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Dr. Ohio und der zweite Erbe

Dr. Ohio und der zweite Erbe

Titel: Dr. Ohio und der zweite Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Stichler
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Wohnwagen.
    „Sie haben was verpasst, Doktor“, sagte Erika. „Der Garten der Villa ist wirklich wunderschön.“
    „Gab es denn überhaupt noch genug Licht?“, fragte Ohio. Es sollte beiläufig und wie ein vernünftiger Einwand klingen, aber seine Stimme kam ihm etwas hohl und gequetscht vor. Erika schien es nicht zu bemerken.
    „Am Anfang schon“, sagte sie vergnügt. „Dann ist es tatsächlich zu dunkel geworden. Aber Boris kennt sich ja ganz gut aus hier und wir haben den Weg zurück leicht wiedergefunden.“
    „Mhm.“
    Erika setzte sich neben ihn und legte kurz ihre Hand auf seinen Arm. Er empfand es fast wie einen elektrischen Schlag und zuckte zusammen.
    „Ich glaube, er hat sich entschieden“, flüsterte sie mit einem Nicken zum Wohnwagen hin. „Mal sehen, aber ich habe so ein Gefühl ...“
    Fast hätte Dr. Ohio den Zweck ihres Hierseins ganz vergessen. Es war natürlich richtig, ohne eine Entscheidung von Boris konnten sie heute eigentlich nicht gehen. Allerspätestens morgen, wenn er wieder zur Arbeit fahren würde, müsste er erklären, wie es denn nun weitergehen sollte. Erika schien das Problem keine Sekunde aus den Augen verloren zu haben. Ohio beschloss, ihr nichts von seinem Verdacht zu erzählen. Warum sollte er die anderen unnötig nervös machen? An Höpfners Tod war nichts mehr zu ändern. Darum sollte sich die Polizei kümmern, wenn sie alle wieder zurück in Tübingen waren.
    Boris kam aus dem Wohnwagen zurück, in der Hand einen großen, dicken Pullover.
    „Hier“, sagte er und hielt ihn Erika hin. Sie zog ihn über und rieb sich die Arme. Zum ersten Mal sah Ohio seine Gehülfin in einem Kleidungsstück, das ihr zu groß war. Steht ihr auch gut, dachte er.
    Sie saßen noch eine Weile und plauderten. Boris hatte Kerzen gebracht, die einen warmen Lichtkreis um den Tisch zogen. Über ihnen leuchteten aus dem nachtblauen Himmel ein paar Sterne und ganz schwach war weiter hinten am Horizont der Lichtschein von Épernay zu sehen. Die Dunkelheit um sie herum wurde immer schwärzer. Dr. Ohio wurde es wieder unbehaglich zumute. Sie saßen hier gut beleuchtet mitten in der Dunkelheit. Wenn irgendjemand die Absicht hatte, sie aus der Welt zu schaffen, dann gaben sie jetzt eine hervorragende Zielscheibe ab.
    Er drängte zum Aufbruch. Es war schon spät und sie mussten noch nach Épernay zurückkommen. Boris erbot sich, sie zu fahren, und da ihnen nichts Besseres einfiel, kletterten sie alle wieder in den kleinen Peugeot. Die Unterhaltung wollte nicht mehr so richtig in Schwung kommen und nach ein paar Kilometern verstummten sie. Boris konzentrierte sich auf die weißen Leuchtkegel seiner Scheinwerfer, die sich die Straße entlangfraßen, und horchte auf das gleichmäßige, aber ziemlich laute Geräusch seines Motors. War da nicht ein ungewöhnliches Klopfen?, dachte er.
    Dr. Ohio war schlagartig müde geworden. Er ließ sich vom Motorgeräusch einlullen und sah zum Seitenfenster hinaus, konnte aber nicht viel erkennen. Ab und zu schossen ein Zweig, ein Baum, ein paar Büsche vorbei. Wenn sie an einer Wiese vorbeikamen, wurde es etwas heller und er drückte sein Gesicht an die Scheibe, um nach oben in den Sternenhimmel sehen zu können. Dann wieder zog sich eine lange Mauer entlang der Straße. Was Erika machte, konnte man nicht so genau sehen. Sie saß auf dem Rücksitz im Dunkeln, und wenn Boris ab und zu in den Rückspiegel linste, sah es so aus, als würde sie schlafen.
    „Nun ja“, sagte Boris nach einer Weile ins Dunkel des Wagens. Er räusperte sich. Müde bewegten sich seine Mitfahrer. Dr. Ohio wandte träge den Kopf.
    „Nun ja“, sagte Boris noch einmal. „Ich habe mir die ganze Sache noch mal durch den Kopf gehen lassen ...“
    Erika setzte sich auf und rutschte nach vorne. Dr. Ohios von der Müdigkeit stumpfe Augen fanden den Weg zurück in die Wirklichkeit.
    „Und?“, fragte er, als Boris seine Pause zu lang werden ließ.
    „Also, ich habe mich entschieden, Urlaub zu nehmen und mit Ihnen nach Tübingen zu kommen. Was dann passiert, wird man ja sehen. Aber ...“
    „Gute Entscheidung“, unterbrach ihn Erika von hinten und drückte ihm die Schulter. „Das ist ... großartig.“
    „Das finde ich auch“, sagte Dr. Ohio. „Dort wird sich alles aufklären und dann können Sie immer noch sehen, wie Sie weiter vorgehen wollen.“
    „Es sind hauptsächlich zwei Dinge, die mich dazu bewegen, mit Ihnen zu fahren“, fuhr Boris unbeirrt fort. „Zum einen das, was Sie über

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