Dr. Gordon verliebt
Chirurgenzimmer war er in Mooney’s Irish House beim Piccadilly Circus einem Arzt namens Paddy O’Dooley über den Weg gelaufen, der ihm sofort den Posten eines Stellvertreters in seiner Praxis in County Wexford anbot, als er erfuhr, daß Grimsdyke ein Graduierter der Gesellschaft der Apotheker zu Cork war. Mein Freund nahm das Angebot an, und nach einem Abschiedstrunk im «König Georg» sollte er am nächsten Morgen vom Paddington-Bahnhof starten. Seine einzige Sorge war die genaue Lokalisierung des neuen Postens, da die näheren Angaben auf der Rückseite eines Päckchens Player’s-Zigaretten gekritzelt worden waren, 'das ihm sein neuer Arbeitgeber in die Hand gedrückt hatte, bevor er im verführerischen Glanz des Piccadilly untertauchte.
«Ich sehe dieser Sache ein bißchen skeptisch entgegen», gestand Grimsdyke und bestellte neuerlich Bier und Mineralwasser. Über unserem Abschied lag ein weiterer Schatten, da mir Dr. Pennyworth während dreier Monate Alkoholverbot auferlegt hatte. «Ich vermute, in Wirklichkeit handelt sich’s um die Praxis von Paddys Altern, die augenblicklich von einem Polacken mit zweifelhaften Grundsätzen und zweifelhaften Qualifikationen geführt wird. Aber immerhin wird’s einmal eine Abwechslung in der Umgebung sein. Ich höre, daß es dortherum massenhaft Geld gibt — Großgrundbesitz und so weiter. Und außerdem keine Kassenpatienten.»
«Bist du wirklich entschlossen, nicht mehr in der Anästhesie weiterzuarbeiten? Da hättest du eine große Zukunft vor dir, Grim. Du hast dabei niemanden umgebracht und hast das Operationsteam bei guter Laune erhalten, wenn etwas schiefging. Das sind die einzigen Eigenschaften, deren ein erfolgreicher Anästhetiker bedarf.»
«Aha, quasi ein ärztlicher Dummer August! Hätte nichts dagegen gehabt, mich darin zu spezialisieren, muß ich dir gestehen. Ich finde Spaß dran, mit den Hebeln herumzuwerken — das weckt meine künstlerische Ader. Ein guter Anästhetiker ist wie ein Küchenchef, weißt du — man nehme etwas reinen Sauerstoff, würze mit einer Prise Äther, füge einen Soupçon Pentothal hinzu, vermische das Ganze mit Pethedin und serviere es mit einer Garnierung von Gas. Aber ermißt du die Schwierigkeiten, die mit der Anästhesie verbunden sind, wenn man sie als Lebensaufgabe gewählt hat?»
«Die Chirurgen?»
Er nickte. «Die meisten von ihnen sind ja reizende und kenntnisreiche Burschen, doch sobald sie ihren Operationssaal betreten, ändert sich ihr Charakter. Wie bei anderen Leuten, sobald sie in ihr Auto steigen. Und ihre ewigen Geschichtchen! Selbst ein so netter Vogel wie der alte Cambridge kann’s nicht lassen, jedem neuen Schub Studenten die fünf, die er auf Lager hat, vorzusetzen. Wenn man zu den permanenten Einrichtungsstücken eines Operationssaals gehört, kommt einem nach der achten oder neunten Wiederholung das herzliche Lachen immer weniger ungezwungen über die Lippen. Hat er dir schon mal serviert, wie er und der alte Sir Lancelot Spratt einen Herzog im Pyjama über den Devonshire-Platz gejagt haben?»
Ich nickte.
«Na, und nun stell dir vor, du müßtest dir das dein Leben lang regelmäßig einmal monatlich anhören. Für den Beginn ist’s ja eine ganz gute Geschichte. Nein, ich fürchte, die Anästhesie wird mich verlieren.»
«Aber hast du nicht erwogen, es mit einem anderen Fach zu versuchen, bevor du dich in Irland lebendig begraben läßt? Elektro- und Röntgentherapie, zum Beispiel? Geburtshilfe? Oder Psychiatrie? Die sollte dir doch liegen.»
«Hab selber schon dran gedacht. Aber entgegen der öffentlichen Meinung besteht die Psychiatrie keineswegs darin, blonden Prachtweibern zu lauschen, wenn sie dir auf der Couch alle Intimitäten ihres Geschlechtslebens erzählen. Bevor du so weit bist, mußt du dich jahrelang bei ganz gewöhnlichen Wald-und-Wiesen-Narren abschwitzen. Ich glaub nicht, daß ich es lang in einer Anstalt für Geisteskranke aushalten würde — man sagt, der Ärztestab wird bald übergeschnappter als die Patienten. Nein, nein, alter Junge. Nichts für Onkel Grimsdyke. Und überhaupt, diese ganze verdammte Institution der Krankenkasse ist nichts für mich. Einigen Burschen mag’s ja behagen, sich haargenau ausrechnen zu können, wieviel Pinke sie kriegen, wenn sie sechzig sind, aber nicht mir. In mir wohnt wahrer Pioniergeist. Das Malheur ist nur, heutzutage gibt’s kein Gebiet mehr, wo man als Pionier tätig sein kann.»
«Na schön... Dann könnte also County Wexford den
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