Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dr. Gordon verliebt

Dr. Gordon verliebt

Titel: Dr. Gordon verliebt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
Vom Netzwerk:
Backsteinbau, ungefähr in der Mitte zwischen dem Royal-Free-Spital und dem Gewerkschaftshaus der Eisenbahner gelegen. Ursprünglich war es dazu bestimmt gewesen, den Theosophen als Tempel zu dienen; seine Einfahrt, kaum breit genug, den Rolls Royce eines Spezialisten durchzulassen, führt in einen freundlichen Hof, wo man die medizinischen Intellektuellen, die für das British Medical Journal verantwortlich sind, mit den medizinischen Politikern, die für die Bemessung der ärztlichen Honorare verantwortlich sind, plaudern sehen kann. Es gibt auch einen Klubraum, der es in seiner Düsternis mit jedem anderen in St. James aufnehmen kann; er ist mit ausgestopften Tierköpfen dekoriert, die in Afrika stationierte Ärzte herübersandten, und stellt Schreibtische und Papier zur Verfügung. Da dieser Raum nur von Landärzten, die hier auf ihre vom nahegelegenen Paddington-Bahnhof abgehenden Züge warten, oder von Chirurgen, die sich von offiziellen Banketten ausschlafen wollen, benutzt wird, erachtete ich ihn als eine ausgezeichnete Örtlichkeit, mich darin zu konzentrieren.
    An einem Vormittag der folgenden Woche saß ich an meinem Tisch und versuchte das verwirrende Arrangement der Knochen, Sehnen und Nerven der Mittelhand zu meistern, als eine Stimme hinter mir ertönte:

«Ein Kahn fährt nachts bei Mondenschein
im Dreieck um das Erbsenbein.»

    Ich fuhr in meinem Sessel herum.
    «Doktor Farquarson!»
    Dr. Farquarson war Grimsdykes Onkel, bei dem ich die vergnüglichsten und wahrscheinlich instruktivsten zwei Wochen meiner medizinischen Laufbahn als Assistent in seiner Landpraxis verbracht hatte. Er war ein hagerer, großer Schotte und pflegte einen Frackkragen zu tragen — in seinen Augen war dieser ebensosehr ein Abzeichen des Arztes wie das Collare das der Geistlichen —, wiewohl er zu Ehren seines Londoner Besuchs seine Tweedgewandung, die er sowohl auf der Jagd wie in der Ordination trug, mit einem dunklen Anzug vertauscht hatte. Alles in allem sah er täuschend einer von Lows alten Karikaturen Ramsey Macdonalds ähnlich.
    «Ein ausgezeichnetes mnemonisches Verslein für die Mittelhand, finde ich», sagte Dr. Farquarson. Er liebte den Trick, mit Bekannten ein Gespräch anzuknüpfen, als hätte er sie erst vor einem Augenblick verlassen. «Allerdings noch lange nicht so gut wie jenes, das die fortgeschrittenen Symptome von Casanovas peinlichem Leiden einprägt —

Es war mal ein Saragosser,
der wähnt:, die Lues sei los er;
nun hat er Paralyse,
sein Baby krumme Füße,
und er hält sich für Barbarossa.

    Haben Sie’s schon gekannt?»
    Ich bejahte lachend.
    «Wie geht’s meinem verrückten Neffen?»
    «Sehr gut, glaube ich. Sie wissen doch, daß er nach Irland gegangen ist? Kürzlich erhielt ich eine Ansichtskarte von ihm.» Diese zeigte die Hauptstraße eines Dorfes, in der lediglich Wirtshäuser und Wettbüros zu stehen schienen. Auf die Rückseite hatte Grimsdyke gekritzelt: «Beachte die typisch irische Stadtplanung. Eingeborene freundlich, wenn auch äußerst begräbnissüchtig.»
    «Nach Irland, he? ’s wäre an der Zeit, daß er sich endlich entschließt, seßhaft zu werden, und seine schwachen geistigen Fähigkeiten dem Dienste einer bedauernswerten Gemeinde weiht. Und diese Bemühungen auf dem Gebiete der Anatomie», fügte er hinzu, auf meine aufgeschlagenen Bücher weisend, «dürften wohl der primären Fellowship-Prüfung gelten?»
    «Leider Gottes ja.»
    «Man hat sich jetzt natürlich drangemacht, die gesamte anatomische Nomenklatur zu anglisieren», fuhr er fort. «Das ist ein Jammer, weil es. dem Ärztestand zumindest den Anschein verleiht, wie Gentlernen gebildet zu sein, wenn man ab und zu ein paar lateinische Brocken fallen läßt. Ich erinnere mich, wie ich einstmals unerwartet aufgefordert wurde, bei einem Bankett das
    Tischgebet zu sprechen. Ich beugte mein Haupt und intonierte: Das ist, wie Sie sich wohl entsinnen werden, ein kleiner Gesichtsmuskel. Und kein Mensch merkte was.» Er zog eine große goldene Uhr aus seiner Westentasche und sagte: «Apropos Bankett, könnten Sie sich vielleicht von Ihren Studien losreißen, um während eines Mittagessens mein Geplapper weiter anzuhören?» Dr. Farquarson gefiel sich darin, den Hochbetagten zu mimen, obgleich er nicht viel älter als mein Vater sein konnte. «Ich könnte Ihnen vielleicht sogar ein paar Tips geben, wie man die hohe Prüfungskommission an der Nase herumführt.»
    «Mit dem

Weitere Kostenlose Bücher