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Dr. Gordon verliebt

Dr. Gordon verliebt

Titel: Dr. Gordon verliebt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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schon früher darin versucht?»
    «Ich kann ein bißchen maschineschreiben», sagte sie. «War in der Modebranche tätig.»
    «Nun, und wie wär’s mit einem Wechsel? So was tut immer gut.»
    Sie zögerte. «Der andere Doktor sagte, es wäre auch eine Freiwohnung da. Er meinte, es wäre angenehm für ihn, mich im Notfall immer bei der Hand zu haben.»
    Ich hatte zwar gehofft, selbst in Miss Wildewindes Zimmer einziehen zu können, doch ich war sogar bereit, mich weiter mit meinem gegenwärtigen Quartier zu behelfen, wenn ich dafür nur ab und zu Gelegenheit hatte, vor Mitternacht dahin zurückzukehren.
    «Natürlich ist ein Zimmer frei.»
    «O. K. Dann nehm ich den Posten», willigte sie ein. «Zu blöd, daß der ändere Doktor nicht da ist.»
    Ich verschaffte ihr einen von Miss Wildewindes Kitteln, und sie begann auf der Stelle mit ihrer Arbeit. Sie hieß Miss Strudwick und war in der Ordination ebensosehr am Platz wie etwa eine Fächertänzerin in der Kirche. Doch sie war eine willige Kraft. Sie litt an chronischem Stirnhöhlenkatarrh, der sie häufig aufschnupfen ließ, und an der aufreizenden Gewohnheit, «Bin ich nicht ein Tolpatsch?» zu rufen, sooft sie etwa eine vierundzwanzig Stunden sorgfältig gehütete Blutprobe über das Linoleum ausgoß oder einen Patienten wegen eines Totenscheines zum Psychiater schickte und vom Leichenbeschauer einen Befund über die geistige Verfassung seines Objektes anforderte. Sie hatte nicht die leiseste Ahnung von Sterilität oder Schweigepflicht, aber sie schien mit den Patienten gut auszukommen und umgänglich mit ihnen im Wartezimmer zu plaudern. Nach ein paar Tagen begann sie sogar mir gegenüber aufzutauen.
    «Wissen Sie, alle Mädels im fanden Doktor Grimsdyke so schrecklich nett», gestand sie mir eines Abends nach der Ordination, als ich sie zu unterweisen versuchte, wie man eine Spritze zu sterilisieren hat.
    «Dort lernten Sie ihn also kennen?» Ich hatte mich stets gefragt, wie Grimsdyke seine Abende in Hampden Cross verbrachte. «Nun prüfen Sie nach, ob der Sterilisator eingeschaltet ist, so, und warten Sie, bis das Wasser zu kochen beginnt.»
    «Oh, natürlich. Er war fast jeden Abend dort. Er legte einen Mamba hin — zum Tollwerden!»
    «Als erstes zerlegen Sie die Spritze in folgender Weise in ihre einzelnen Bestandteile.»
    «Zuerst wollte er nicht zugeben, daß er ein Arzt ist, wissen Sie», kicherte sie. «Aber ich hätt’s gleich von allem Anfang an wissen können. Seine Hände waren so herrlich sanft, wenn er einen anrührte.»
    «Dann umwickeln Sie das Rohr der Spritze mit Scharpie — sehen Sie, so.»
    «Gehen Sie denn nie ins Palais, Doktor?»
    «Leider fehlt es mir dazu an Zeit, Miss Strudwick.»
    «Aber, aber — nennen Sie mich doch nicht Miss Strudwick.» Sie kam um den Sterilisator herum ein bißchen näher an mich heran. «Alle Leute nennen mich Kitten.»
    «Äh — der Tauchkolben wird stets separat ausgekocht, um ein Zerbrechen zu vermeiden —»
    «Sie sind einer von den Schüchternen, was?» Sie blickte mir in die Augen. «Von Doktor Grimsdyke kann man das nicht behaupten, bei Gott nicht.»
    «Und die Nadeln werden selbstverständlich so schnell wie möglich sterilisiert, um ein Stumpfwerden zu verhindern —»
    «Aber Sie haben schrecklich nette Augen.»
    «Man fädelt sie durch ein Stückchen Scharpie, damit sie entsprechend zur Hand sind — »
    «Möchten Sie nicht ein bißchen freundlicher zu mir sein, wo uns doch das Schicksal zusammengeführt hat?»
    «Äh — Miss Strudwick — die — äh — Temperatur des Sterilisators muß zwei Minuten lang auf hundert Grad Celsius erhalten bleiben —»
    Unsere Konversation wurde glücklicherweise durch einen Anruf unterbrochen, der mich zu einer Entbindung heischte, und als ich zurückgekehrt war, stellte ich zu meiner Erleichterung fest, daß sich Miss Strudwicks Gefühle in gleichem Maße wie der Sterilisator abgekühlt hatten.
    In den nächsten Tagen offenbarte es sich, daß Grimsdyke ein höchst beliebter Tanzpartner im «Palais» gewesen sein mußte. Mädel, die fast aufs Haar Kitten Strudwick glichen, fanden sich allmorgendlich hoffnungsvoll im Wartezimmer ein; ich hätte meine Wahl unter dutzend Sprechstundenhilfen treffen können. Doch einen Stellvertreter zu finden, schien ausgeschlossen. Ich schrieb dem Sekretariat der medizinischen Schule zu St. Swithin sowie einem ärztlichen Stellenvermittlungsbüro in Holborn und ließ im British Medical Journal eine leicht irreführende

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