Draakk: Etwas ist erwacht. (Horrorthriller) (German Edition)
fast anderthalb Jahre der Feldforschung in den immergrünen Dschungel des Amazonas abgesetzt hatte, weit weg von Murnauers geldgierigen Plänen und seinem eigenen familiären Desaster. Murnauers spätabendlicher Anruf rief ihm seine Zweifel augenblicklich wieder ins Gedächtnis.
Das Militär , verdammt.
Singer mochte nicht einmal flüchtig darüber nachdenken, was Murnauer und seine mysteriösen Besucher in den hochmodernen Tagungsräumen hinter schalldicht verschlossenen Türen so alles ausheckten.
»Singer, sind Sie dran?«, quäkte Murnauers Stimme ungeduldig durch den Hörer.
»Ja, hier ist Peter Singer.«
»Hier ist Professor Doktor Murnauer.« Einfach lächerlich, wie dieser Kerl seine Titel in die Länge zog wie einen ausgeleierten Kaugummi. Seine schlaflosen Nächte verbrachte er vermutlich damit, sich neue auszudenken. Großimperator Murnauer, Seine Majestät Murnauer, Seine Eminenz Papst Krösus der Dritte von und zu Murnauer … falls Murnauer überhaupt je schlaflose Nächte hatte, was Singer allerdings stark bezweifelte.
»Singer, es gibt Arbeit für Sie. Ich brauche Sie im Institut. Noch heute Abend«, fuhr Murnauer fort.
»Wie bitte?« fragte Singer. Murnauer verschwendete keine Zeit für Höflichkeiten, so viel musste man ihm lassen. »Äh … Dr. Murnauer, ich bin gerade aus Peru zurück, habe seit achtundvierzig Stunden kaum ein Auge zugemacht und habe … nun, ich habe hier erst mal einiges Privates zu erledigen«, brachte Singer den Versuch eines Einwands vor.
»Ich bin mir Ihrer Lage durchaus bewusst«, sagte dieser, und ließ offen, was genau er damit meinte. Wie genau er über Singers momentane Lage Bescheid wusste. »Glauben Sie mir, ich hätte Sie nicht rufen lassen, wenn es nicht wichtig wäre. Ihre privaten Erledigungen werden aber warten müssen, fürchte ich. Wir benötigen Sie im Institut, sagen wir in einer Stunde?«
Singer zwang sich, ruhig zu bleiben. Er atmete ein. Er atmete aus. »Hören Sie, Murnauer, ich kann Ihnen die Ergebnisse der Amazonas-Forschungen auch rüberfaxen, wenn es denn so furchtbar dringend ist. Und morgen Abend könnte ich vielleicht mal im Institut …«
Murnauer überging das Weglassen seiner akademischen Grade großmütig, als er Singer unterbrach. Seine Stimme nahm einen jovialen Plauderton an, der Singer sofort argwöhnisch aufhorchen ließ.
»Nein, nein, Dr. Singer. Es geht nicht um Ihre Amazonas-Ergebnisse, die sicher ganz bemerkenswert sind.« Seine Worte klangen erstaunlicherweise ehrlich anerkennend. Singer wusste, dass er immer noch verdammt gute Arbeit leistete. Und Murnauer wusste es ebenso. Genau das war ja das Problem.
»Es geht um etwas wesentlich … Größeres. Etwas Einmaliges, von äh … internationaler Bedeutung.«
In Singers Kopf begann ein kleines, grellrotes Licht zu blinken. Internationale Bedeutung klang irgendwie verdächtig nach Krisenstab und finsteren Männern in straff gebügelten Paradeuniformen und einer Unmenge bunten Metalls an der Brust, die sich in einem atombombensicheren Bunker versammelten, um in aller Ruhe über die Art und Weise des nächsten Weltuntergangs zu beratschlagen. Unvermittelt sah er sich in der Rolle von Stanley Kubricks rollstullfahrendem »Dr. Seltsam«. Heil, mein Führer!
Singer fröstelte.
»Ich will ehrlich zu Ihnen sein, Dr. Singer. Ich habe Sie nie leiden können.« Soviel Offenheit überraschte Singer, der Fakt an sich weniger. »Aber wir haben hier etwas, dass wollen Sie sich ansehen, glauben Sie mir! Eine Chance, wie ich Sie ihnen nur einmal bieten werde.« Und nach einer wohlkalkulierten Pause setzte er hinzu: »Singer, wir untersuchen hier
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