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Dr. Ohio und der zweite Erbe

Dr. Ohio und der zweite Erbe

Titel: Dr. Ohio und der zweite Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Stichler
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jetzt erst einmal aufs Revier fahren.“
    „Auf jeden Fall.“ Dr. Ohio drehte sich abrupt um und ging zum Wagen.
    Die Polizeidirektion war erst vor wenigen Jahren in einen Neubau ins Gewerbegebiet Steinlachwasen auf die andere Seite des Neckars gezogen. Dr. Laudtner war mit seinem eigenen Auto gekommen und sie fuhren quer durch die Stadt hinter ihm her bis zur Konrad-Adenauer-Straße. Erika saß mit zusammengebissenen Zähnen am Steuer und sagte nichts, aber es brauchte nicht viel Einfühlungsvermögen, um zu wissen, was sie dachte.
    Dr. Ohio dagegen hatte Dr. Laudtner schon fast wieder vergessen. Er machte sich Sorgen um Karl Schmidt und wunderte sich über das Gefühl der Verantwortung einem erwachsenen Mann gegenüber, den er noch nie in seinem Leben gesehen hatte. Er fühlte sich in gewisser Weise verpflichtet. Von einem Mann in die Pflicht genommen, der es offensichtlich versäumt hatte, diese Verantwortung selbst zu tragen. Gut, Höpfner hatte seinen Tod nicht voraussehen können, der so abrupt eintrat und diesem defekten Ventil geschuldet war. Seltsam war, dass Höpfner kurz vor seinem Tod ihm gegenüber sein Testament erwähnt hatte. Dieses Bild, das Foto der zwei Jungen, der eine schüchtern, der andere herausfordernd, das war schuld an seiner plötzlichen Fürsorge für die Neffen Carl Höpfners. Ohio wusste es, konnte sich aber keinen Reim darauf machen, warum das so war.
    Sie betraten das Polizeirevier hinter Dr. Laudtner. Vor einer verschlossenen Tür saß auf der gegenüberliegenden Seite ein Mann zusammengesunken auf einer Bank und wartete. Es war der Optiker. Er hieß Murnach und war ein Mann mit einem hageren, bis auf ein paar Flusen, kahlen Schädel und einer spitzen Nase. Als er Dr. Laudtner erkannte, sprang er auf und bewegte seinen dürren Körper mit aufgeregt schlenkernden Bewegungen der Arme auf ihn zu. Dr. Ohio fühlte sich augenblicklich an einen Tengu erinnert, ein vogel- und menschenähnliches Monster, das in den japanischen Wäldern lebte. Seine Großmutter hatte ihm und seinem Bruder oft Geschichten über die Tengu erzählt und sie gewarnt. Man wisse nie, ob ein Tengu gute oder böse Absichten habe.
    Dr. Laudtner stellte Dr. Ohio und Erika vor und Murnach warf ihnen einen kurzen, stechenden Blick zu. Es könnte sich natürlich auch um Nosferatu handeln, dachte Ohio und schüttelte widerwillig Murnachs schmale Hand mit den langen, spinnenartigen Fingern. Wer sich von diesem Optiker eine Brille anpassen ließ, ging hinterher garantiert mit zwei roten Punkten am Hals wieder hinaus in den Sonnenschein.
    Herr Murnach machte sich vor allem Sorgen um sich selbst, kümmerte sich nicht weiter um Dr. Ohio und Erika und versuchte, aus dem Anwalt Informationen zu seinem Fall herauszubekommen.
    „Oh je, oh je“, jammerte er. „Wie konnte das bloß passieren? Ich hätte besser aufpassen sollen. Aber wer kann denn so etwas ahnen? Steckt der Junge die Linsen in die falschen Hüllen.“ Es war aber nicht so, dass er alle Schuld auf Schmidt abwälzen wollte. Er hatte einfach Angst. Dr. Laudtner beruhigte ihn.
    „Wir werden sehen. Es wird schon nicht so schlimm werden. Es ist ja keiner gestorben, oder?“
    „Bis jetzt weiß die Polizei noch von keinem Fall, bei dem jemand zu Tode gekommen ist“, sagte Murnach und rollte mit den Augen. Er schien ein harmloser, friedlicher Optiker zu sein, aber Dr. Ohio trat vorsichtshalber einen kleinen Schritt zur Seite.
    „Und wo ist Schmidt?“, fragte er. Murnach schlenkerte seinen Arm in Richtung Tür.
    „Da drin“, sagte er. „Sie versuchen gerade, ihn zu verhören. Das dürfte allerdings zu nichts führen. Wenn Schmidt aufgeregt ist, bekommt er sowieso kein Wort heraus. Und ansonsten beschränkt sich seine Kommunikation meistens auf ein Lächeln oder Nicken. Da weiß man aber nicht, ob er einen tatsächlich verstanden hat. Sie sind Psychologe?“ Er schien Dr. Ohio zum ersten Mal richtig wahrzunehmen.
    Dr. Ohio nickte und konnte es sich nicht verkneifen, daran zu denken, wie sich der Optiker in Gedanken die Lippen leckte. Einen Psychologen hatte er schon lange nicht mehr zum Abendessen. Genervt von der Vorstellung, die schon in eine fixe Idee überzugehen begann, verdrehte er die Augen. Murnach war allerdings zu sehr mit sich selbst beschäftigt, um es zu bemerken.
    „Ach Gott, ach Gott. Warum habe ich mir nur eingebildet, er verstünde, was  ich  sage?”, rief er verzweifelt.
    „Nun, nun“, versuchte Dr. Laudtner, ihn zu beruhigen, als die Tür

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