Dr. Sex
und das Lachen von Frauen, zwei Stimmen, die sich an die Pointe eines Witzes schmiegten, und ich stieß die Tür auf und trat ein. »Iris ?« rief ich. »Iris, ich bin wieder da.«
Im Zimmer war es stickig und fast dunkel, und Iris saß mit einer anderen Frau auf dem Sofa. Das Radio war laut gestellt und spielte Tanzmusik. Zigarettenrauch hing in der Luft, auf dem Tisch standen Cocktails, und als ich den Koffer abstellte, sah ich, daß die andere Frau Violet Corcoran war. Sie trug Shorts und eine Bluse, die den Bauch frei ließ.
»John?« rief Iris, mit schwerer Zunge, wie mir schien, aber vielleicht bildete ich mir das nur ein. »John? Bist du das?« Sie war vom Sofa aufgestanden, barfuß, in weißen Shorts, und im nächsten Augenblick rannte sie auf mich zu und warf sich in meine Arme. »Mein Gott, ich dachte, du würdest nie zurückkommen!« Wir küßten uns hastig, gierig, und ich schmeckte den Alkohol – Gin – auf ihrer Zunge und die Hitze, die Überraschung, die Erregung. »Violet«, rief sie und drehte sich in meinem Arm um, »sieh doch, wer da ist!«
Ich weiß nicht, ob dies der rechte Augenblick dafür ist, aber ich möchte darauf hinweisen, daß meine Beziehung zu Violet Corcoran, die auf Proks Anregung an jenem Abend im Büro begann, nie mehr als lediglich befriedigend war. Wir kamen zusammen – sie hatte sich praktisch über mich gestülpt, noch bevor ich die Hosen unten hatte –, und danach gingen wir noch etwas trinken, und ich brachte sie nach Hause. Dann trafen wir uns drei- oder viermal in einem Motel außerhalb der Stadt, doch diese Begegnungen waren kühl und hölzern, und nach und nach begriffen wir beide, daß es nicht nötig war, die Sache weiterzuverfolgen. Ich mochte sie. Wirklich, ich mochte sie. Sie war authentisch und überschwenglich, und ich freute mich zu sehen, daß sie Iris Gesellschaft leistete.
»Die Heimkehr der Weitgereisten«, sagte Violet oder irgend etwas in der Art. Sie hatte sich ebenfalls erhoben und sammelte ihre Sachen ein. »Ich schätze, das heißt, ich sollte mich schleunigst auf den Weg nach Hause zu Purvis machen ... O Gott, der Babysitter! Also hallo, John, und bis bald.« Sie zwinkerte uns zu. »Ich glaube, hier störe ich nur ...«
Die Fliegentür schlug hinter ihr zu, und wir blickten Violet nach, als sie sich strammen Schritts entfernte. Ein Blitz erhellte den Raum, gefolgt von dumpfem Donnergrollen. Es dauerte einen Augenblick, bis ich merkte, daß das Radio noch an war – aus dem Lautsprecher drang statisches Rauschen, unterbrochen von drei kurzen Knisterlauten, die von Blitzeinschlägen rührten und wie ein verstümmelter Code klangen –, und dann fiel der Sender aus, und alles war still. Ich roch die Feuchtigkeit in der Luft. Es war, als hätte man einen Sumpf trockengelegt, und alles, was dort gefault war, wäre nun der Luft ausgesetzt – Fische, Molche, Schildkröten und Kaulquappen, der organische Schlamm –, als lägen die Wurzeln aller Pflanzen frei. Nichts regte sich. Das Licht war wie flüssiges Metall. Ich wandte mich zu Iris, doch sie erschien mir fremd, wie eine dunkle, schöne Fremde mit nackten Füßen und lackierten Zehennägeln, und sie starrte durch das rostige Gitter der Fliegentür hinaus. Der Augenblick dehnte sich bis zur Bruchgrenze, und ich muß zugeben, ich fühlte mich unbehaglich in meiner eigenen Wohnung, mit meiner eigenen Frau, als wäre auch ich für sie ein Fremder. Schließlich drehte sie sich zu mir um, die Hände in die Hüften gestemmt – noch ein bißchen Körpersprache –, und sagte: »Du willst sicher einen Drink, hm? Oder etwas essen. Willst du etwas essen?«
»Klar«, sagte ich. »Ein Drink wäre schön. Aber wir haben ... also, wir haben unterwegs schon was ... Du hast mir gefehlt. Wirklich. Es war ... Ich hätte nie gedacht, daß es so lange dauern würde. Das lag nur an Prok, und das weißt du.«
Ihre Augen waren feucht, nein, sie waren mehr als feucht, sie waren naß, sie flössen über. Der Wind rauschte in den Bäumen und ließ die Tür schlagen. »Ich komme mir vor wie eine Kriegsbraut«, sagte sie und ließ die Arme hängen. »Ich könnte genausogut eine sein. Und du. Du könntest genausogut Soldat sein. Auf Tarawa oder sonstwo. Du könntest genausogut tot sein.«
Ich sagte leise ihren Namen, zog sie an mich und hielt sie in den Armen. Ich hielt sie und wiegte sie, und dann kam alles aus ihr heraus. Sie weinte, sie schluchzte, und ich spürte das Anspannen und Entspannen der Gefühle in ihr, es war wie
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