Draakk: Etwas ist erwacht. (Horrorthriller) (German Edition)
Psychologen oder Therapeuten vielleicht, sie könne jederzeit … und sie solle sich schonen, einfach erst mal ausschlafen und …
Schließlich hatten die verständnisvollen Beamten ihr eine gute Nacht gewünscht und waren gegangen. Keine Minute zu früh.
Antonia hatte in dieser Nacht tatsächlich noch geschlafen. So gegen 6 Uhr morgens war sie am Ende ihrer Tränen gewesen und erschöpft in einen tiefen traumlosen Schlaf gefallen.
Irgendwie hatte sie es danach tatsächlich geschafft, weiterzumachen. Die Formalitäten durchzustehen. Sie hatte Kontakt mit ihren Großeltern, Singers Eltern, aufgenommen. Diese hatten dankenswerterweise den Papierkram und die Kosten der Beerdigung übernommen und ihr sogar angeboten, sie für eine Weile bei sich aufzunehmen. Antonia hatte abgelehnt. Es sei sehr nett, aber sie würde es schon schaffen, irgendwie. Bla bla bla …
Und sie hatte es geschafft.
Klar, sie hatte geweint, nahezu ununterbrochen am Anfang. Aber sie hatte die Beerdigung überstanden – also würde sie auch mit dem Rest klarkommen. Denn das war das Schlimmste gewesen. Allein auf dem riesigen Friedhof, nur mit ihren Großeltern und dem Pfarrer. Ohne ihren Vater, der in irgendeinem gottverlassenen Abschnitt des amazonischen Regenwalds Insekten aus der Erde wühlte. Sie hatte gehofft, bis zum Schluss und entgegen jeder Vernunft, dass er plötzlich auftauchen und sie in seine Arme schließen würde. Dass er da sein würde, wenigstens in diesem dunkelsten Moment ihres jungen Lebens.
Aber er war nicht gekommen.
Geschenke
M an konnte es fast einen Zufall nennen, dass Peter Singer seine Ex-Frau vor ihrem Tod überhaupt noch einmal zu Gesicht bekommen hatte. Das war am Tag seiner Abreise nach Peru gewesen – ein Tag, auf den zufällig auch Antonias achtzehnter Geburtstag fiel.
Als Singer vor dem kleinen Häuschen mit dem windschiefen Gartentor stand, hatte er einen Impuls verspürt, umzukehren und auf der Stelle zurück zum Flughafen zu fahren. Die kleinen Fläschchen, die in der ersten Klasse angeboten wurden, selbstverständlich als Inklusivservice, waren ihm plötzlich sehr verlockend vorgekommen.
Stattdessen hatte er die wackligen Steinstufen aus vor sich hin bröckelndem Porenbeton erklommen und auf den braunen Plastikknopf der Klingel gedrückt. Anna war nach geraumer Zeit an der Tür erschienen und hatte ihn wortlos eingelassen. Mit abwesendem Lächeln hatte sie ständig tonlose Silben gemurmelt und sich nach einem kurzen, etwas irritiert wirkenden Blick auf ihn wieder in den Garten hinter dem Häuschen zurückgezogen.
Er war die alte Holztreppe zum Gästezimmer hinaufgestiegen und hatte Antonia das kleine Paket mit dem breiten, roten Geschenkband überreicht. Sein Geburtstagsgeschenk, ein kleiner, brauner Plüsch-Orang-Utan, stammte aus dem Souvenirshop des Hotels. Er hatte ihn zuerst mit einem, dann zwei Hundert-Euro-Scheinen ausgestattet. Je eine Rolle unter den gebogenen Armen des tapferen kleinen Affen. Er hatte ursprünglich vorgehabt, ihr die zweihundert Euro zusätzlich zum Unterhalt zu überweisen oder vielleicht in einem Umschlag zu schicken. Mit einer netten Karte. Und er hatte selbstverständlich auch vorgehabt, sie anzurufen, vom Terminal des Flughafens aus.
Die Arbeit, Schatz, du weißt ja. Mach dir eine schöne Feier, bla bla bla …
Dieses Vorgehen hätte den Vorteil gehabt, dass er nicht zu dem kleinen Haus am Hamburger Stadtrand hätte fahren müssen. Zu dem kleinen Haus, welches inzwischen ein verfallenes kleines Haus war, so verfallen wie seine einzige Bewohnerin. Antonia dagegen verbrachte ihren achtzehnten Geburtstag offenbar freiwillig in
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