Dr. Poptlok Luktor und die Farben des Glücks (German Edition)
offenbar nicht, dass dessen Glatze blau war. Womöglich war diese Tatsache der entscheidende Hinweis auf seine Zugehörigkeit zu den Schwarzmagiern.
Deshalb kniete sie sich nun vor ihr eigenes Bild. Einen Augenblick später stand sie auf dem Wald weg und hörte die Vögel singen.
„Solvo“, sprach sie das Wort aus und war schon wieder in Jakobs Zimmer.
„Es funktioniert noch“, rief sie erleichtert. „He, Jakob! Wo bist du denn?“
„Hier!“ Jakob lachte. Auch er war gerade in sein Bild hineingeschlüpft und wieder herausgetreten.
„Es ist also so, wie wir vermutet haben“, fasste Regine das Ergebnis zusammen. „Man kann in sein eigenes Gemälde hineingehen, doch nicht in ein fremdes.“
„Dann wäre es also gar nicht so schlimm, wenn die Eltern unsere Bilder aufhängen würden“, meinte Jakob. „Wir dürfen dann halt nicht hinschauen. - Haben sie deins eigentlich schon gesehen?“
Regine schüttelte den Kopf. „Als mich Mutter vorgestern gesucht hat, hat sie wohl nur kurz ins Zimmer geschaut. Da ist ihr mein Bild auf dem Schreibtisch nicht aufgefallen. Zumindest nicht als etwas Besonderes. Vielleicht hat sie gedacht, das gehört zu meiner Hausaufgabe, die ich abgeben muss.“ Sie wechselte das Thema: „Du Jakob, was hast du mit deinem Bild eigentlich vor? Willst du nochmal reingehen?“
Jakob zuckte mit den Schultern. „Die Landschaft ist sehr schön. Ich hätte richtig Lust, an dem Bach entlang zu wandern und zu klettern. Auch hab' ich den Zauberer nett gefunden. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er böse ist. Aber wenn es da drin wirklich gefährlich ist, geh' ich da natürlich nicht mehr hin.“
Hierauf erzählte ihm Regine, was die Hexe über Poptlok gesagt hatte. Sie erwähnte die blaue Glatze als mögliches Kennzeichen für seine Zugehörigkeit zu den Schwarzmagiern, sprach von seinem Mantel und von seiner Doktorarbeit und vergaß auch nicht, von der Trennung seiner Eltern zu berichten, weil sein Vater Schwarzmagier geworden sei. Sie betonte, dass Poptlok bei diesem Vater geblieben sei. Allerdings sei der Vater inzwischen tot.
Diese Ausführungen brachten Jakob ziemlich durcheinander. Sie passten überhaupt nicht zu dem Bild, das er sich von Poptlok gemacht hatte.
Als die Familie gemütlich beim Frühstück saß, klingelte das Telefon. Karli war dran.
Seine Stimme klang enttäuscht und ein bisschen ärgerlich, als er mit Regine sprach: „Du, Regine, ich kann heute Nachmittag nicht kommen. Meine Mutter hat einen Wochenendaufenthalt in einem dieser doofen Wellness-Hotels gebucht. Denn mein Vater soll ja nicht auf die Idee kommen, am Wochenende von zu Hause aus zu arbeiten. Sie sagt, er brauche die Erholung, und uns könne sie auch nicht schaden. Wir fahren in einer halben Stunde.“
„Ach Mensch! So was Blödes!“, entfuhr es Regine. „Es wäre so wichtig gewesen zur äh, du weißt schon, zu gehen.“
„Können wir das nicht bis Montag verschieben? Oder du gehst eben allein“, suchte Karli nach einer Lösung.
„Ich weiß noch nicht.“ Regine senkte die Stimme. „Mein Bruder war bei dem Zauberer. Wie heißt der nochmal? Irgendwas mit 'P'?“
„Poptlok Luktor? Wirklich? Ist er gut von ihm zurückgekommen?“
„Ja. Und er findet ihn sympathisch.“
„Dann pass mal gut auf dein Bruderherz auf!“, riet Karli. „Ich versuche, schon am Montagmorgen zu dir zu kommen. Ist das recht?“
„Ja, ich warte auf dich. Mach's gut und viel Spaß!“
„Den hab' ich garantiert nicht. Tschüs.“ Karli legte auf.
Regine kehrte zurück in die Küche. „Karli muss übers Wochenende mit seinen Eltern wegfahren. Ich kann mich also nicht mit ihm treffen.“
„Was hast du jetzt vor?“, fragte der Vater. „Möchtest du mit in die Stadt? Wir gehen einkaufen.“
„Nein. Ich schau' mal in den Auwald, an den Tümpel. Ich möchte gern Laich holen.“
„Und du? Was machst du, Jakob?“, wollte der Vater wissen. „Begleitest du Regine?“
„Nein. Ich bin mit Klassenkameraden verabredet. Wir wollen in der Neubausiedlung mit den Inline-Skatern fahren. Die haben da einen ganz tollen Garagenhof, wo es super geht.“
Regine schaute ihren Bruder erleichtert an. Der fing ihren Blick auf und wusste sofort, was sie dachte. Stimmt, wenn er nicht da war, konnte er auch nicht in sein Bild schlüpfen. Sie traute ihm noch nicht. Sie war sich nicht sicher, ob sie ihn vorhin von Poptloks Schlechtigkeit überzeugt hatte. Er wollte deshalb, bevor er das Haus verließ, noch sein Gemälde anderswo
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