Dr. Poptlok Luktor und die Farben des Glücks (German Edition)
wirklich seine Tochter sei. Er schüttelte den Kopf. „Auf keinen Fall! Wir sollten das rahmen. Das würde wunderbar ins Wohnzimmer über das Sofa passen.“
„Moment“, sagte Jakob entschieden und keinen Widerspruch duldend. „Ich will da noch was dran machen.“
Er rollte es rasch zusammen und trug es zurück in sein Zimmer, wo er es wieder unter dem Schrank versteckte.
Er setzte sich auf sein Bett und dachte über das Streitgespräch mit Regine nach. Er war sich auf einmal unsicher, ob seine Gefühle dem Zauberer gegenüber richtig gewesen waren. Er hatte ihn heute Nachmittag so nett und herzlich gefunden, dass es ihn beinahe verletzt hatte, als Regine den Magier so heftig abgelehnt hatte. Aber vielleicht hatte sie ja mehr Informationen über ihn. Er musste sie fragen. Gleichzeitig spürte er, dass er gerne an die Unschuld und Gutherzigkeit des Zauberers glauben wollte. Er mochte ihn.
In der Küche hörte er seine Eltern mit Regine sprechen. Er stöhnte, als er vernahm, wie Regine weinte. Natürlich hatte sie den Eltern nicht sagen wollen, warum sie auf sein Bild so reagiert hatte. Und die Eltern machten ihr nun Vorhaltungen. Wie konnte er ihr bloß helfen?
Da hatte er eine Idee. Er wollte einfach so tun, als wäre alles in bester Ordnung. Den Streit zwischen Regine und den Eltern hatte er ja eigentlich nicht mitbekommen. Deshalb rief er betont fröhlich in Richtung Küche: „Regine! Kommst du mal! Ich muss dir was ganz Tolles zeigen!“
Es wurde still in der Küche. Eine Weile passierte gar nichts. War Jakobs Plan aufgegangen? Sein Herz klopfte schnell. Endlich kam Regine heraus, mit hochrotem Gesicht.
„Komm schnell rein!“, flüsterte Jakob ihr zu.
Als sie in seinem Zimmer war, fragte er: „Hast du's den Eltern gesagt?“
„Was?“ Sie kramte ein nicht mehr ganz sauberes Tuch aus der Hosentasche und schneuzte.
„Warum du wolltest, dass ich das Bild wegschmeiße.“
„Natürlich nicht!“
„Du hast dich von ihnen lieber zusammenscheißen lassen?“
Sie zuckte mit den Schultern. „Was man nicht alles auf sich nehmen muss, um ein Geheimnis zu wahren“, seufzte sie.
„Mich hätten die Eltern genauso geschimpft, wenn es umgekehrt gewesen wäre“, wollte Jakob sie trösten.
„Ich weiß.“
Jakob atmete auf. Er hatte schon Angst gehabt, dass sie glaubte, die Eltern würden nur ihn verteidigen.
„Hör zu!“ Regine war wieder gefasst. „Dass wir in unsere Bilder gehen können, bleibt unser Geheimnis. Ich kann mich doch darauf verlassen, dass du nichts verrätst? Auch nicht, wenn mich die Eltern wieder so ausschimpfen?“
„In Ordnung. Absolutes Stillschweigen!“ Dann äußerte er den Gedanken, der ihn vorhin so beunruhigt hatte: „Regine, du hast doch mein Bild sehr genau und sehr aufmerksam angeschaut. Und Papa hat das auch gemacht. Trotzdem seid ihr nicht hineingesaugt worden. Ist dir das aufgefallen?“
„Stimmt“, wunderte sich nun auch Regine. „Gestern ging das ruck-zuck.“
„Bei deinem Bild.“
„Wie meinst du das? Ach, du glaubst, man kann nur in sein eigenes Bild eintauchen?“
„Anders kann ich mir nicht erklären, dass ihr beide draußen geblieben seid“, bestätigte Jakob.
„Da kann was dran sein. Wir sollten es ausprobieren. Lass mich doch das Gemälde nochmal sehen. Ich will versuchen, unten am Bach hineinzusteigen. Ich komme auch sofort wieder heraus!“
Doch in dem Moment rief die Mutter: „Regine, kommst du? Ich leg' das Kleid, das du heute Abend anziehst, aufs Bett .“
Regine schnaufte ärgerlich. „Dann probieren wir es eben morgen.“
Die Mutter klopfte kurz und trat ein. „Jakob, dir geb' ich auch die Kleider für heute Abend.“ Sie musterte ihre Kinder. „Alles in Ordnung mit euch?“
Sie war anscheinend froh, dass die beiden sich „wieder“ verstanden. Schließlich war sie ja überzeugt gewesen, dass es Streit zwischen ihnen gegeben hatte.
„Natürlich ist alles in Ordnung!“ Jakob schaute sie kopfschüttelnd an, als wollte er hinzufü-
gen: „Wie konntest du überhaupt daran zweifeln?“
Mutter lächelte und ging an den Schrank. Sie holte seine beste Hose hervor und ein helles Hemd, dazu eine dunkle, gewalkte Jacke. Regine verzog sich.
„Du hättest sie nicht schimpfen dürfen“, tadelte Jakob seine Mutter.
„Ihr dürft nicht so über das sprechen, was der oder die andere gemacht hat!“, erwiderte die in bestimmtem Ton. „Denn das ist ein Zeichen von Respektlosigkeit.“
„Du hast aber gar nicht alles mitbekommen!
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