Draakk: Etwas ist erwacht. (Horrorthriller) (German Edition)
fleischigem Rot zog sich von seiner linken Schläfe über die Wange bis zu seinem Hals, wo sie unter dem Ausschnitt seines T-Shirts verschwand. Die beiden mittleren Finger seiner linken Hand waren zu einem klumpigen Ganzen verklebt. Was immer für diese Verstümmelung verantwortlich war, der Junge dürfte nur äußerst knapp mit dem Leben davongekommen sein.
Der junge Mann wandte sich mit überraschend sanfter Stimme an Antonia, während er sie und ihren Vater weiterhin aufmerksam musterte: »Ihr habt bisher verdammt viel Glück gehabt, das ist euch bewusst oder?«
»Schätze schon, ja. Äh, … Danke.« Antonia lächelte und öffnete den Reißverschluss ihrer Jacke.
»Na ja. Kein Problem«, sagte der Junge und wurde ein bisschen rot. »Ich heiße Martin.«
»Antonia Singer«, sagte diese. »Und das ist …«
»… dein Vater«, unterbrach sie Martin. »Peter Singer. Dreiundvierzig. Biologe«, spulte er die Daten herunter, als hätte er sie auswendig gelernt. »Aus Hamburg. War bis vor Kurzem noch im Dschungel von Peru auf Forschungsreise. Witwer …«
Witwer. Das hatte gesessen. »Ja«, sagte Singer. »das ist korrekt. Jemand hat seine Hausaufgaben gemacht, wie man so sagt. Und danke, wirklich. Ohne dich säßen wir jetzt gewaltig in der Patsche.« Oder aber sie saßen jetzt erst so richtig drin. Vermutlich würden sie gleich erfahren, was davon.
»Hm. Also passen Sie auf«, sagte Martin und hielt ein kleines graues Gerät mit einem großen, leuchtend roten Knopf in die Höhe, augenscheinlich eins von diesen Rentnerhandys mit Notfall-Knopf. »Damit wir uns verstehen. Wenn ich hier drauf drücke, sind die Bullen in zwei Minuten hier, vielleicht früher.« So, wie er es aussprach, wirkte es mehr wie eine zaghafte Feststellung als eine Drohung. »Und ich habe diesen ganzen Zauber für Sie nur veranstaltet, weil wir uns kennen.« Er blickte zu Antonia und brachte sogar ein kleines Lächeln zustande.
»Hier drin wird alles aufgezeichnet und zeitgleich auf einen Server übertragen. Sollten Sie irgendwelche Tricks vorhaben, landen Sie mit Sicherheit noch heute im Gefängnis. Sie haben das Haus ja gesehen. Wenn hier die Alarmanlage losgeht, kommt die Polizei richtig auf Trab, verstehen Sie?«
»Wir verstehen, Martin. Aber ich glaube, dir ist nicht ganz klar …« begann Singer.
»Ich weiß , wer Sie sind«, unterbrach ihn Martin. »Und ich kenne die Gerüchte, die über Sie im Umlauf sind. Das und die Tatsache, dass Antonia Ihnen hilft, haben mich bisher davon abgehalten, zu glauben, was sie in den Nachrichten bringen. Sollte ich meine Meinung jedoch ändern müssen …« Er hielt das Gerät wieder hoch und blickte Singer in die Augen, diesmal überraschend fest.
»Haben Sie verstanden?«, fragte Martin. Singer und Antonia nickten. »Gut. Versuchen Sie also besser nicht, mich zu verarschen.« Es klang ein bisschen wie eine Bitte, fand Singer.
»Habe ich nicht vor«, sagte er.
Dann grinste er breit.
»Und da wir das nun geklärt haben, könntest du uns eigentlich auch endlich hereinbitten und uns einen Kaffee anbieten. Ich könnte wirklich einen brauchen, ist verdammt ungemütlich da draußen.« Antonia nickte bedächtig, wie zur Bestätigung, dass dies wirklich eine sehr vernünftige Idee sei.
»Klar, gern«, seufzte Martin und ließ die Fernbedienung mit dem roten Knopf sinken. Dann deutete er die Treppe hinauf, Richtung Küche.
Außer Kontrolle
»S ie bringen also uns in den Nachrichten? Toll! Was erzählen Sie denn so?«, fragte Singer über den Rand seiner Kaffeetasse, während er an dem brühend heißen Getränk nippte. Martin, der nachdenklich auf die Fernbedienung auf dem Tisch gestarrt hatte, blickte auf und sah Singer forschend an. Dann warf er einen raschen Blick hinüber zu Antonia. Falls er Singers Bemerkung in irgendeiner Weise lustig fand, so ließ sein Gesichtsausdruck nicht im Mindesten darauf schließen.
»Sie sollen über eintausend Menschen umgebracht haben, Dr. Singer«, erklärte Martin leise, »die gesamte Besatzung ihres Forschungslabors. Sie waren wohl ‚absichtlich ein wenig unachtsam' im Umgang mit irgendeiner experimentellen Chemikalie oder so etwas. Niemand scheint was Genaueres darüber zu wissen, auch das Institut hält sich zu den Details des Unfalls reichlich bedeckt. Aus Gründen der europäischen Sicherheit , war ja klar. Dafür konzentrieren die sich jetzt umso mehr darauf, Sie zu finden. Angeblich haben Sie den Terroranschlag schon lange im Voraus geplant. Die
Weitere Kostenlose Bücher