Dr. Poptlok Luktor und die Farben des Glücks (German Edition)
nicht anfassen. Er würde deine Hände verbrennen. Das ist ein weiterer Beweis. Ich werde in nächster Zeit allen Magiern, die ich treffe, erzählen, dass du einen solchen Stein besitzt.“
„Das ist nett von dir. Möglicherweise hilft es ja, dass sie ihre Meinung über mich ändern.“
Zawarima strich sich die Haarsträhnen, die ihr ins Gesicht gefallen waren, hinter die Ohren. „Ich möchte gern deinen Stein auch beschwören. Aber so gut wie du werde ich es wohl nicht können.“
„Du machst das schon“, war Poptlok sicher.
Zawarima ergriff seinen Stein. Sie blieb am Fenster und blickte in die Weite. Sie war so aufge wühlt, dass es ihr schwer fiel, sich zu konzentrieren. Endlich war sie soweit, dass sie den Zauber über den Stein sprechen konnte. Als sie bei dem Wort „Liebe“ ankam, spürte sie, dass sie mehr als nur Nächstenliebe für Poptlok empfand. Eine heiße Woge der Zuneigung durchdrang sie bis in die entfernteste Körperzelle. Feierlich und mit Nachdruck setzte sie die letzten Worte.
Nach einer Weile wandte sie sich zu Poptlok um und reichte ihm den Schutzstein.
„Du bist wunderbar, Zawarima!“ Die Stimme des Zauberers klang warm und weich.
Ihre Hände berührten sich und ihre Blicke tauchten durch die Augen des anderen in unergründliche Tiefen.
In der Halle der bösen Wünsche
In diesem Augenblick ertönte in der Halle der bösen Wünsche ein leises Klirren, das den Wächter Krutun aufschrecken ließ. Er hatte gerade ein Buch mit der Darstellung der schlimmsten Grau samkeiten angeregt durchgeblättert und seine Wächteraufgabe darüber fast vergessen. Ein Glück, dass sich die Wünsche selbst meldeten, wenn ihre Wirksamkeit in Gefahr geriet.
Krutun lauschte. Das Klirren erscholl aus dem Gang 39 hinten links. Er klappte das Buch lautstark zu, knallte es auf den kleinen fünfeckigen Tisch vor ihm und erhob sich schwerfällig. Er war nicht mehr der Jüngste. Gutes Essen und sein Sitzberuf hatten seinen Bauch gerundet und anwachsen lassen. Während er zum Gang 39 schlurfte, strich er nachdenklich seinen langen, grauweißen Bart, der ihm über seinen fetten Wanst bis zum Hosenbund herunterreichte.
Rechts und links der vielen Gänge, erhoben sich mehrstöckige Metallgestelle, an denen, sorgsam aufgereiht, seltsame Gebilde gleich Mobile baumelten. Gemeinsam war ihnen, dass sie alle aus dünnen Schnüren bestanden, manchmal einstrangig, manchmal mehrstrangig, auf die in ungleich mäßigen Abständen immer jeweils zwei Metallplättchen in unterschiedlichen Formen aufgefädelt waren. Auch die Färbung der Schnüre war nicht einheitlich. Vom dreckigen Braun über ekligem Kotzgrün, grauenhaftem Blutrot und schreckensvollem Grellrot bis zum giftigen Schwefelgelb war alles vertreten.
Krutuns plumpe Schritte hallten, wobei ein vorsichtiges Echo am anderen Ende des mächtigen Saales ihr dunkles Grollgeräusch zurückwarf. Endlich erreichte er die bewusste Stelle hinten links. In sein Notizbuch setzte er sorgsam Buchstabe für Buchstabe und Zahl für Zahl: „Gang 39, Nummer 47.2.“
Er besah sich sodann die Metallplättchen, die das Klirren erzeugten, indem sie aneinander schlugen. Sie hatten beide die Form eines Herzens und waren auf einem blutroten Seitenstrang, der von dem grellroten Hauptfaden abzweigte, befestigt.
„Aha“, brummte Krutun, wobei ein hässliches Grinsen über sein feistes Gesicht huschte. „Da will sich einer vom Liebesverhinderungsfluch befreien! Ich will gleich mal nachschauen, wer das ist.“
Nachdem sein dicker Zeigefinger mit dem schwarz gefärbten Fingernagel die Metallplättchen angetippt und sie so zur Ruhe gebracht hatte, wandte er sich um und schnaufte den Weg zurück. Aus dem großen, schwarzen Regal neben dem Eingangsportal entnahm er ein mächtiges, in schwarzes Leder gebundenes Buch. Er ächzte, als er es zu dem fünfeckigen Tisch schleppte und auf die Tischplatte krachen ließ.
„Gang 39, Nummer 47.2“, murmelte er, während er aufmerksam blätterte. „Da ist es!“
Er las laut: „'Nummer 47: Lacrima Luktor, geborene Kux, geschiedene Ehefrau von Wolfhard Luktor, Verweigerin der Schwarzmagie, wird mit dem Verbannungszauber belegt: Sie schafft es nie wieder, zu ihrem Mann oder ihrem Sohn Poptlok zu finden. Auch nicht zu anderen Hexen und Zauberern. An den zerstörten Kontakt zu ihrem Sohn gekoppelt ist der Liebesverhinderungsfluch 47.2: Solange Lacrima keinen Kontakt zu ihrem Sohn hat, hat der auch kein Glück in der Liebe.' - Da steht noch eine
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