Draakk: Etwas ist erwacht. (Horrorthriller) (German Edition)
Seele – wollte mehr, immer mehr …
Und hätte doch längst tot sein müssen.
Im Bereich des Brustkorbs und der Beine waren nun an mehreren Stellen zersplitterte Knochen zu sehen, die aus ihrem verletzten Körper herausspießten. Ihre Gedärme ergossen sich in einer Lache ihres warmen Blutes auf den durstigen Felsboden.
Erstaunlicherweise schien ihr Körper – obschon fast gänzlich ausgeweidet – bei vollem Bewusstsein zu bleiben und keinerlei Schmerzen zu empfinden. Der bluttriefende Klumpen, der einst eine hübsche junge Frau gewesen war, versuchte sogar, die nahezu zerfetzten Sehnen seines Halses ein letztes Mal zu spannen und sein Gesicht, das bisher von den trommelnden Schlägen verschont geblieben war, den Hieben des Monsters entgegenzurecken. Mit weit aufgesperrtem, blutverschmiertem Mund und orgiastisch flatternden Lidern bettelte sie um den finalen Stoß, der sie erlösen und endlich schmerzvoll kommen lassen würde.
Doch sie wurde nicht erlöst. Noch nicht.
Oben, auf dem ekelhaft pulsierenden Leib des Wesens baumelte, gleich einer widerwärtigen Trophäe, der entstellte Kopf des toten Dr. Singer. Oder vielmehr trug das Wesen lediglich sein Gesicht als eine Art Überzug auf einem vorstehenden Balg, der ein Kopf hätte sein können. Durch die aufgerissenen Augenhöhlen dieser Maske aus Menschenhaut – das Gesicht schien unbegreiflicherweise noch zu leben – bohrte sich ein Paar armlange, schwarze Fühler. Zitternd tasteten sie über das Antlitz der vor Entsetzen gelähmten jungen Frau und raschelten dabei wie dünnes, ausgetrocknetes Papier.
Vielleicht benutzte das Ding die gummiartigen Auswüchse, die es durch Singers Augenhöhlen steckte, um sehen zu können. Vielleicht waren sie aber auch nur Zierde oder hatten eine gänzlich andere Funktion. Vielleicht auch gar keine.
Vielleicht musste dieses Ding überhaupt nicht sehen.
Der Singer-Kopf des Albtraumwesens beugte sich zu ihr hinab, so nah, dass sie seinen Atem spüren konnte. Wieso atmete dieser Hautfetzen, dieses brutal vom Kopf seines Besitzers gefetzte Stück eines menschlichen Gesichts?
Die augenlose Totenmaske des Singer-Zerrbildes näherte sich ihr bis auf wenige Zentimeter, die ekelhaften Fühler, die durch die Augen spießten, strichen sanft über ihr Gesicht. Der tote Mund verzog sich zu einem widerwärtigen Grinsen, öffnete sich und die Maske aus Menschenhaut begann zu sprechen, und der Geist der jungen Wissenschaftlerin brach. Denn die Maske sagte:
»Hast du etwa schon genug, du Fotze?«
Dann sauste das Bein auf ihre Stirn herab und die Welt wurde schwarz.
Schuld
D r. Walther erwachte vom Geräusch ihres eigenen Schreis und spürte heiße Tränen auf ihren glühenden Wangen. Ihr Atem ging stoßweise und ihr rasendes Herz versuchte panisch trommelnd aus der Brust zu springen. Ihr war übel und für einen Moment befürchtete sie, sich übergeben zu müssen. Doch dann kam das Hochgefühl, unvermittelt verspürte sie den Drang zu kichern, einfach mit weit offenen Augen in die Dunkelheit zu starren und zu kichern, während die Tränen aus ihren schreckgeweiteten Augen liefen.
Sie presste die Arme an ihren zusammengekrümmten Körper und stellte fest, dass ihre Nägel sich tief in das empfindliche Fleisch ihres Handballens gegraben hatten.
Während sie noch mit dem Drang, zu kichern kämpfte senkte sich eine tiefe, verzweifelte Traurigkeit über ihren Geist. Plötzlich und allumfassend, als ob jemand das Licht in ihr ausgeknipst hätte, denn dies war mehr als ein Traum gewesen. Sie hatte der Vergewaltigung ihrer unsterblichen Seele beigewohnt.
Nun gab es nichts mehr außer Dunkelheit. Und ein Stück von dieser Finsternis würde Doreen Walther von nun
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