Draakk: Etwas ist erwacht. (Horrorthriller) (German Edition)
einigermaßen sicher hinab ins Dorf bringen, aber dann hatten sie noch den Aufstieg zum Pass auf der gegenüberliegenden Seite vor sich. Und ob die schwere Familienlimousine das ebenfalls schaffen würde, war mehr als fraglich. Und dann war da noch der Zaun um den Gletscher, welcher neuerdings ein militärisches Sperrgebiet war.
»Aber jetzt müsst ihr erst mal schlafen, und wir beide gehen jetzt auch zu Bett«, sagte der Alte und tätschelte die Seite des massigen Hundes, »ich zeige euch die Gästezimmer. Das Zeug für die Betten bringe ich euch nachher rauf.«
Er stemmte sich unter erneutem Knacken seiner alten Glieder aus dem Sessel und sie folgten ihm in den ersten Stock des Hauses, wo sich die Gästezimmer befanden. Es war hier merklich kühler als in der Wohnstube, in der noch die Wärme des heruntergebrannten Kaminfeuers nachglomm, aber es würde schon gehen für eine Nacht. Der Alte quartierte sie in einem großen Zimmer mit zwei Doppelbetten ein und teilte das Bettzeug aus. »Am besten nehmt ihr’s doppelt, ich habe die Heizung hier oben für den Winter schon abgestellt«, sagte er.
Dann wünschte er ihnen eine gute Nacht und schlurfte, von seinem treuen Hund begleitet, nach unten, in sein eigenes winziges Schlafzimmer.
Singer war viel zu müde, um dagegen zu protestieren, dass seine Tochter mit einem Jungen, den sie vor etwas über achtundvierzig Stunden das erste Mal zu Gesicht bekommen hatte, das Bett teilte. Falls er überhaupt protestieren wollte. Schätzungsweise waren die beiden mindestens genauso müde wie er und es war wirklich verdammt kalt in dem Zimmer, sollten wenigstens sie sich gegenseitig ein wenig wärmen – und außerdem war er ja schließlich auch noch im Zimmer, nicht wahr? Andererseits, dachte er, und musste grinsen, hätten Anna und er damals mit Sicherheit Mittel und Wege zueinander gefunden, wenn es die Situation erfordert hätte. Er bemerkte es nicht, aber es war das erste Mal seit über fünf Jahren, dass er an Anna dachte und lächelte.
Also schmiss er die große Reisetasche auf die rechte Hälfte des Doppelbettes und kroch unter den gewaltigen Berg aus Daunen auf der linken. Antonia lächelte ihn kurz an, dann drehte sie sich zu Martin um, der etwas unschlüssig in der Mitte des Zweibettzimmers stand, die Federbettdecke über der Schulter, das große Kissen in der Hand. Wie er so dastand, erinnerte er Antonia ein wenig an Linus aus den Charlie-Brown -Comics, mit seiner Schmusedecke und der wüsten Wuschelfrisur. Wenn er jetzt bloß nicht noch den Daumen in den Mund steckte, um daran zu nuckeln. »Wir schlafen hier«, sagte Antonia und deutete auf das zweite Bett im Raum.
Keine zehn Minuten später lauschte sie mit geschlossenen Augen dem gleichmäßigen, leisen Schnarchen ihres Vaters. Und für einen Moment war sie beinahe glücklich. Wie damals, als sie noch zu dritt in einem Haus gewohnt hatten, dachte sie. Mit Mama. Wie eine glückliche kleine ...
Nein. Das war vorbei, diese Familie lag in der Vergangenheit. Dennoch – was immer der morgige Tag auch bringen mochte, sie hatte ihren Paps zurück und das war etwas, das sie sehr glücklich machte, wenn es auch nur von kurzer Dauer sein konnte. Und die letzten beiden Tage hatten Antonia noch etwas geschenkt, das mindestens genauso gut war. Sanft drehte sie sich unter der flauschigen Decke zu Martin um und suchte einen Zugang unter dem Oberbett, das dieser fest um seinen Körper geschlungen hatte. Ihre kleine Hand begann, ein Loch in das Innere seiner Deckenburg zu bohren und drang schließlich durch. Sie fand Martins Hand, es war die linke, wie sie anhand der Brandnarben sofort feststellte, und sie begann, sanft über die Verletzung zu streichen.
Martin, der offenbar ebenfalls noch nicht geschlafen hatte, wollte seine
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