Dr. Ohio und der zweite Erbe
aufging und die Kommissarin und ihr Assistent aus dem Zimmer kamen.
„Dr. Laudtner“, sagte sie.
„Ja“, sagte der Anwalt schnell und trat auf sie zu. „Wie geht es meinem Mandanten? Kann ich ihn sehen?“
„Ob Herr Schmidt Ihr Mandant ist, muss sich ja erst noch klären“, sagte die Kommissarin und warf Dr. Ohio und Erika einen Blick zu. „Und wer sind Sie?“
„Das sind Dr. Ohio und seine Assistentin. Dr. Ohio ist Leitender Psychologe im Sanatorium von Manstorff drüben in Waldenbuch“, beeilte sich Dr. Laudtner zu sagen.
„Guten Tag“, sagte Dr. Ohio. „Ich bin hier als Testamentsverwalter von Carl Höpfner, der vermutlich der Onkel von Herrn Schmidt war. Ich würde gerne ein paar Worte mit ihm reden, wenn das möglich ist.“
Die Kommissarin überlegte und zuckte dann mit den Schultern.
„Unser Psychologe ist gerade bei ihm. Herausbekommen haben wir bis jetzt aber gar nichts. Er sagt einfach nichts. Ich glaube, er kann gar nichts sagen. Micha?“ Sie wandte sich an ihren Assistenten. „Geh doch mal rein und frag den Doktor, ob es okay ist, wenn Dr. ...?“ Sie sah Ohio fragend an.
„Ohio“, sagt er.
„Wenn Dr. Ohio reinkommt. Er ist ebenfalls Psychologe und der Testamentsverwalter.“
Spinnengleich sprang jetzt Herr Murnach hinzu.
„Er redet ja kaum. So gut wie gar nicht. Und schon gar nicht, wenn er aufgeregt ist!“, rief er und fuchtelte mit seinen dünnen Fingern.
„Sie kommen mit mir“, sagte die Kommissarin, ohne sich um Murnachs Worte weiter zu kümmern, packte ihn resolut am Arm und zog ihn mit sich in ein anderes Zimmer. Murnach warf noch einen flehentlichen Blick zurück zu Dr. Laudtner, aber der ignorierte ihn geflissentlich.
Wer wird aus dieser Schlacht wohl als Sieger hervorgehen, dachte Ohio, sah den beiden nach und verbat sich weitere Assoziationen.
Der Assistent kam wieder heraus und nickte Dr. Ohio zu.
„Sie können rein“, sagte er und ging dann seiner Chefin und Murnach hinterher.
Dr. Ohio betrat den kahlen, kleinen Raum. An der Wand hingen ein Waschbecken und ein Spiegel. Der Psychologe, ein kräftiger, untersetzter Mann mit einem akkurat geschnittenen Vollbart und goldener Lesebrille, und Schmidt saßen an einem großen Tisch, um den mehrere Plastikstühle standen. Schmidt saß mit dem Rücken zur Tür. Dr. Ohio blieb einen Augenblick stehen und betrachtete seinen runden Rücken und die verwuschelten, vollen, schwarzen Haare.
„Guten Tag. Ich bin Dr. Ohio“, sagte er dann. Schmidt rührte sich nicht. Er erwartete aus Richtung der Tür offensichtlich nichts Gutes mehr. Der Psychologe musterte Ohio und nickte ihm zu.
„Dr. Rainer“, sagte er und: „Dr. Ohio, setzen Sie sich doch.“ Er deutete auf einen der freien Stühle. Dr. Ohio setzte sich und sah Schmidt zum ersten Mal ins Gesicht.
Schmidt war klein und schmächtig, sein Gesicht wirkte aufgedunsen. Es war wie von innen ein bisschen aufgepumpt, unbeteiligt, wie kleine, schwarze Murmeln seine Augen. Den Mund hatte er zusammengepresst, sah nach unten und seinem Finger zu, der dort immer auf die gleiche Weise auf die Tischplatte tippte. Auf seiner Nase saß eine Brille, die derjenigen ähnlich sah, die Ohio schon auf dem Foto von Höpfner gesehen hatte.
Hm, dachte Ohio. Das ist er also. Der Erbe. Jetzt war klar, warum Dr. Laudtner so guter Dinge war. Er sah ihn und Wieri schon feixen. Und er wusste schon jetzt, dass es nicht leicht sein würde, aus Karl Schmidt überhaupt etwas herauszubekommen.
„Hat er etwas gesagt?“, fragte er Dr. Rainer.
Dr. Rainer schüttelte den Kopf.
„Na ja“, sagte er. „Das Übliche. Guten Tag hat er gesagt, aber ich kann Ihnen nicht sagen, ob es lediglich eine Wiederholung meines Grußes war oder ob er mich verstanden hat. In dieser Art hat er ein paar Dinge gesagt, aber das muss, wie Sie wahrscheinlich wissen, nichts bedeuten.“
Dr. Ohio nickte.
„Guten Tag“, sagte er. Schmidt tippte weiter mit dem Finger auf den Tisch.
„Guten Tag, Karl“, sagte Dr. Ohio lauter.
„Guten Tag, Karl“, sagte Schmidt und warf einen mausschnellen Blick aus seinen Murmelaugen auf Dr. Ohio. Der seufzte.
„Tja, was soll ich sagen. Wenn er auch eigenständig etwas sagen kann, dann sicher nicht hier und heute. Was meinen Sie?“
„Da bin ich ganz sicher. Wir werden ihn in ein Heim bringen lassen. Ich glaube nicht, dass Murnach heute Abend wieder zu Hause sein wird.“ Dr. Rainer hob vielsagend die Brauen. Dr. Ohio überlegte nicht lange.
„Ist es nicht möglich, dass
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