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Dr. Bill Brockton - 04 - Todesstarre

Dr. Bill Brockton - 04 - Todesstarre

Titel: Dr. Bill Brockton - 04 - Todesstarre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jefferson Bass
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die bevorzugte Hand nehmen. Wenn er Jonah Jamison wäre, würde er sie mit der linken Hand nehmen und an seine linke Schläfe drücken. Nicht an die rechte.«
    »Ja, das klingt logisch«, sagte sie.
    »Die Geschichte, um die ich Sie bitte«, sagte ich, »ist also die Geschichte von Jonah Jamisons Ermordung. Und kehren Sie nicht auf einem Umweg zurück und behaupten, Novak hätte ihn erschossen, denn Jonah war bereits als ›unerlaubt von der Truppe entfernt‹ gemeldet, als Novak von Hanford zurückkehrte.«
    Lange Zeit saß sie vollkommen reglos. Das einzige Geräusch im Zimmer war das hohle Ticken einer Wanduhr. Das langsame, stetige Ticken der verstreichenden Zeit. »In Ordnung«, sagte sie. »Eine letzte Geschichte.«

40
    Ich kam im Herbst 1943 in einem Zug aus New York nach Tennessee, so weit entspricht das, was ich Ihnen erzählt habe, der Wahrheit. Aber ich kam nicht nur heim nach Tennessee. Ich
    wurde hergeschickt.
    Ich habe Ihnen erzählt, dass mein Vater starb, bevor meine Mutter mich in New York verließ, auch das ist wahr. Aber ich habe Ihnen nicht erzählt, dass er Gewerkschafter war und zu Tode geprügelt wurde, weil er 1933 in einem Stahlwerk in Chattanooga einen Streik mit organisiert hat. Er hat für den Verband der Industriearbeiter der Welt gearbeitet, eine Gewerkschaft, die hauptsächlich sozialistisch und kommunistisch orientierte Arbeiter anzog.
    Ich war erst zehn, als er umkam, aber ich erinnere mich noch daran, wie er sagte, wenn Jesus in unserer Zeit zur Welt gekommen wäre, hätte er das Evangelium des Kommunismus gepredigt. Er liebte die Bibelgeschichte, wo Jesus die Menschenmassen satt machte, indem er Körbe mit Brot und Fisch herumreichte. Immer wenn er diese Geschichte erzählte, endete er mit den Worten: »Jesus war bestimmt ein Genosse im Geiste. « Im tiefen Süden macht man sich mit so etwas nicht unbedingt
    Freunde.
    Heute glauben die meisten Menschen, die Vorstellung von einer Atombombe sei während des Zweiten Weltkriegs außer einer Handvoll genialer Physiker niemandem bekannt gewesen, aber das stimmt nicht. Nachdem das Manhattan-Projekt begann, wurde die Sache unter Verschluss gehalten, aber davor wusste jeder auch nur halbwegs aufgeweckte Physikstudent, dass es möglich war. Im Frühling 1939 hielt die Amerikanische Physikalische Gesellschaft in Washington, D. C, eine öffentliche Konferenz ab, auf der hitzig über Kernspaltung und Atombomben diskutiert wurde. Die New York Times berichtete über die Veranstaltung und schrieb unter anderem, es sei ziemlich leicht, eine Atomexplosion herbeizuführen, die Manhattan vollkommen zerstören würde. Schon Jahrzehnte vorher – bis zurück ins Jahr 1914 – hat H. G. Wells vorhergesagt, ganze Städte würden von Atombomben zerstört werden. Erstaunlicherweise hatte Wells großen Einfluss auf Leo Szilard, den Physiker, der Albert Einstein überredete, Roosevelt den berühmten Brief zu schreiben. Also hat Szilard im Grunde dazu beigetragen, die Prophezeiung von H. G. Wells wahrzumachen. Und, was das angeht, auch die Prophezeiung von John Hendrix.
    Einige Jahre, nachdem meine Mutter mich verlassen hatte, machte ich mich auf die Suche nach meinem Vater – nicht im wörtlichen Sinne, aber spirituell und intellektuell –, und ich hatte das Gefühl, ihm näher zu sein, wenn ich Zeit mit Gewerkschaftern, Sozialisten und Kommunisten verbrachte. In dem Sommer, als ich in der Flugzeugfabrik arbeitete, stellte einer meiner sozialistischen Freunde mich einem Russen namens Alexander vor, der sich sehr für meine Arbeit zu interessieren schien. Das war 1939, als allmählich klar wurde, dass die Sowjetunion die Hauptlast des Krieges gegen Deutschland tragen würde. Alexander sprach davon, wie hoffnungslos der Luftkrieg mit den primitiven sowjetischen Flugzeugen sein würde. Im Sommer stibitzte ich schon Teile für ihn. Gegen Ende des Sommers gab er mir eine kleine Kamera, und ich machte Fotos von technischen Zeichnungen. Alexander gab mir das Gefühl, wichtig zu sein und schlau und mutig – alles, was ich bis dahin nicht gewesen war. »Du bist eine wahre Weltbürgerin« , sagte er, und ich glaubte ihm. Oder ich tat jedenfalls so, denn ich kam mir wichtig und besonders vor, wenn ich so etwas für Alexander tat.
    Im Sommer 1943 machte Alexander mich mit zwei Physikern bekannt, die nach Los Alamos gingen. Sie erklärten mir, ein Großteil der Uranspaltung würde in Tennessee passieren. Die drei redeten mir zu, nach Knoxville zu gehen, mir Arbeit zu

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