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Dr. Ohio und der zweite Erbe

Dr. Ohio und der zweite Erbe

Titel: Dr. Ohio und der zweite Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Stichler
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können!“, rief sie empört. „Ich bin davon ausgegangen, dass alles zu spät ist. Und jetzt so was. Na, dann müssen die wahren Erben gefunden werden, um Calvin, das Christentum und vor allem das Geld nicht in die fettigen Finger von Wieri und Laudtner geraten zu lassen.“
    „Haare“, sagte Dr. Ohio.
    „Was?“
    „Die Haare waren fettig.“
    „Ach.“ Erika winkte unwirsch ab. „Das ist doch egal. Laudtner hat bestimmt fettige Finger.“
    „Ich und Dr. Laudtner müssen also die beiden Neffen suchen“, fuhr Dr. Ohio fort. „Aber ich sage Ihnen ehrlich: Ich habe die Nase eigentlich voll. Was geht mich das Heil des Christentums an? Oder ob sich Laudtner ... Dr. Laudtner und Wieri ein bisschen mehr Geld unter den Nagel reißen?“
    Seiner Gehülfin blieb die Spucke weg.
    „Doktor. Das können Sie jetzt nicht im Ernst meinen. Man muss doch ... man darf doch ... solchen Strauchdieben nicht Tür und Tor öffnen.“
    Dr. Ohio hob die Hand.
    „Das hat Höpfner getan, nicht ich“, sagte er mit hochgezogenen Brauen.
    „Aber er hat Sie gebeten, das Schlimmste nicht eintreffen zu lassen“, gab Erika zurück. „Also, bitte.“
    Dr. Ohio seufzte.
    „Ich habe auch weiterhin uneingeschränkten Zugriff auf die Bibliothek und vor allem auf alle privaten Papiere Höpfners, die Hinweise auf den Verbleib der Neffen geben könnten. Auch Dr. Laudtner soll nach ihnen suchen. Er will eine Zeitungsannonce schalten.“
    „Na prima“, meinte Erika spöttisch. „Das hat ja schon mal hervorragend geklappt.“
    „Haben Sie die Uhrzeit?“, fragte Dr. Ohio und stand abrupt auf.
    „Halb zwei“, sagte seine Gehülfin und sprang ebenfalls auf. „Oh je, Mister Waltons Termin ...“ Und unter den Blicken von zwei oder drei jungen Assistenzärzten eilte sie hinter Dr. Ohio her, der den Saal mit langen Schritten durchmaß.
    Dr. Ohio hatte keine besondere Lust, nach den beiden Neffen zu suchen. Erikas Einspruch und ein kleines Gefühl der Verpflichtung gegenüber Höpfner ließen ihn aber zweifeln, ob er es bei der Zeitungsanzeige Laudtners bewenden lassen sollte. Es kam ihm nicht ganz sauber vor. Vielleicht, so dachte er, reizte es ihn ja doch ein bisschen, Schicksal spielen zu können. Oder war es diese westliche Ansicht von Gerechtigkeit, die ihn leitete? Diese belanglose Moral, dass jeder auf Erden das bekommen sollte, was er verdient?
    Über Laudtner und Wieri zu urteilen, stand ihm eigentlich nicht an und es war auch nicht seine Art. Aber er spürte einen kleinen Zweifel nagen und wusste nicht, ob seine Gehülfin ihn gesät hatte oder ob er schon vorher da gewesen und auf seine lange Zeit im Westen zurückzuführen war.
    Auf jeden Fall war es gute Tradition in seiner Familie, die Dinge stets korrekt abzuwickeln, wenn man einen Auftrag bekommen hatte. Auch wenn er in diesem Fall keine Widerspruchsmöglichkeit beim Auftraggeber mehr gehabt hatte, machte sich Dr. Ohio nach seinem letzten Termin also auf den Weg, um in Höpfners Bibliothek und in seinem Schreibtisch zu stöbern.
    Wie nicht anders zu erwarten, stieß er in der Bibliothek auf Wieri. Er saß vornübergebeugt, mit einer Lupe am Auge zwischen einem Stapel alter Wälzer. Hin und wieder machte er sich krakelige Notizen in einem Heft, das neben ihm lag. Als Ohio den Raum betrat, blickte er auf.
    „Ah“, murmelte er. „Der Doktor.“
    Ohio nickte ihm zu und trat zu ihm an den Tisch. Schnell klappte Wieri sein Heft zu und drehte sich auf dem Stuhl um.
    „Geht es auf Neffensuche?“, fragte er mit einem süffisanten Lächeln.
    „Ich wollte mal ein bisschen im Schreibtisch stöbern, wenn Sie nichts dagegen haben.“
    „Stöbern Sie, stöbern Sie“, sagte Wieri jovial. „Sie werden sowieso nichts finden. Ich habe noch nie etwas von den Neffen gehört. Und selbst wenn ... werden sie wohl längst tot sein.“
    Dr. Ohio verzog erstaunt den Mund. Wieri schien etwas übrig zu haben für endgültige Lösungen. Er strich mit der Hand über eines der Bücher, die auf Wieris Tisch lagen.
    „Und Sie? Auf der Suche nach dem Heiligen Gral?“
    Wieri funkelte ihn böse an.
    „Dr. Ohio. Ich weiß, dass es Menschen aus anderen Kulturkreisen nicht immer leichtfällt, den richtigen Ton zu treffen. Aber Sie halten sich, wenn ich mich nicht irre, schon ziemlich lange in Europa auf. Sie sollten den Glauben zumindest respektieren.“
    Dr. Ohio spürte einen leichten Ärger in sich aufsteigen und presste die Lippen zusammen.
    „Ich respektiere jede Art von Glaube, Herr Wieri, seien

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