Dr. Poptlok Luktor und das Tor des Lichts (German Edition)
weiß!“
Tarmak begleitete seinen Sohn noch bis zum Brunnen und sah ihm bedrückt nach, als der sich hinabschweben ließ.
Wie mit Poptlok und Zawarima besprochen, tauchte Nymus im Garten der Praxis auf, in der Zawarima arbeitete, sprach den Nicht-Denken-an-Zauber und eilte ins Haus, die Treppe hoch, wo er den Zauber wieder löste. Oben erwarteten ihn Herzelind und Lacrima, die ihn herzlich begrüßten und sich mit ihm – wieder unter dem Schutz des Nicht-Denken-an-Zaubers – zum nicht weit entfernten Friedhof begaben. Zawarima wollte wenig später folgen. Man sollte sie nicht zusammen mit Nymus sehen.
Sobald sie das Friedhofstor passiert hatten, lösten die drei den Zauber.
Es waren bereits einige Zauberer und Hexen gekommen, sogar etliche vom Magierkreis Mitte-West. Sie hatten sich vor der Aussegnungshalle versammelt.
„ Dein Vater hat früher zu diesem Magierkreis gehört“, informierte ihn Herzelind. „Sie sind ehemalige Freunde und Kameraden von ihm.“
Nymus war gerührt, dass sie noch an seinen Vater dachten. Seine Augen suchten, als sie auch die Aussegnungshalle erreichten, seine Mutter. Aber die war nicht zu sehen. Er musste viele Hände schütteln und wurde den fremden Personen als Tarmaks Sohn vorgestellt. Endlich konnte er in die Halle hineingehen. Lacrima begleitete ihn. Zwischen Blumen stand ein heller Sarg, dessen Deckel noch geöffnet war. Dann entdeckte er links in der vordersten Stuhlreihe seine Mutter und Professor Rodubert, die leise miteinander sprachen.
Gerne wäre er auf seine Mutter zugerannt, um sie zu umarmen. Er hatte sie schon so lange nicht mehr gesehen! Aber in dieser Atmosphäre fühlte er sich gehemmt. Er verharrte wie angewurzelt an der Tür und starrte auf seine Mutter. Die war tatsächlich dünner geworden. Das schwarze Kostüm stand ihr nicht; es machte sie streng und unnahbar.
Lacrima war zum Sarg gegangen und warf nun einen Blick hinein, um sich dann ehrfürchtig von dem Verstorbenen zu verabschieden. Rodubert und Nymus' Mutter erhoben sich und schüttelten ihr die Hand. Offenbar redeten sie dann über Nymus, denn die Mutter wandte sich unvermittelt zur Tür. Als sie ihren Sohn sah, lächelte sie, eilte zu ihm her und schloss ihn in ihre Arme.
„Nymus, ich hab' dich so vermisst“, schluchzte sie.
„ Ich dich auch, Mutti.“ Nymus drückte sie fest.
„ Lass dich anschauen!“, sagte Cordelia nach einer Weile und trat einen Schritt zurück. „Du bist ziemlich gewachsen. Hast du deshalb die schwarze Jacke nicht angezogen? Die dürfte dir inzwischen viel zu klein sein. Auch dein Gesicht hat sich verändert. Es ist nicht nur schmaler und ernster geworden, sondern hat alles Kindliche verloren. Du siehst deinem Vater immer ähnlicher. Möchtest du einen Blick auf seinen Leichnam werfen?“
Darauf war Nymus vorbereitet. Zawarima hatte ihm geraten, das nicht zu tun, da das Abbild von Tarmak ihn mit Sicherheit durcheinander bringen würde. Deshalb sagte Nymus kopfschüttelnd: „Ich habe ihn im Traum gesehen. Ich weiß wie er aussieht. Ich möchte dieses Bild bewahren.“
„Wie du willst.“ Cordelia akzeptierte seine Ablehnung.
Als er sie nach ihrem Befinden fragte, antwortete sie: „Es fällt mir sehr schwer, seinen Tod anzu nehmen. Ich kann auch nicht recht um ihn trauern, weil sich dazwischen immer die Sorge um dich mischt und die Verzweiflung darüber, dass du dich versteckt halten musst, weil die Gefahr für dich noch immer nicht vorbei ist. Oft zweifle ich daran, dass wir jemals wieder ein normales Leben ohne ständige Furcht führen können.“
„ Aber Mutti, wir haben noch nie ein normales Leben geführt! Oder findest du es normal, dass du dich heimlich mit deinem Freund treffen musstest? Er hat es mir verraten, dass ihr das getan habt. Und findest du es normal, wenn der Sohn weiß, dass seine Mutter seinen Vater liebt, sie aber jede Frage über ihn abwürgt? Ein normales Leben? Mit diesem drückenden Geheimnis? Nein!“
Cordelia schluckte. „Wahrscheinlich hattest du wirklich eine schwere Kindheit.“
„Aber das will ich damit doch gar nicht sagen!“, rief Nymus. „So wie es war, war es eben. Du hast ja versucht, das Beste daraus zu machen. Ich verstehe dich ja jetzt auch. Aber unser Leben war eben nicht normal. Was erwartest du also?“
„ Ich erwarte, dass ich mir um dich nicht dieselben Sorgen machen muss, nicht dieselbe Angst um dich ausstehen muss wie um Tarmak.“ Sie tupfte sich mit ihrem Taschentuch die Tränen aus den Augen. „Seit
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