Draakk: Etwas ist erwacht. (Horrorthriller) (German Edition)
Behutsam kletterte er auf einen der kleinen Berge aus Schutt und Steinen, den die Lawine an den Fuß der Felswand gespült hatte.
Als er den Gipfel der Aufschüttung erklommen hatte, wäre er um ein Haar gleich wieder heruntergepurzelt. Ein kleiner Gesteinsbrocken an der Spitze der Aufschüttung gab überraschend nach, als er drauftrat. Der Alte federte zurück, verlagerte sein Körpergewicht und kickte noch einmal vorsichtig nach dem Stein, der daraufhin mit einem gedämpften Poltern in der Felswand verschwand. Offenbar hatte die Lawine den Fels an dieser Stelle glatt durchschlagen und der kleine Stein war in einen dahinter liegenden Hohlraum gerollt. Der Alte stieß mit dem Absatz seiner Bergschuhe an den nächsten, etwas größeren Brocken, der den gleichen Weg durch den Felsen nahm. Eine Chance, vielleicht.
Energisch trat der Alte einige weitere kleine Steine weg und brachte unter lautstarkem Ächzen schließlich auch einen der größeren Gesteinsbrocken ins Rutschen. Alle verschwanden in der Wand.
Von neuem Elan beflügelt, begann der Alte, den kleinen Geröllberg Stein für Stein abzutragen, wobei er sorgsam darauf achtete, den neu gewonnenen Zugang nicht durch nachrutschendes Gestein zu verschütten. Nach etwa einer halben Stunde hatte er den Durchbruch in den Felsen ausreichend freigelegt, um hindurchschlüpfen zu können. Auf der Seite liegend, um seinen verletzten Arm nicht zu belasten, glitt er – vor Anstrengung schnaufend und so vorsichtig es eben ging – den Schuttberg hinab und in die Felswand hinein.
Der Schein der Betty offenbarte ihm, dass die Lawine die Felswand tatsächlich an einer dünneren Stelle erwischt und glatt durchschlagen haben musste. Er rutschte vollends in das Loch hinein und kam schließlich auf einem wackligen, kleinen Steinplateau zum Stehen. Nachdem er ausgiebig dessen Stabilität getestet und für ausreichend befunden hatte, erhob er sich schwerfällig auf seine Beine, wobei er sich mit der gesunden Hand am oberen Rand des gezackten Loches abstützte. Wie ein Artist, der einen besonders komplizierten Jonglagetrick aufführt, balancierte er auf der Steinplatte – und wäre beinahe erneut in einen bodenlosen Schlund gestürzt.
Zu seinen Füßen gähnte ein Abgrund. Tiefer, als es hier unten überhaupt möglich schien, fiel die Steilwand unter ihm ins Bodenlose ab. Also doch – nach all der Plackerei – nur eine weitere Sackgasse. Und zum ersten Mal kam dem alten Mann der Gedanke, dass er hier unten sterben würde.
Abwärts!
S uter hielt inne und lehnte sich an die Felswand, dann rutschte er in eine sitzende Position. Seine Lampe warf nur einen schwachen Schein auf die gegenüberliegende Seite des Abgrunds, dazwischen klaffte die Schlucht. Der Alte griff sich einen der herumliegenden Steine und wog ihn stumm in seiner Hand.
Nachdenken. Und Licht sparen.
Er knipste die Betty aus. Horchte in die Stille hinein, die hier unten so absolut und endgültig war wie in einer gigantischen Gruft.
Nein, dachte er, das stimmte nicht. Das gleichmäßige, leise Rauschen drang wieder an den Rand seiner Wahrnehmung vor. Es war kein Wind. Und es kam auch nicht aus seinem Kopf, war keine Nachwirkung des Sturzes. Vielmehr schien das Geräusch aus der Tiefe des gähnenden Schlundes zu seinen Füßen zu kommen. Eine Art fernes, beruhigendes Murmeln, verzerrt zurückgeworfen und emporgetragen von den meterhohen Felswänden.
Er brauchte eine Weile, bevor er sich eingestand, was er da zu hören glaubte. Doch, tatsächlich – unter ihm musste sich ein Wasserlauf befinden – dem fernen Plätschern nach zu urteilen allerdings kaum mehr als ein schmales Bächlein – und dennoch: auch dieser Bach musste irgendwo in einen Fluss münden, um irgendwann
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