontakt hat uns Logenkarten besorgt. Und so sitzen wir auf klimatisierten Plätzen.
    »Nicht schlecht.« Anerkennend blicke ich mich um und stelle fest, dass die Nachbarschaft besser sein könnte: Nur zwei Logen weiter sitzt der Warring-Clan. Der Bezirksstaatsanwalt ist auch da und macht Smalltalk mit – ich beuge mich vor, um einen Blick auf das Gesicht der Frau zu werfen – Winona Warring, wem sonst. Jetzt lächelt er für die Stadiondrohnen. Strahlend, vertrauenserweckend und kompetent kommt er rüber. Der Mann weiß, wie man Karriere macht.
    Ob er wohl immer noch den Stardust-Koffer sucht? Seit er im General aufgetaucht ist, habe ich nichts mehr von ihm gehört. Ob er mich nicht mehr für verlässlich hält? Seltsam, wie nebenbei ich an diesen Koffer gedacht habe. Ist das so, wenn die Erinnerungen zurückkommen? War der Koffer der Grund, warum ich damals bei der Roten Pagode war? Chan sagte etwas über Informationen. Mir bricht plötzlich der Schweiß aus. Was, wenn mein Spürhund … Halt, jetzt nicht paranoid werden, Donovan. Sie haben gesagt, er hat dir das Leben gerettet, gib ihm eine Chance.
    Etwas knufft mich am Arm. Es ist Chan, der mir ein Tsing Tau rüberreicht. Abwesend nicke ich ihm ein »danke« zu und starre weiter zu der Warring-Loge rüber und trinke und starre.
    Und irgendwie endet meine Gedankenkette wieder bei DelMonico. Ihr Verrat schmeckt immer noch bitter. Wie lange hat sie ihr Verschwinden vorbereitet, auf einen Fall wie »Stardust« gewartet? War sie einfach nur ausgebrannt und wollte mit Stil aussteigen? Drei Partner in zwei Jahren … und ich? Ich lebe! Ich lehne mich zurück und lasse mir die letzten Schlucke kalten Biers durch die Kehle laufen. Ja, ich lebe.
    Chans Stimme schreckt mich aus meinen Überlegungen. »… auch wenn du lieber mit dieser JaiAlai-Legende hier wärst.«
    Er sagt es so beiläufig, dass mir der Atem stockt. Was weiß er über Bru? Wie konnte ich zulassen, dass er mir so nahe kommt?
    »Was, wer?!«
    Ich kann nicht mal mehr zusammenhängend reden. Mein Griff knüllt sein bunt gemustertes Seiden-Shirt. Er zuckt nur entschuldigend die Achseln. So als würde er sagen: Kann ich was dafür, dass ich so ein guter Spürhund bin?
    »Er hat dich im General besucht. Saß stundenlang an deinem Bett, während du weggetreten warst.«
    Ein wehmütiges Lächeln, das ich nicht deuten kann, folgt dieser Aussage. Doch ich bin zu sauer auf ihn, um es zu ergründen. »Und – was hast du sonst noch für Neuigkeiten?«, herrsche ich ihn an. Dabei bin ich nur wütend auf mich, dass ich zugelassen habe, dass mich die Erinnerungen so überfallen.
    »Großes boom badda boom letzte Nacht in der Uptown«, sagt er lakonisch.
    Ich seh ihn fragend an. Eine von Chans kleinen Dienstleistungen besteht darin, dass er für mich die neuesten Files der Uptown-und Downtown-Reviere scannt. Eine Kleinigkeit für ihn.
    Unten in der Arena hat die erste Runde begonnen. Schreie und Pfiffe aus dem Publikum übertönen Teile seiner Antwort.
    »… reichen Arsch ist so ein Kunstwerk in die Luft geflogen – Tempel der Stille nannte er es.« Chan grinst. »Die Uptown-Cops glauben allerdings, dieser Jones hat das Ding selber in die Luft gesprengt. Die sind nur an dem Fall, weil er der Schwager vom Mayor ist.« Er springt auf und brüllt: »Heya, Feng, Feng, zeig’s den Bohnenfressern!«
    »Von wem?« Das sind zu viele Unglaublichkeiten auf einmal. Also hänge ich mich an die unglaublichste.
    »Dem Bürgermeister.« Chan sieht mich erstaunt an.
    »Dem Major«, wiederhole ich, immer noch verdutzt.
    »Nicht Major«, verbessert mich mein Spürhund, »Mayor – der Bürgermeister, kapiert?«
    Oh ja, und wie ich kapiert habe. Hat also unser ehrenwertes Stadtoberhaupt seine gierigen Finger in dem Drogengeschäft, und nicht sein Sohn. Oder vielleicht stecken beide in der Stardust-Sache? Ich werfe einen weiteren Blick in die Loge. Ist

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