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Dr. Gordon verliebt

Dr. Gordon verliebt

Titel: Dr. Gordon verliebt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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seine Fäuste. «Du Lump», zischte er.
    «Eine feine Art, mit einem Kollegen zu sprechen, das muß ich schon sagen.»
    «Ich liebe Sally über alles auf der Welt.»
    «Ei? Ich auch, zufälligerweise.»
    «Ich habe die Absicht, sie zu heiraten.»
    «Ich auch.»
    Es geschah zum erstenmal, daß ich einen derartigen Entschluß faßte, und meine Antwort überraschte mich ebensosehr wie ihn.
    Keuchend stand er vor mir. «Ich kenne sie seit mehr als zwei Jahren.»
    «Ich kenne sie seit weniger als zwei Wochen. Und bin weiter gekommen.»
    «Hör mal, Gordon! Ich versteh mich nicht auf Süßholzraspeln. In bin kein... kein verfluchter Kerl von einem Casanova. Ich bin ein alltäglicher einfacher Geselle, und ich liebe sie. Wenn du versuchst, sie zu... zu...» Doch weitere Worte standen ihm nicht zu Gebote. Krachend stieß er die Fäuste gegeneinander, bahnte sich dann schweigend seinen Weg durch die Wandschirme und verschwand.
    «Das Klistier kriege ich nicht», rief ich ihm nach. «Morgen werde ich mich bei Pennyworth beschweren.»
    Als Dr. Pennyworth am folgenden Nachmittag auf seiner Saalrunde mein Bett erreichte, schien Hinxman seltsam gefaßt. Ich führte dies darauf zurück, daß er das Klistier widerrufen hatte und daher dachte, ich würde keine Beschwerde führen.
    «Wie ist Ihr Zustand?» lispelte Dr. Pennyworth und starrte mich durch seinen Kneifer an.
    «Er schläft sehr schlecht», warf Hinxman ein, bevor ich noch den Mund auftun konnte. «Wir haben bereits sämtliche im Gebrauch stehenden Narkotika an ihm ausprobiert, Sir, aber er scheint einer jener resistenten Fälle zu sein.»
    «Das ist ja hochinteressant.»
    «Und so dachte ich, Sir, da er schon ganz verzweifelt ist, sollte man ihm eine recht wirksame Dosis verschreiben.»
    «Schlaf», murmelte Dr. Pennyworth, als ich zu protestieren versuchte. «Schlaf ist der größte Freund des Arztes. <0 Schlaf, du süßes Ding, begehrt von Pol zu Pol> - he?» Und er verschrieb mit eigner Hand eine Dosis Barbiturat, die ausgereicht hätte, einen ganzen Wald voll Eulen stillzulegen.
    «Sie müssen alle schlucken», sagte die Stationsschwester, als sie mir am Abend die scharlachroten Oblatenkapseln reichte. «Auf persönliche Anordnung Dr. Pennyworths.»
    Eine Woche lang schlief ich jede Nacht zwölf Stunden wie ein Murmeltier, bis mich — zu meiner und auch Hinxmans Erleichterung — Dr. Pennyworth offiziell aus dem Spital in häusliche Pflege entließ.

5

    MEIN VATER, Dr. Gregory Gordon, Medicinae et Chirurgiae Baccalaureus, übte seine allgemeine Praxis in einer vielbesuchten Stadt an der Südküste aus, wo wir, soweit meine Erinnerung zurückreicht, in einer großen Villa der achtziger Jahre wohnten, die über die Dächer unzähliger Pensionen hinweg seewärts blickte. Auch er hatte im St. Swithin studiert und hatte dort, dreißig Jahre vor mir, seinen Doktor gemacht. Seit diesem Zeitpunkt hatte er sich damit befaßt, eine blühende Praxis aufzubauen, und nun begann er unter deren Erfolg zu leiden. Das stündliche Klingeln der Türglocke und des Telephons gehörte ebenso natürlich zu meinen Kindheitseindrücken wie das Schlagen der altväterischen Uhr am Treppenfuß; doch damals hatte mein Vater noch Zeit, medizinische Bücher zu lesen und mich gelegentlich zum Fußballplatz mitzunehmen, wogegen er nun, da nicht nur der Bürgermeister, sondern auch die meisten Stadträte und Mitglieder der Handelskammer zu seinen Patienten gehörten, kaum einen Augenblick Muße fand, einen Blick in die Lancet zu tun oder die Sportberichte zu überfliegen. Selbst als ich am folgenden Nachmittag zu Hause eintraf, stürzte er gerade aus dem Haustor.
    «Hallo, Richard, mein Junge! Schön, dich wieder einmal zu sehen! Schon besser?»
    «Viel besser, danke.»
    «Was hat dir eigentlich gefehlt? Katarrhalische Gelbsucht?»
    «Ja, nur nennt man das heutzutage infektiöse Hepatitis.»
    «Du schaust ein bißchen schmal aus. Leider konnte ich’s nie mit Mutter einrichten, dich besuchen zu kommen. Hoffentlich haben sie dich im St. Swithin anständig gepflegt? Wer war dein Arzt?»
    «Der alte Pennyworth.»
    «Himmel, der lebt noch immer? Hab gedacht, der ist schon seit langem tot. Und wie fühlst du dich selbst?»
    «Noch ein bißchen wacklig.»
    «Das wird sich bald geben. Hab leise gehofft, du würdest mir in einiger Zeit ein bißchen in der Ordination aushelfen können. Nun muß ich aber wegstürzen — hab meilenweit entfernt am andren Ende der Siedlung eine Perforation. Bitte Miss Jamieson,

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