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Dr. Bill Brockton - 04 - Todesstarre

Dr. Bill Brockton - 04 - Todesstarre

Titel: Dr. Bill Brockton - 04 - Todesstarre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jefferson Bass
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reichte Emert mir ein Paar Handschuhe, damit ich nicht versehentlich für zusätzliche Verwirrung sorgte. Ich hatte nicht vor, irgendetwas anzufassen, doch um ganz sicherzugehen, streifte ich mir die Handschuhe über. Die Männer waren schon zwei Stunden zugange; sie hatten angefangen, als ich meine Neun-Uhr-Vorlesung über die Identifizierung unbekannter Leichen antrat, die Studierenden ihre Mäntel ablegten und sich mit ihren riesigen Starbucks-Bechern auf ihren Plätzen niederließen.
    Das Erste, was mir an Novaks Haus auffiel, war die spektakuläre Aussicht nach hinten raus. Das Innere des Hauses war entkernt worden, indem mehrere Wände herausgebrochen worden waren, und während ein aus Backstein gemauerter offener Kamin noch als Hinweis diente, wo ursprünglich die Wand zwischen Wohnzimmer, Esszimmer und Küche gestanden hatte, flutete der Rest des Raums um den Kamin wie Wasser um eine kleine Insel, und diese Flut schien sich durch eine breite Fensterfront nach hinten raus zu ergießen. Dreißig Kilometer weiter nördlich funkelten die Cumberland Mountains, noch vom Schnee der vergangenen Woche bestäubt, in der Mittagssonne. Die Aussicht wurde von zwei etwa zwanzig Meter hohen Blautannen gerahmt, die wohl gepflanzt worden waren, kurz nachdem Novak hier eingezogen war. An der ganzen rückwärtigen Wand zog sich ein langer, niedriger eingebauter Tisch entlang, darunter fast auf ganzer Länge Bücherregale hinter Glastüren. Ein eleganter schwarzer Stuhl mit gedrechselter Rückenlehne war leicht abgerückt, davor lag mitten auf dem ordentlichen Tisch ein gelber Notizblock, auf dem sich die handschriftlichen Kürzel »Opp«, »GK«, »Frank«, »JJ« und »Alex« fanden.
    Links und rechts des Notizblocks lagen mehrere Bücher, und ich beugte mich darüber, um mir die Titel anzusehen. Zwei Werke von Richard Rhodes: Die Atombombe oder Die Geschichte des 8. Schöpfungstages und Dark Sun: The Making of the Hydrogen Bomb. Ein gräulich-gelbbrauner, nach einem Lehrbuch aussehender Band mit dem Titel The New World: A History of the United States Atomic Energy Agency, Volume 1. Dazu drei Bücher, deren Titel ein Wort enthielten, das ich zunächst falsch als Verona las, die Stadt in Italien, doch dann ging mir auf, dass es in Wirklichkeit »Venona« hieß. Ihre Untertitel versprachen schockierende Enthüllungen über sowjetische Spionage und Atomspione.
    Ich wanderte zurück um den Kamin herum, wo Emert und Art einen kleinen Schaukasten auf dem Kaminsims betrachteten. Thornton hatte sich mit einem Kriminaltechniker in die Küche verzogen. Der Schaukasten, etwa dreißig Zentimeter breit und zehn Zentimeter tief, enthielt zwei wunderschöne Messer. Eines hatte einen Griff aus Horn oder Elfenbein, der mit winzigen, maurisch anmutenden Schnitzereien verziert war, der Griff des anderen war aus dünnen Schichten vieler exotischer Hölzer zusammengesetzt, deren Farben sämtliche Farbtöne des Spektrums abdeckten. Das Bemerkenswerteste an den Messern waren jedoch ihre Klingen: Der Stahl hatte Wirbel und Muster so reich wie Roteiche, so komplex wie Ahorn-Wurzelholz. »Schicke Messer«, sagte ich. »Wie nennt man diesen strukturierten, gemaserten Stahl noch? Da Vinci?«
    »Nah dran«, sagte Art. »Damaszenerstahl. Wenn du Haarspalterei betreiben willst, dann nennt man ihn korrekterweise ›damaszierten Stahl‹. Es ist wie Blätterteig aus Stahl, man faltet den Stahl immer und immer wieder und schmiedet die Schichten zusammen, wie Feingebäck aus tausenden von Teigschichten.«
    »Blätterteig aus Stahl? Du verblüffst mich immer wieder. Woher weißt du etwas so Abseitiges?«
    Art zuckte die Achseln. »Ich habe einen Cousin in Nashville, der Schmied ist. Wenn er nicht gerade die Hufe der Pferde der reichen Countrysänger beschlägt, die in Wirklichkeit nie reiten, macht er solche Sachen.«
    »Trotz der ästhetischen Schönheit dieser beiden Messer«, sagte Emert – er betonte die Worte »ästhetische Schönheit«, entweder um sicherzugehen, dass sein hochgestochenes Vokabular nicht an uns vergeudet war, oder um anzudeuten, dass er sich über die wichtigtuerische Phrase lustig machte – »finde ich das dritte Messer doch sehr viel faszinierender.«
    »Welches dritte Messer? Ich sehe nur zwei«, sagte ich.
    »Eben«, sagte er.
    Ich schaute wieder in den Schaukasten. Die Messer lagen jeweils auf zwei Holzstiften, einer unter dem Griff, der andere unter dem Rand der Klinge. Ein drittes Paar Stifte in der Mitte der Vitrine war

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