Draakk: Etwas ist erwacht. (Horrorthriller) (German Edition)
professionellen Gelassenheit quittiert, die nur der Chefportier des Park Hyatt zustande brachte.
»Dr. Singer, entschuldigen Sie bitte den späten Anruf. Ein Gespräch für Sie, ein Professor Murnauer. Ich hätte Sie zu solch später Stunde nicht gestört, aber der Herr beharrt auf der unbedingten Dringlichkeit seines Anliegens. Möchten Sie, dass ich Ihnen das Gespräch aufs Zimmer stelle, Dr. Singer?«, ließ sich der Portier vernehmen.
»Kein Problem, Steiner, wie Sie sehen, bin ich genau wie Sie – immer im Dienst!«, zwitscherte Singer jovial durch den Hörer, der sich überraschend angenehm in seine Handfläche schmiegte. Deutlich angenehmer jedenfalls, als das bevorstehende Gespräch zu werden versprach.
»Sehr wohl, Dr. Singer.« Es klickte leise in der Leitung als Steiner die Verbindung schaltete.
»Singer?«, bellte Murnauers Stimme verzerrt durch die Hörmuschel des Luxusapparats – eine Stimme, von der Singer regelmäßig Kopfschmerzen bekam. Irgendwie schaffte es der Institutsleiter mit nahezu beängstigender Treffsicherheit, ihn jedes Mal im unpassendsten Augenblick anzurufen.
Vielleicht, weil seine Anrufe einfach immer ungelegen kamen.
Murnauer, einst ein überaus vielversprechender Wissenschaftler, hatte mit seinen Studien zur Klassifikation nutzbringender Körperchemikalien in Reptilien schon in den frühen neunziger Jahren für einiges Aufsehen in akademischen Kreisen gesorgt. Nicht zuletzt unter seinen eifrigen Studenten, von denen auch er, Singer, einer gewesen war. Murnauer konnte es sich schon damals leisten, nur die aussichtsreichsten Studenten an seinen Vorlesungen teilhaben zu lassen – junge Studenten mussten sich durch entsprechende Noten schon im Grundstudium dafür qualifizieren und eine Reihe ausnehmend schwieriger Tests bestehen, um in den Genuss von Murnauers Vorlesung zu kommen. Eine äußerst ungewöhnliche Methode, die nur einem ausgesprochenen Egomanen wie Murnauer einfallen konnte. Nichtsdestotrotz war er nicht nur ein brillanter Wissenschaftler, sondern stand außerdem in dem Ruf, über ausgezeichnete Kontakte zu verfügen. Damit stand jedem Studenten, der seiner kleinen elitären Strebergruppe angehörte, nach Abschluss des Studiums im wahrsten Sinne die gesamte akademische Welt offen. Inklusive Murnauers eigenem Institut natürlich. Schon während seiner Uni-Zeit hatte er die private Forschungseinrichtung aufgebaut, bis schließlich auch dem Dekan aufgegangen war, dass Murnauer seine Professur im Wesentlichen dazu nutzte, Spitzenkräfte für sein Institut zu rekrutieren.
Das unabhängige Bio-Institut forschte von da an ausschließlich für eine überaus illustre private Klientel und nicht weniger bedeutende multinationale Konzerne. Dank Murnauers hervorragend geölter Kontakte verfügte das Institut bald über nahezu schreckenerregende Geldmittel und eine hochmoderne Ausrüstung, die jedes Uni-Labor wie einen besseren Chemiebaukasten aussehen ließen.
Und der Markt boomte. Auch Singer hatte den Vorzügen der privat finanzierten Forschung nicht widerstanden, wenn auch aus eher wissenschaftlichen als materiellen Gründen – im Gegensatz zu Murnauer übrigens, der aus seiner Geldgier nicht das geringste Hehl machte. Die Besuche hochrangiger Militärvertreter – und beileibe nicht nur deutscher – hatten in den letzten Jahren deutlich zugenommen, was Singer mit zunehmender Skepsis über den Verwendungszweck seiner Forschungen erfüllte.
Letztlich war das vermutlich einer der Gründe gewesen, warum er sich für
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