Dr. Poptlok Luktor und die Farben des Glücks (German Edition)
Sonnenlicht.
Frau Kux atmete tief. „Weißt du, was du da gefunden hast, Regine?“ Sie flüsterte fast, als sie weitersprach. „Das ist ein schwarzer Turmalin, ein mächtiger Schutzstein. Du musst ihn voller Hochachtung verwenden.“
Regine starrte sie aus großen Augen staunend an. „Ein Schutzstein?“
Frau Kux nickte. „Er hat gewaltige Kräfte, die seinen Besitzer vor bösen Mächten bewahren, vor bösen Wesen, vor bösen Menschen und ihren bösen Machenschaften, vor bösen Gedanken“, fügte sie ehrfurchtsvoll hinzu, wobei ihre Stimme einen dunklen Klang angenommen hatte.
Scheu blickte Regine auf den Stein. Ihre Hand, auf der er lag, begann leicht zu zittern. „Wie der wohl auf den Baumstamm am Tümpel gekommen ist? Könnte ihn die erste Schneeschmelze von weit her mitgebracht haben? Der Platz dort wird ja manchmal vom Fluss überschwemmt.“
Frau Kux wiegte den Kopf. „Möglicherweise ist er angeschwemmt worden. Aber sein Ursprung liegt nicht in unserem Bergland. Denn unter den europäischen Steinen gibt es keine Turmaline.“
„In welchem Land gibt es denn welche?“
„Zum Beispiel in Namibia. Das ist weit weg von hier, in Afrika“, wusste Frau Kux.
„Das ist dann aber schon komisch!“, wunderte sich Regine. Wieder so ein Geheimnis: Zuerst der Farbkasten und jetzt der Stein!
Zu Hause stellte Regine den Turmalin so in ihr Regal, dass ein Besucher ihn nicht gleich bemerkte, wenn er ihr Zimmer betrat, sie ihn aber von ihrem Bett aus gut betrachten konnte.
Danach lief sie in den Garten zum Holzbottich, in dem die Wasserlilien schon zu sprießen begannen. Vorsichtig füllte sie den Laich hinein.
„Viel Glück beim Wachsen“, sagte sie zu den Eiern. „Ich hoffe, bald viele von euch als Kaul quappen und dann als Frösche zu sehen. - Ach ja, und ihr!“ Sie holte den Vergrößerungs becher und schaute durch den Deckel. „Man kann euch tatsächlich deutlicher sehen.“
Aber eigentlich nahm sie die runden Eier mit ihren schwarzen Punkten in der Mitte gar nicht wirk lich wahr. Der funkelnde Turmalin schob sich in ihrem Gehirn an die erste Stelle und ver drängte alle anderen Gedanken.
Schließlich schüttete sie auch diese Eier in den Bottich und kehrte in ihr Zimmer zurück. Sie ließ sich auf ihr Bett fallen und heftete ihre Augen auf den schwarzglänzenden Stein.
Sie sinnierte, wovor sie am meisten Schutz brauchte. Sie dachte an den Straßenverkehr. Aber eigentlich fürchtete sie sich nicht, wenn sie unterwegs war. Auch vor bösen Menschen hatte sie keine Angst. Sie kannte jedenfalls keine üblen Zeitgenossen. Ebenso empfand sie die Sorge nicht, dass sie in einem See ertrinken oder von einem Berg abstürzen könnte. Wenn sie es sich so recht überlegte, fühlte sie sich ziemlich sicher in ihrem Leben. Wie war das bei Jakob, bei ihrer Mutter, bei ihrem Vater? Die erweckten nicht den Eindruck, dass sie einen besonderen Schutz bräuchten. Oder doch? Sie dachte an ihre Angst um Jakob. In ihrem Traum hatte sie um ihn gebibbert und jetzt ging ihr ihr Aufsatz noch immer durch den Kopf, in dem Jakob in großer Gefahr schwebte. Auch bangte sie um ihn, weil sie befürchtete, er könnte nochmal in sein Bild schlüpfen und diesem Schwarzmagier Poptlok Luktor begegnen. Was würde der dann mit ihm machen? Der war doch auch hinter Zawarima her? Also gab es noch eine weitere Person, die beschützt werden musste. Sie wollte sich gar nicht vorstellen, welchen Gefahren Zawarima ausgesetzt war. Wem von den beiden sollte sie nun den Schutzstein geben? Im Grunde brauchten ihn beide!
Während sie noch überlegte, riefen die Eltern, die vom Einkaufen zurück waren, nach ihr.
„Regine! Wie wär's mit einer Fahrradtour? Das Wetter ist so herrlich geworden! Es gibt kein Wölkchen am Himmel, und die Sonne schenkt uns großzügig ihr Vitamin D. Komm, lass es uns annehmen!“
Ihr Vater liebte es, mit seinen Kindern kleinere oder größere Fahrradwanderungen zu unternehmen. Oft, aber nicht immer, kam auch Mutter mit. In gleicher Weise genoss es Regine, an der Seite ihres Vaters zu fahren. Er strahlte so viel Kraft und Freude aus und führte seine Kinder an die reizvolls ten und spannendsten Plätze. Besonders lustig war es, wenn sie ihre Räder an einem Bach abstellten und miteinander Dämme bauten oder im Wald eine Waldhütte. Manchmal radelten sie auch zu einem Abenteuerspielplatz, wo Vater und gelegentlich auch Mutter mitspielten.
„Ich komme gleich!“, rief sie zurück. Eine Radtour wollte sie sich nicht
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