Dr. Stefan Frank - Halt dich an mir fest!
dazu bringen wollte, ihm eine Vollmacht über seine Konten auszustellen. Unter dem Vorwand, dass sein Onkel, wie er ihn nannte, doch viel zu krank sei, um sich selbst um alles zu kümmern.
Doch Johannes hatte ihn nur ausgelacht.
„Denkst du, ich wüsste nicht, was du wirklich willst?“, hatte er zu ihm gesagt. „Du kannst es doch kaum noch erwarten, bis du mein Geld in deine gierigen Finger bekommst! Aber du wirst es auch dann nicht kriegen, wenn ich tot bin.“
Benno hatte das für eine leere Drohung gehalten – wer, außer ihm und seinem Bruder, sollte denn sonst das ganze Vermögen erben? Sie waren doch die einzigen beiden Verwandten, die es noch gab.
Aber nun hatte Johannes irgendwie diese angebliche Tochter aus dem Hut gezaubert. Komische Geschichte. Obwohl, sie sah dem Alten schon verdammt ähnlich. War auch recht hübsch, wenn man diesen dunklen Typ mochte. Er jedoch bevorzugte Blondinen.
Er würde Korbinian fragen müssen, ob man das Testament anfechten konnte. So leicht gab er all das schöne Geld nicht auf. Jahrelang hatte er dem Alten Honig ums Maul geschmiert, um sich einzuschmeicheln.
Auf der Beerdigung des Alten hatte er sogar den Trauernden gespielt, obwohl er am liebsten auf dem Grab getanzt hätte. Ja, da hatte er sich noch am Ziel seiner Träume gesehen. In Gedanken hatte er sich bereits ausgemalt, was er mit diesem herrlichen Vermögen alles anfangen konnte …
Tja, und nun war’s nichts mehr mit all dem schönen Geld. Bennos Blick glitt erneut zu Isabell. Lauernd betrachtete er sie. Einen besonders cleveren Eindruck machte sie nicht, so, wie sie dort saß. Sie schien nicht ein Wort von dem zu begreifen, was dieser Rechtsverdreher sagte.
Ob er sich das zunutze machen konnte? Vielleicht gab es ja doch noch eine Möglichkeit, Johannes’ Vermögen in die Finger zu bekommen. Er brauchte sich nur an diese unbedarfte Kleine heranzumachen …
Benno fühlte sich plötzlich wieder siegessicher. Die Frauen mochten ihn. Bisher hatte es nie eine gegeben, die ihm ernsthaft Widerstand geleistet hätte. Garantiert würde er bei dieser Isabell leichtes Spiel haben.
***
Auch Korbinian Fürsterer hatte schlechte Laune. Doch es störte ihn keineswegs, dass nicht er und sein Bruder das Vermögen ihres Onkels geerbt hatten. Es hatte ihn nicht überrascht, denn Johannes hatte ein paar Mal eine Andeutung gemacht, dass er sich nicht auf den kommenden Geldregen freuen sollte.
Aber das hatte Korbinian ohnehin nicht getan, er verließ sich immer lieber auf sich selbst.
Es war etwas ganz anderes, was ihm die Laune vermieste: seine Reaktion auf Isabell.
In dem Moment, als er das Büro des Anwalts betreten und Isabell erblickt hatte, war etwas ganz Komisches passiert: Für einen Moment war es ihm vorgekommen, als hätte die Welt aufgehört, sich zu drehen. Sein Herz hatte plötzlich doppelt so schnell geschlagen, und seine Beine waren auf einmal ganz zittrig gewesen.
Noch immer raste sein Puls, und sein Mund war furchtbar trocken. Er schaffte es kaum, die Augen von dieser jungen Frau abzuwenden.
Er kannte diese Symptome. Korbinian hatte das alles schon einmal erlebt. Die Erklärung lautete schlicht, dass er sich Hals über Kopf verliebt hatte. Beim letzten Mal hatte die Liebe in einer Katastrophe geendet, also war er nicht wild darauf, diese Erfahrung zu wiederholen.
Korbinian hatte die Frauen aus seinem Leben gestrichen. Zeit hatte er sowieso nicht für sie, die Firma nahm ihn völlig in Anspruch. Und er hatte auch keine Lust, sich erneut betrügen und wie einen dummen Hansel vorführen zu lassen.
Aber sie war so hübsch, diese Isabell, mit ihren dunklen Haaren und den großen schönen Augen … Sie wirkte so frisch, so natürlich – trotz des strengen Kostüms und der genauso strengen Frisur. Das fröhliche Pink und die Strähnchen, die sich an ihrer Stirn gelöst hatten, verrieten ihm, dass sie normalerweise gar nicht so streng war.
Wie sie wohl aussehen mochte, wenn sie das Haar offen trug? Oder wenn sie lachte?
„Herr Fürsterer?“
Korbinian zuckte zusammen.
„Tut mir leid“, meinte er mit einem entschuldigenden Lächeln. „Ich war für einen Moment mit meinen Gedanken ganz woanders.“
„Kein Problem. Ich wollte nur wissen, ob Sie noch irgendwelche Fragen haben.“
„Nein“, erwiderte er.
„Dann, meine Herren, ist wohl alles erledigt, und ich darf mich von Ihnen verabschieden. Mit Frau Tiberius habe ich allerdings noch ein paar Kleinigkeiten zu besprechen. Falls noch
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