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Dr. Gordon verliebt

Dr. Gordon verliebt

Titel: Dr. Gordon verliebt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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schlechteste Saison seit Jahren. Hab heute einen Burschen in der City getroffen, der gerade von dort zurückgekehrt ist.»
    «Danke», sagte ich. «Auf Grund deines freundlichen Rates werde ich die Bestellung rückgängig machen, und Nicki und ich werden statt dessen nach Manchester fahren.»
    «Nach Manchester? Ein merkwürdiger Ort für Flitterwochen, findest du nicht?»
    Glücklicherweise entdeckte mich rechtzeitig der Commander und entführte mich auf einen Gin in seine Bärenhöhle.
    Ich war aufgefordert worden, über Nacht zu bleiben, da aber auch zwei Brautjungfern hier übernachteten, mußte ich ein Zimmer mit Robin teilen, der nicht nur schnarchte, sondern um sechs Uhr früh aufstand und Leibesübungen machte. Ich brach allein zeitig am Morgen auf, da ich für mich selbst Besorgungen zu erledigen hatte. Zuerst suchte ich wegen der Fahrscheine ein Reisebüro auf, dann ging ich den Ehering vom Juwelier abholen, die Blumen und die Autos bestellen, die Ohrgehänge der Brautjungfern kaufen und schließlich meinen eigenen Anzug probieren. Es ist eine merkwürdige psychologische Erscheinung an Angehörigen des englischen Mittelstandes, daß ihre Hemmungen, sie könnten bei irgendeinem festlichen Anlaß unpassend gekleidet erscheinen, ihre Hemmungen überwiegen, in ein Paar Hosen zu steigen, das vor ihnen bereits ein halbes Dutzend Unbekannte aufgenommen hat. Da man von mir erwartete, ich würde mich in der Tracht eines jungen Mannes von Welt zu Beginn des Jahrhunderts trauen lassen, suchte ich wie jedes andere männliche Wesen unserer Gästeliste ein großes Kleiderhaus in der Nähe der Regent Street auf, wo man sofort für sämtliche Anlässe — sei’s nun für eine Jagd oder für die Aufnahme im House of Lords — entsprechend eingekleidet werden konnte.
    «Ja, Sir?» sprach mich eine der aristokratisch aussehenden Gestalten bei der Türe an, als ich nervös eintrat.
    «Ich möchte... äh...» Mir war wie damals zumute, als ich zum erstenmal mein Mikroskop zum Pfandleiher trag. «Ich möchte mich erkundigen, ob es möglich wäre, hier... äh... einen Gehrock zu entlehnen?»
    «Unsere Leihanstalt wird Ihnen mit Vergnügen zur Verfügung stehen, Sir. Die kleine Tür ums Eck, bitte.»
    Als ich durch die diskrete Türe getreten und dort von einem anderen Herrn begrüßt worden war, hatte ich plötzlich das Gefühl, ich hätte das alles schon irgendwann einmal vorher erlebt. Die erste nervöse und schamhafte Erkundigung, die in munterem Ton erteilten weitherzigen Anweisungen, die verschwiegene Türe, die taktvolle Absonderung, die Atmosphäre stillschweigender Kameradschaft unter den Besuchern... Natürlich! Mir fiel ein, woran mich das alles erinnerte: an die Abteilung für Haut- und Geschlechtskrankheiten im St. Swithin.
    «Würden Sie sich zur letzten Kabine bemühen, Sir?» bat mich der Angestellte, und mein Selbstbewußtsein stellte sich rapid wieder ein, als ich die Reihe der Ankleidenischen entlang ging und folgende Gesprächsfetzen auffing: «Gewiß, My Lord... natürlich,
    Herr General... keineswegs, Herr Professor... die Hose ist vielleicht um eine Nuance zu eng, Euer Gnaden?»
    «Das werden wir im Handumdrehen haben, Herr Doktor», fuhr er fort und maß mich mit den Blicken eines erfahrenen Leichenbestatters. «Wie wär’s mit einer lila Weste? Gerade das Richtige für eine Hochzeit.»
    Ich nahm die lila Weste und einen grauen Zylinder in einem speziell dafür bestimmten schwarzen Blechbehältnis, das aufs Haar jenen glich, in denen die Pathologen interessante Organe in ihre Laboratorien mitnehmen. Als ich meinen Trousseau rückwärts im Auto verstaute, bevor ich zu meinem Wochenenddienst nach Hampden Cross fuhr, fiel mir plötzlich ein, daß Nicki und ich in acht Tagen Mann und Weib sein würden.

19

    «UM HIMMELS WILLEN, LIEBSTER! Das kannst du unmöglich tragen!» rief Nicki voll Entsetzen. Nach einer weiteren Woche fieberhafter Vorbereitungen hatten wir den Tag vor der Hochzeit erreicht. Ich führte ihr gerade die lila Weste vor.
    «Warum denn nicht?» fragte ich gekränkt. «Mir gefällt sie recht gut. Und der Ladengehilfe meinte, sie würde einem festlichen Anlaß — und das ist es doch, meiner Ansicht nach — eine festliche Note verleihen.»
    «Doch ich lehne es mit aller Entschiedenheit ab, mich in der Kirche oder wo immer an deiner Seite zu zeigen, wenn du das trägst.»
    «Das ist eine kolossal flotte Weste», erklärte ich, schon etwas heißblütiger. «Schließlich mache ich keine ekligen

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