Dr. Poptlok Luktor und das Tor des Lichts (German Edition)
erregte Nymus' Wut noch stärker. Er schoss Angriffsblitz über Angriffsblitz auf die Pflanze ab. Doch nichts passierte.
„So funktioniert das nicht!“, hörte er plötzlich eine Stimme.
Nymus fuhr erschreckt zusammen und sah hoch. Poptlok stand vor ihm und musterte ihn genau.
Nicht schon wieder dieser forschende Blick, mit dem Poptlok so tief in ihn hineinschauen konnte! Nymus klemmte seinen Kopf zwischen die Knie und schlang zusätzlich seine Arme darüber, um seine Gefühle zu verstecken.
Aber Poptlok schien schon alles zu wissen. „Wenn du innerlich so aufgewühlt bist, kannst du keinen der großen Zauber ausführen. Dazu braucht es eine gewisse Ruhe und Gelassenheit. - Komm! Ich hab' was zum Mittagessen mitgebracht. Wir laufen los und machen irgendwo ein Picknick. Das Wetter hat ja endlich umgeschlagen und die Sonne hat bereits die Pfade getrocknet.“
Er gab Nymus, der wieder aufsah, die Hand und zog ihn hoch. „Im Dauerlauf“, rief er und setzte sich mit leichten, federnden Schritten in Bewegung. Nymus folgte ihm.
Nachdem Poptlok, den Rucksack über der Schulter, einmal den Burgfried umrundet hatte, führte er Nymus durch das Tor, über den schäumenden Gebirgsbach in der Tiefe, den Weg abwärts und bei der Abzweigung links auf den Pfad zum Bach. Die Wassermassen tosten. Sie drohten, die schwar zen Felsbrocken, die im Bachbett Widerstand leisteten, mit in die Tiefe zu reißen.
Poptlok stoppte und ließ den schnaufenden Jungen erst mal zu Atem kommen.
„Eine Eins würde das heute nicht werden“, lachte er. Er musste fast brüllen, um den tobenden Wildbach zu übertönen. „Schau, wie das Wasser hinunter ins Tal jagt, mit welcher Kraft und Gewalt!“ Seine Augen leuchteten.
Auch Nymus spürte, wie ihn die Wucht der starken Fluten berührte. Er atmete tief und wurde langsam ruhig.
Sie standen eine ganze Weile nur da und beobachteten das herrliche Schauspiel der Natur. Poptlok schien sich gar nicht vom Anblick dieser Macht losreißen zu können. Schließlich führte er Nymus ein Stück am Ufer entlang bis zu einem umgestürzten Baumstamm, dessen Äste abgesägt waren. Der streckte sich quer über den Bach.
„ Jetzt ist Schwebebalken dran!“, schrie Poptlok gegen das laute Brausen der Wassermassen an.
Er balancierte geschickt ans andere Ufer.
Nymus schluckte. Ängstlich sah er in die Fluten hinab. Sein Herz klopfte heftig. Er zwang sich, nichts anderes zu denken und zu sehen als den Stamm, oder besser gesagt den Abschnitt des Stammes, der unmittelbar vor ihm lag. Vorsichtig setzte er Fuß vor Fuß und erreichte schließlich wieder festen Boden. Er atmete auf.
„ Prima“, lobte ihn Poptlok. „Das ging ja ganz ohne Zauberei!“
Schon lief er wieder los und Nymus hinterher. Der Waldweg war schattig und dunkel. Aber bald erreichten sie eine Lichtung, die in freundliches Licht getaucht war. Poptlok steuerte auf einen toten Baumstamm zu, der noch aufrecht stand. Dessen zum Teil abgebrochene Äste stachen wie Spieße in die Luft.
„Deine gute Kondition hast du noch nicht wiedererlangt, Nymus“, grinste er, nachdem Nymus heftig keuchend beinahe über ein Grasbüschel gestolpert wäre.
„ Nach einem grippalen Infekt soll man auch drei Wochen keinen Sport machen“, hustete Nymus.
„ Du hast ja recht. Deshalb hören wir nun auch auf damit. Jetzt geht es darum, alle Gedanken und Gefühle der Wut, des Zorns, der Traurigkeit, der Angst loszulassen und den Angriffszauber aus einer Position der inneren Ruhe auszuführen.“ Poptlok stellte sich mit leicht gegrätschten Beinen auf und ging etwas in die Knie, so dass er einen stabilen Stand einnahm. „Nichts und niemand sollte dich umwerfen können. Und das meine ich in jeder Hinsicht.“ Dann schloss er für einen Moment die Augen. Als er sie wieder öffnete, schleuderte er einen Angriffsblitz auf einen Ast des abgestorbenen Baumes. Der Ast brach mit einem lauten Krachen und stürzte in das hohe Gras.
„ Jetzt du!“, forderte Poptlok Nymus auf.
Als der glaubte, einen guten Stand gefunden zu haben, stieß ihn Poptlok von der Seite her an, so dass Nymus beinahe stürzte.
„Du bist zu instabil“, stellte Poptlok fest. „Das Äußere wirkt auf das Innere und das Innere auf das Äußere.“
„ Was soll das heißen?“, fragte Nymus unsicher.
„ Findest du keinen festen Stand, kann das dein Gemüt in Unruhe versetzen. Und ist umgekehrt dein Gemüt aufgewühlt, weigert sich dein Körper, dir einen festen Stand zu geben“, erklärte
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