Dr. Bill Brockton - 04 - Todesstarre
Schreibmaschine mit zu mir gebracht, weil es in seinem Wohnwagen im Sommer heiß war wie in einem Backofen. Er hatte mir gesagt, er wäre den ganzen Vormittag weg, also legte ich, als das Licht gut war, einige Seiten des Typoskripts auf dem Küchentisch aus und machte mit meiner kleinen Minox-Kamera Aufnahmen davon. Vermutlich hatte ich vergessen, die Tür abzuschließen, denn sie ging ganz plötzlich auf, und Jonah stand da. Das Licht fiel hinter ihm herein, und er starrte mich an, starrte auf die Blätter auf dem Tisch, starrte auf die winzige Kamera in meinen Händen. Wir standen sicher mehrere Minuten nur so da und starrten einander an, dann trat er ein, schloss die Tür und packte mit der linken Hand mein Handgelenk. Sie haben übrigens recht, Bill – sein linker Arm und sein Griff waren sehr stark. Er verdrehte mir das Handgelenk, bis ich dachte, es würde knacken, und nahm mir mit der anderen Hand die Kamera ab.
Es war ein heißer Tag Anfang August, in einem Haus ohne Klimaanlage. Ich hatte nicht viel an, nur ein kurzärmeliges Hemd von Leonard, das nicht mal zugeknöpft war. Als Jonah mir den Arm verdrehte, öffnete sich das Hemd vorne, und Jonah betrachtete meinen Körper. Und obwohl er wusste, dass ich ihn verriet – wusste, dass ich alles verriet, worüber er schrieb –, sah ich, dass er mich trotzdem begehrte, zumindest in diesem Augenblick. Als ich diese Begierde sah, wusste ich, dass ich eine Chance hatte. Vielleicht sah er auch die Begierde in meinen Augen, vermischt mit Angst und Verzweiflung.
Wir stehen also da, er hat mein Handgelenk fest umklammert und nach hinten gedreht, mein Hemd steht weit offen, und Jonah nimmt mir die Kamera ab und legt sie auf den Tisch. Dann fährt er mir mit der Hand über die Kehle und am Körper hinunter. Ich zittere, und ich sehe, dass ihm das gefällt. Er hat die Zähne zusammengebissen, und seine Nasenflügel beben, sein Atem geht stoßweise, und er fängt auch an zu zittern, und dann fummelt er an den Knöpfen seines Overalls herum, in dem er dauernd herumlief.
»Ins Bett« , sage ich. »Bitte. Ins Bett. «
Er hebt mich hoch und trägt mich ins Schlafzimmer und wirft mich aufs Bett. Er reißt sich den Overall vom Leib und schmeißt sich auf mich und dringt in mich ein, beißt mich in den Hals, zieht mich an den Haaren. Ich weiß genau, dass er nicht lange brauchen wird, also drücke ich den Rücken durch und strecke die Arme über dem Kopf aus und greife unter das Kissen, wo Leonard, wie ich weiß, eine Pistole aufbewahrt. Und in dem Augenblick, als Jonah aufstöhnt, feuere ich die Waffe ab, und dann wird alles still.
Leonard kam am nächsten Tag nach Hause. Ich begrüßte ihn mit einem Drink an der Tür und erzählte ihm, dass etwas Schreckliches passiert war. Dann gestand ich ihm, dass ich untreu gewesen war – was keine Überraschung war – und dass Jonah mich gebeten hatte, mich scheiden zu lassen, damit ich ihn heiraten könnte. Als ich ihn abwies, habe Jonah mich bedroht, sagte ich. Ich zog die Waffe heraus, um mich zu schützen, doch Jonah riss sie mir aus der Hand und erschoss sich.
Ich flehte Leonard an, der Militärpolizei nichts zu sagen. Es würde uns beide ruinieren, sagte ich, und das stimmte. »Er ist wahrscheinlich schon ›unerlaubt von der Truppe entfernt‹ gemeldet« , sagte ich. »Was wäre denn, wenn er einfach verschwunden bleibt?« Er dachte darüber nach und stimmte mir zu, das sei womöglich das Beste. Am Abend wickelte er Jonahs Leiche und Jonahs Manuskript in eine Armeedecke und verstaute das Bündel im Kofferraum seines Autos.
Er hat mir nie erzählt, wohin er in jener Nacht fuhr. Er hat sich nie mit mir ausgesprochen und meine Geschichte nie in Zweifel gezogen. Aber so, wie er mich ansah, wusste ich, dass alle Zuneigung, wie verquer sie auch gewesen sein mochte, dahin war. Vergiftet, genau wie die Reaktoren in Hanford mit Bor vergiftet gewesen waren. Der Unterschied war nur, dass es keine Möglichkeit gab, die Sache zwischen uns zu bereinigen.
Eine Woche später merkte ich, dass ich schwanger war. Einen Monat danach hatte ich die Abtreibung, und sechs Monate später bat ich Leonard um die Scheidung. Ich musste ihm nicht erklären, warum, und er musste mich nicht danach fragen. Wir kannten inzwischen zu viele Geheimnisse des anderen, er und ich. Genug, um einander zu zerstören. Unser eigenes häusliches Gleichgewicht des Schreckens. Und wie den Supermächten gelang es auch uns, auf Zehenspitzen um Armageddon
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