Dr. Poptlok Luktor und die Farben des Glücks (German Edition)
diesem Bild keine Gefahr erwartete. „Kann ich meinen Farbkasten wieder mitnehmen oder brauchst du ihn noch?“
„Ich brauch' ihn nicht mehr. Vielleicht ein anderes Mal nochmal.“
Es war schon spät, und Regine ging mit einem „Gute Nacht“ in ihr eigenes Zimmer, wobei sie den Farbkasten vorsichtig in beiden Händen trug.
Jakob zeigte auch noch den Eltern, was er aufs Papier bekommen hatte. Die sprachen was von moderner Kunst und waren von seiner Farbzusammenstellung recht angetan, wenngleich sie sie etwas traurig und trübe fanden. Sie redeten noch eine Weile, dann wünschte auch Jakob eine gute Nacht und begab sich in sein Zimmer.
Hätte Regine nebenan geahnt, dass Jakob soeben im Begriff war, abermals beim Zauberer aufzu tauchen, hätte sie nicht gezögert, ihm den Stein in die Hand zu drücken. Stattdessen wälzte sie sich unruhig im ihrem Bett und dachte angestrengt darüber nach, wer von den beiden den Schutzstein mehr brauchte, Jakob oder Zawarima.
Jakob wollte kein Licht machen. Sonst würden die Eltern nachher hereinkommen, um es auszu knipsen. Dabei würden sie sein Fehlen bemerken. Aber ohne Licht konnte er sein Bild nicht an schauen. Da hatte er die Idee, dass er sein Feuerzeug benutzen konnte. Es müsste reichen, beim Schein einer kurz aufleuchtenden Flamme in das Bild einzudringen.
Es funktionierte tatsächlich. Wieder stand er vor der Mauer und starrte auf den Mauerstein. Doch jetzt wandte er sich schnell um und lief gleich zu Poptlok an den Tisch.
Der Zauberer erwartete ihn schon. Als sich Jakob setzte, schenkte Poptlok ihm aus einem Tonkrug frisch gepressten Orangensaft in einen Tonbecher.
Dann sagte er: „Danke, dass du nochmal gekommen bist. Ich habe schon befürchtet, dass dich deine Schwester mit ihrer Angst vor mir angesteckt haben könnte.“
„Hat sie auch“, gab Jakob zu. „Als ich vorhin hier aufgetaucht bin, hatte ich wirklich Angst vor dir.“
„Und jetzt nicht mehr?“ Poptlok richtete seinen Blick forschend auf Jakob, als wolle er die Antwort schon aus dessen Augen lesen.
Der schüttelte den Kopf. „Sie weiß was Schlimmes über dich. Aber das muss ja nicht richtig sein.“
„Sag mal“, begann Poptlok, „woher hast du eigentlich gewusst, dass ich Donnerstagabend in Zawarima Marzas Wald war? Ich hab' dich gestern gar nicht danach gefragt. Ich fürchte, da gibt es einen Zusammenhang zwischen dem, was im Wald geschehen ist, und der Angst.“
„Meine Schwester und ihr Freund Karli haben ein Bild gemalt. Da ist eine Hexe drauf, im Hinter grund das Hexenhaus, und auch du bist drauf. Du sitzt auf einem Ast. Aber ich war natürlich nicht im Bild. Ich hab's ja nicht mitgemalt. Ich konnte es nur anschauen“, erzählte Jakob.
„Das heißt also, deine Schwester und dieser Karli waren im Bild und haben die Hexe besucht. Und mich haben sie auch gesehen?“
„Genau“, bestätigte Jakob. „Na ja, und du hast gestern selbst gesagt, dass dieser Abend für dich nicht gut gelaufen ist.“
Der Zauberer nickte. „Dann haben also die Hexe, deine Schwester und Karli über mich ge sprochen?“
„Anscheinend.“ Jakob berichtete ihm, was seine Schwester heute Morgen über den Zauberer gesagt hatte.
Poptlok schwieg eine ganze Weile. Dann zog er sein Taschentuch hervor und schneuzte matt. Er kehrte sich von Jakob ab.
„Ich hab' dir jetzt was furchtbar Trauriges gesagt, nicht wahr?“, flüsterte Jakob scheu.
Poptlok putzte sich nochmal die Nase. „Ja, Jakob. Ich hatte gehofft, dass wenigstens Zawarima diese dummen Verdächtigungen für Blödsinn hält und sie nicht auch noch selbst weiter verbreitet.“ Er wandte sich dem Jungen wieder zu. „Ich habe dir erzählt, warum meine Glatze blau ist. Glaubst du mir? Oder glaubst du auch, dass sie ein Zeichen dafür ist, dass ich zu den Schwarzmagiern gehöre?“
„Ich glaube nicht, dass du ein Schwarzmagier bist. Sonst wäre ich ja jetzt nicht mehr gekommen.“
„Danke.“ Poptlok seufzte. „Tja, und die Geschichte meiner Eltern wird mir wohl immer anhaften.“
„Erzählst du sie mir?“, bat Jakob.
Der Zauberer sah ihn bekümmert an, wobei die Falten, die von der Nase an den Mundwinkeln in einem Bogen vorbei nach unten führten, sich zu vertiefen schienen. Er begann: „Wir waren eigent lich eine recht harmonische Familie. Ich mochte meinen Vater. Ich war das einzige Kind und er war stolz auf mich. Er nahm mich überallhin mit und zeigte und erklärte mir alles, was ich wissen wollte. Meine Mutter war eine liebevolle,
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