Dr. Bill Brockton - 04 - Todesstarre
an Peggys Büro grenzte, in mein selten genutztes offizielles Verwaltungsbüro und warf den Berg Post auf den Konferenztisch, der vorne am Schreibtisch stand. »Es klingelt«, sagte Peggy. »Soll ich ihn gleich zu Ihnen durchstellen?«
»Ja, bitte.«
»Horn«, brummte eine Stimme nach dem zweiten Klingeln. »Ja … Hallo … Hier spricht Joe Cusick.« Das war nicht die Stimme eines Mannes, der mit den Hühnern aufgestanden war – es sei denn, es war eine lange, wilde Nacht im Hühnerstall gewesen.
»Guten Morgen, Joe«, sagte ich fröhlich. »Hier ist Bill Brockton. Habe ich Sie erwischt, bevor der Kaffee seine Wirkung tut?«
»Ährrrmm. Einen Augenblick bitte«, sagte er. »Bill. Hallo. Ich hatte noch keinen Kaffee. Ich bin in Kambodscha. Es ist, ich weiß nicht, zwei Uhr nachts oder so.«
»Oh, zum Teufel, Joe, das tut mir leid«, sagte ich. Ich hatte vergessen, dass die Nummer, die in unseren Akten stand, die von seinem Satellitenhandy war. »Gehen Sie wieder schlafen. Ich rufe Sie in acht Stunden noch mal an.«
»Nein, nein, das ist schon in Ordnung«, sagte er, inzwischen ein wenig munterer. »Ich bin daran gewöhnt. Passiert dauernd. Fünf Minuten nachdem wir aufgelegt haben, schnarche ich schon wieder. Ich kann im Sekundentakt schlafen. Ich bin berühmt dafür. Machen Sie nur.«
»Okay«, sagte ich, »wenn Sie darauf bestehen. Aber was machen Sie in Kambodscha?«
»Ich sehe mir in den Hügeln nahe der vietnamesischen Grenze ein paar Knochen an«, antwortete er. »Angeblich ein amerikanischer Pilot, der ’68 oder ’69 hier abgestürzt ist. Wenn wir ihn identifizieren können, haben wir nur noch weitere siebzehnhundertfünfzig Vermisste in Südostasien. Was gibt’s? Was kann ich für Sie tun?«
»Ich hoffe, das CILHI ist in der Lage, einen Soldaten aus dem Zweiten Weltkrieg zu identifizieren«, sagte ich. »Sein Skelett ist gerade in Oak Ridge aufgetaucht. Er wurde in den Kopf geschossen und dann in einem flachen Grab draußen im Naturreservat verbuddelt.«
Obwohl er auf der anderen Seite der Erdhalbkugel war und unser Gespräch über einen Satelliten geleitet wurde, der in vielen tausend Kilometer Höhe schwebte, kam Joes Pfeifen deutlich rüber. »Er wurde also ermordet und ist nicht gefallen«, sagte er.
»Nein, sehr wahrscheinlich ist er nicht gefallen«, stimmte ich ihm zu. »In Tennessee gab es nicht allzu viele feindliche Frontkämpfer.«
»Haben Sie seine Hundemarke gefunden?«
»Das ist das Problem«, sagte ich. »Keine Hundemarke, kein Führerschein. Eine Armbanduhr und die Knöpfe eines Armee-Overalls. Oh, und ein ziemlich dicker Stapel Papier. Wir überlegen, ob er womöglich spioniert hat.«
»Falls jemand ihn beim Spionieren erwischt hat, hätte der ihn nicht angezeigt, bevor oder nachdem er ihn erschossen hat?«
»Vielleicht«, musste ich einräumen. »Das Bild in Oak Ridge ist ein wenig verschwommen.« Ich erzählte ihm von Novaks bizarrem Tod und dem Film in dem Gefrierschrank und der zweiten Leiche, die wir beim Leeren des Swimmingpools gefunden hatten.
»Und ich dachte, Südostasien wäre kompliziert«, meinte er. »Also, wenn dieser Soldat erschossen und klammheimlich vergraben wurde, müsste er ziemlich bald als ›unerlaubt von der Truppe entfernt‹ gemeldet worden sein. Und wenn er nicht innerhalb eines Monats wieder aufgetaucht wäre, hätte man ihn als Deserteur geführt. Wir haben beim CILHI eine Datenbank von Deserteuren. Ich kann das Büro anrufen und jemanden bitten, einen Blick darauf zu werfen. Das war also in Oak Ridge, irgendwann in den 40er-, 50er-Jahren?«
»Genau genommen«, sagte ich, »gehen wir davon aus, dass er 1945 oder Anfang 1946 umgebracht worden ist. Begraben wurde er kurz nach dem Bau eines Uranbunkers 1944, aber bevor dort 1946 ein Baum zu wachsen anfing.«
Joe lachte. »Na, das grenzt die Liste der potenziellen Deserteure doch ein«, sagte er. »Ich bitte jemanden, einen Blick in die Datenbank zu werfen und Sie dann anzurufen. Sagen Sie mir bei Gelegenheit Bescheid, was daraus geworden ist.«
»Danke, Joe. Ich weiß das sehr zu schätzen. Tut mir leid, dass ich Sie geweckt habe. Gute Reise. Schlafen Sie schnell wieder ein.«
Zwei Stunden später stellte Peggy einen Anruf von Pete Rossi durch, einem Untersuchungsbeamten des CILHI. »Unsere Datenbank hat im Sommer 1945 im Osten von Tennessee zwei Deserteure ausgespuckt«, sagte Rossi. »Einer war ein Wachmann in Camp Crossville, einem Kriegsgefangenenlager oben auf dem Cumberland Plateau, wo
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