Dr. Gordon wird Vater
eingefunden
hatte. «Das behagt den
Bonzen im Sozialministerium, da sie in
diesem Fall nicht einen Penny für Verpflegung, Unterkunft und Bettwäsche
auszugeben haben», fuhr sie fort. «Außerdem ist es wesentlich angenehmer für
dich, und du kannst dir deine eigene Kost bestellen. Für die seelische
Verfassung einer Mutter ein unschätzbarer Vorteil. Und du kriegst noch dazu von
der Regierung einen Zuschuß von vier Pfund.»
«Ich würde es recht gern zu Hause
absolvieren», willigte Nicky ein. «Spitäler sind heutzutage ebenso unpersönlich
wie Warenhäuser.»
«Und außerdem ist der Vater stets zur
Hand», fuhr Ann eindringlich fort. «Ich für meine Person trachte immer den
Vater zu überreden, der Entbindung beizuwohnen. Bin allerdings jetzt wieder
davon abgekommen. Den meisten von ihnen wird sterbensübel.»
«Mir würde das bestimmt passieren»,
sagte ich.
Sehr wohl war mir in Gegenwart Dr.
Partridges nie zumute. Eine der lichtvollsten Errungenschaften auf der modernen
akademischen Bühne ist die Erkenntnis berufstätiger Frauen, daß ihre
Gleichstellung mit den Männern nicht unbedingt das Abstreifen ihrer
geschlechtlichen Merkmale bedingt. Heutzutage treten Ärztinnen, Politikerinnen
und Teilnehmerinnen an sportlichen Wettkämpfen in der Öffentlichkeit penetrant
weiblich auf, statt auszusehen, wie James Thurber sie zeichnet. Doch einige
Mädchen scheinen durch die vorwiegend männliche Welt der Medizin noch immer
recht durcheinandergebracht zu sein, und wenn ich mir Dr. Ann Partridge ansah,
wie sie, eine Zigarette von der Lippe baumelnd, ihre hochgehobenen Knie
umschlungen hielt, wobei ihre Wollhose zum Vorschein kam, fühlte ich, daß sie
zu diesen gehörte.
«Komm mal zu mir in die Ordination,
zwecks Blutdruck, Blutsenkung und Blutprobe», fuhr sie fort, indem sie Nicky
aufs Knie schlug. «Und erinnere mich bitte, daß ich dir ein Attest ausstelle.
Ohne Attest bist du in den Augen unseres Wohlfahrtsstaates nicht offiziell
schwanger. Ob du’s zu Hause oder im hiesigen Spital oder sonstwo abtun willst,
kannst du dir noch später überlegen.»
Sie stand auf.
«Muß noch bei meinen andern Müttern
vorbeischauen. Ruf mich an, Alte, und spann ordentlich aus. Entspannung ist das
Geheimnis der modernen Entbindung. Mach schön deine Turnübungen und gib acht,
daß du nicht Fett ansetzt. Schwangere nehmen gern in einem geradezu
unanständigen Ausmaß zu, vom kleinen Racker mit seiner Emballage ganz
abgesehen. Bye, bye, Kopf hoch!»
«Dr. Partridge bringt einem das Wunder
der Geburt entschieden in einer erfrischend irdischen Weise nahe», bemerkte
ich, nachdem sie in ihrem alten Auto davongerattert war, das so aussah, als
hielte es nur mit Hilfe reichlicher Mengen von Wunddraht zusammen, wie er zu
Leistenbruchoperationen verwendet wird.
«Sie ist wirklich eine reizende Person,
Liebster», erwiderte Nicky.
Ich schwieg. Die Freundinnen seiner
Frau sind für jeden Mann ein Mysterium.
«Um so mehr, als wohl kaum viel Aussichten bestehen, daß sie je selbst ein Kind in die
Welt setzen wird», fügte Nicky hinzu.
«Diese blödsinnige Idee von ihr, den
Mann dabeihaben zu wollen! Für die Psyche jedes Gatten ist es bestimmt weitaus
besser, währenddessen im nächsten Wirtshaus vor sich hin zu dösen. Wo möchtest
du aber wirklich dein Baby kriegen? Auf das St. Swithin bist du wohl noch immer
nicht besonders scharf?» fragte ich hoffnungsvoll. Anfangs war mir daran
gelegen gewesen, daß mein Kind an jenem Ort das Licht der Welt erblicke, der
mich und die meisten meiner Freunde instand gesetzt hatte, unseren
Lebensunterhalt zu verdienen. In allen großen britischen Spitälern herrscht
eine gesunde und robuste Familienatmosphäre; viele Angehörige des Ärztestabes
holen ihr Weib aus dem Schwesternheim und den Familiennachwuchs aus den Sälen
der Gebärklinik, bevor sie selbst auf einem der Porzellantische in der
Totenkammer enden. Die Frauenabteilung des St. Swithin schien ausschließlich
zum Nutzen der ehemaligen Studenten geschaffen worden zu sein, und ich wußte,
daß Sir Jeffrey Dove, der Chefarzt, meinem Ansuchen um ein Bett mit jener
Herzlichkeit begegnen würde, die die Koryphäen der Harley Street allen jenen
ihrer alten Schüler bezeigen, die nun in der Lage waren, ihnen Privatpatienten
zu überweisen.
Aber ich wußte auch, daß Sir Jeffrey,
obgleich er fast wöchentlich für eine neue Eintragung ins britische
Adelsregister sorgte, stets an einem Wochenbett auf dem Lande oder bei den
Rennen von Ascot
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