Dr. Gordon verliebt
eines Hammers auf einen Meißel. Nicki schien indessen den Beweis erbringen zu wollen, daß sämtliche Haushaltsartikel und Ladenhüter einen wesentlichen Bestandteil unseres Ehelebens darstellten, ich wurde von Träumen gequält, in denen mich wütende Eisenwarenhändler verfolgten oder räuberische Horden von Baumeistern in steifen Hüten nach erbitterten Kämpfen versuchten, mich im Wall des Tower einzumauern. Wahrscheinlich pflegte sich die normale seelische Störung vor einer Heirat derart zu äußern.
Sodann ergab sich eine weitere Komplikation.
«Ich habe eine richtige Überraschung für Sie», sägte Kitten Strudwick eines Abends nach der Ordination.
Sie öffnete die Türe zum Wartezimmer und führte einen blassen, mit Brille und blauem Anzug angetanen jungen Mann herein, in dem ich einen Verkäufer von Gasgeräten erkannte, dessen Krampfadern ich vor einiger Zeit behandelt hatte.
«Das ist Harold», erklärte sie. «Wir heiraten demnächst.»
«Ach Gott, wirklich?» rief ich. Die Erkenntnis, daß sich Kittens Gefühlsleben über das «Palais» oder das «Odeon» hinaus erstreckte, traf mich wie ein Schock. «Will sagen — wie nett. Scheint eine ansteckende Krankheit zu sein, nicht wahr? Meine herzlichsten Glückwünsche», murmelte ich, Harold die Hand schüttelnd. «Möge Ihnen beiden ein recht langes glückliches Leben beschieden sein.»
«Besten Dank, Doktor», erwiderte Harold feierlich. «Ich möchte hinzufügen, wären Sie nicht gewesen, hätten Catherine und ich uns nicht unter so günstigen Umständen getroffen.»
«Wir lernten uns im Wartezimmer kennen», erklärte Kitten. «An dem Tag, als Sie sich so lange mit Mrs. Derridges Stimhöhlenkatarrh beschäftigten.»
«Darf ich mir herausnehmen, Ihre kostbare Zeit noch weiter zu beanspruchen?» fuhr Harold fort, als ich die beiden bat, Platz zu nehmen. «Ich bin seit langem der Ansicht, Doktor, daß sämtliche Personen, die in den heiligen Ehestand zu treten wünschen, sich zuerst einer eingehenden physischen Untersuchung unterziehen sollten.»
«Nun... das heißt vielleicht die Dinge ein bißchen zu ernst nehmen. Was mich betrifft, so denke ich, daß Ärzte dabei so wenig wie möglich ihre Hände im Spiel haben sollten. Ich behaupte, wenn Sie sich stark genug fühlen, auf den Altar loszuschreiten, sind Sie vollkommen in Ordnung.»
«Außerdem bin ich der Meinung, daß das glückliche Paar mit seinen Ärzten vor der Trauungszeremonie eine offene Aussprache haben sollte.»
Ich legte meine Fingerspitzen aneinander, als ich Kittens Blick auffing.
«Äh... nun ja, vielleicht haben Sie recht.»
«Das Geschlechtsleben», fuhr Harold fort, als schildere er ein besonders reizvolles Gasgerät, «stellt, wie man hört, in der Ehe einen wichtigen Faktor dar.»
Ich stimmte ihm zu, wenn ich auch augenblicklich unter dem Eindruck stand, daß es in meiner Ehe erst den zweiten Platz einnahm und hinter Doggett & Buzzard rangierte.
«Ich hätte nun gerne, Doktor», erklärte Harold, sich leicht erwärmend, «wenn Sie meiner künftigen Gattin und mir Gelegenheit zu einer offenen Aussprache gäben.» Erwartungsvoll verschränkte er die Arme. Ich bemerkte über seine Schultern hinweg, daß sich Kittens Gesicht zu einem breiten Grinsen verzog, und ich wetzte unruhig in meinem Sessel hin und her. In den Jahren nach meiner Qualifikation waren Patienten schon mehrmals mit der Bitte um offene Aussprachen bezüglich ihres Geschlechtslebens an mich herangetreten. Stets hatte ich das Gefühl gehabt, daß ich mich dieser ärztlichen Pflicht nur ungenügend entledigte; denn die Professoren am St. Swithin besaßen solchen Problernen gegenüber eine gesunde britische Einstellung, und jeder Patient, der sich den Kopf über sein Geschlechtsleben zerbrach, wurde umgehend zum Psychiater verfrachtet. Ich hatte den Eindruck, daß Kitten von diesem Thema weitaus mehr verstand als ich, und ich war überzeugt, sie wollte nur deshalb so gerne meine Ansichten über ihr künftiges Geschlechtsleben hören, weil ich damit ein Licht auf mein eigenes warf.
«Ja also, sehen Sie», begann ich sozusagen bei Adam und Eva, «in einer Ehe gibt es einen Mann... und eine Frau... und vielleicht auch Kinder.»
«Mich interessieren natürlich in erster Linie unsere Beziehungen zueinander, Doktor.»
«Oh, ich denke, die würden nicht darunter leiden, wenn Sie Kinderhaben.»
«Ich meine unsere sexuellen Beziehungen.»
«Gewiß, gewiß. Nun also. Über dieses Thema existieren mehrere
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