Draakk: Etwas ist erwacht. (Horrorthriller) (German Edition)
Türrahmen. Sie folgten dem schwarzen Umriss und traten durch die Tür in einen Raum, der sich als ein kleiner Hobbykeller herausstellte. Einige ausrangierte Echtholzschränke, eine kleine Werkbank. Ein paar Hanteln stapelten sich auf Regalen an der Wand. In der Ecke standen ein Laufband und eins von diesen Steppergeräten, die in jedem Haushalt irgendwann einmal mit besten Vorsätzen angeschafft werden, um spätestens nach drei Wochen doch nur Staub anzusetzen.
Hinter ihnen fiel die Metalltür geräuschvoll ins Schloss. Als sie sich in diese Richtung umdrehten, sahen sie ihrem Gegenüber zum ersten Mal ins Gesicht – ihrem mysteriösen Verbündeten , der sie so erfolgreich an der Polizei vorbei bis hierhin geschleust hatte. Falls er sich denn tatsächlich als ihr Verbündeter herausstellte.
Der junge Mann an der Tür, eigentlich fast noch ein Junge, wirkte selbst ein wenig unsicher, wie er da so in seinen verblichenen Jeans und dem schwarzen T-Shirt stand. Wenn Singer sich nicht täuschte, zierte das T-Shirt eines der Logos, die er auf dem Computer seiner Tochter gesehen hatte. Zumindest war es genauso unleserlich. Der Junge stand einen Moment unschlüssig herum und musterte die beiden Ankömmlinge mit forschenden Blicken. Seine Bewegungen wirkten ein wenig verkrampft, und dann fiel Singer auf, woran das lag. Er stand leicht seitlich zu ihnen, sorgsam darauf bedacht, dass seine linke Gesichtshälfte nicht in ihre Richtung zeigte. Singer sah den Ansatz dunkelroten, vernarbten Gewebes, dort und an seinem Hals. Möglicherweise auch auf dem linken Arm, den er ebenso vor ihren Blicken zu verbergen suchte. Verbrennungen, schätzte Singer, ziemlich schwere sogar.
Der junge Mann schaute in Antonias Richtung. Er musterte sie deutlich länger als ihren Vater, dann lächelte er und nickte ihr zu.
Auf den ersten Blick wirkte er nicht unsympathisch, wenn auch von einer gewissen Ernsthaftigkeit, die nicht so recht zu seinem Alter passen wollte. Seine wachen, intelligenten Augen musterten die Ankömmlinge eingehend. Er drückte auf einen Knopf an dem kleinen Blechkasten neben der Garagentür und etwas in der Wand gab ein vernehmliches Klonk! von sich. Offenbar ein weiterer Sicherheitsmechanismus.
Als der Junge sich zur Tür umdrehte, konnte Singer einen längeren Blick auf die bisher verborgene linke Hälfte seines Gesichts und des Halses werfen. Die Brandnarbe war in der Tat von enormen Ausmaßen. In fleischigem Rot zog sich von seiner linken Schläfe über die Wange bis zu seinem Hals, wo sie unter dem Ausschnitt seines T-Shirts verschwand. Die beiden mittleren Finger seiner linken Hand waren zu einem klumpigen Ganzen verklebt. Was immer für diese Verstümmelung verantwortlich war, der Junge dürfte nur äußerst knapp mit dem Leben davongekommen sein.
Der junge Mann wandte sich mit überraschend sanfter Stimme an Antonia, während er sie und ihren Vater weiterhin aufmerksam musterte: »Ihr habt bisher verdammt viel Glück gehabt, das ist euch bewusst oder?«
»Schätze schon, ja. Äh, … Danke.« Antonia lächelte und öffnete den Reißverschluss ihrer Jacke.
»Na ja. Kein Problem«, sagte der Junge und wurde ein bisschen rot. »Ich heiße Martin.«
»Antonia Singer«, sagte diese. »Und das ist …«
»… dein Vater«, unterbrach sie Martin. »Peter Singer. Dreiundvierzig. Biologe«, spulte er die Daten herunter, als hätte er sie auswendig gelernt. »Aus Hamburg. War bis vor Kurzem noch im Dschungel von Peru auf Forschungsreise. Witwer …«
Witwer. Das hatte gesessen. »Ja«, sagte Singer. »das ist korrekt. Jemand hat seine Hausaufgaben gemacht, wie man so sagt. Und danke, wirklich. Ohne dich säßen wir jetzt gewaltig in der Patsche.«
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