Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Drachen der Finsternis

Titel: Drachen der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antonia Michaelis
Vom Netzwerk:
Seiten des Bildbandes vor ihm.
    Er schlug die Augen auf.

O berhalb der Schneegrenze
    (Höhe: ca. 4000 – 9000 m)
    Flora (oberhalb der Baumgrenze):
    Schuppenheide (Casiope), Blauheide (Phyllodoce empetriformis), Heidelbeere (Vaccinium deliciosum), Edelweiß (Leontopodium), Moossandkraut (Arenaria bryophylla), Sternmoos-Steinbrech (Saxifraga saginoides), Gletscher-Hahnenfuß (Ranunculus galcialis), Landkartenflechte (Rhizocarpon geographicum). Einzig auf Schnee lebende Flora: Einzellige Alge (Chlamydomonas nivalis)
    Fauna:
    Schneehase, Schneefasan, Himalaja-Murmeltier, Lämmergeier, tibetisches Blauschaf

Jumar, verstehend
    Das Prasseln der Flammen war noch da. Auch die Wärme. Benommen setzte Christopher sich auf. Tatsächlich, mitten in der Höhle brannte jetzt ein Feuer.
    Niya saß mit gekreuzten Beinen daneben und fütterte es mit Stückchen von Holz und trockenen Blättern wie ein scheues Tier.
    »Guten Morgen, Christopher«, sagte sie, sah auf und lächelte.
    »Ist es Morgen?«
    »Nein, aber ich dachte, es wäre eine nette Art, dich zu begrüßen. Komm näher ans Feuer. Es ist warm.«
    »Das haben Feuer so an sich«, erwiderte Christopher, rückte gehorsam zu ihr hinüber und streifte seine Mütze ab.
    »Ich habe geträumt. In meinem Traum gab es auch ein Feuer –ein Feuer im Kamin meiner Eltern, zu Hause. Es war ein seltsamer Traum. Woher hast du das Holz?«
    »Jemand hat es in der Ecke dieser Höhle gestapelt«, sagte Jumar. »Es liegen auch eine Menge Schafsköttel hier herum. Vermutlich hat der Hirte der Schafe hier geschlafen, als es noch nicht schneite.«
    Christopher entfernte einige der erwähnten Schafsköttel von seiner tarngrünen Jacke. Jumar lachte darüber, und Christopher rief mit gespieltem Erstaunen: »Hey! Du bist noch immer unsichtbar. Wolltest du nicht sichtbar werden, während ich schlafe?«
    Niya hatte recht gehabt. Er fühlte sich tatsächlich besser. Nichts hatte sich geändert, sie saßen noch immer in einer Höhle fest, draußen trieb der Schnee vorbei gleich weißen, huschenden Gestalten; sie hatten Arne verloren, und es gab kein Ziel mehr. Aber der Schlaf – und vielleicht noch mehr sein Traum –hatten ihm seinen Willen wiedergegeben. Er würde Arne nach Hause bringen.
    Irgendwie.
    Beinahe war es, als fände er da tief in sich ein Stückchen von Jumars wilder Entschlossenheit.
    Jumars Rucksack tauchte kurz neben dem Feuer auf und verschwand wieder, und man hörte ihn darin herumkramen. Schließlich beförderte er eine Konservenbüchse Ölsardinen daraus hervor.
    »Ich habe ein paar der Vorräte aus den Körben eingesteckt«, sagte er. »Ärgerlicherweise war kein Büchsenöffner dabei.«
    »Ich könnte ein Loch in die Dose schießen«, schlug Niya vor.
    Doch als sie Christophers erschrockenes Gesicht sah, lachte sie und öffnete die Dose mit ihrem Messer. So aßen sie mit den Fingern Ölsardinen, deren Öl ein wenig ranzig geworden war, und sahen dem Schnee zu. Und dann begannen sie zu warten. Solange der Schnee in solchen Massen fiel, machte es keinen Sinn, aufzubrechen und weiter nach einer Spur der Männer und ihrer Gefangenen zu suchen.
    »Ohne meine Gitarre singe ich nicht gern«, sagte Niya schließlich, »aber ich könnte euch ein Märchen erzählen.«
    »Ist es eines von denen, die schlecht ausgehen?«
    »Ich fürchte, ja. Ich habe es gehört, als ich klein war. Es handelt von einem alten Magier und einer Königin ...« Sie sah gedankenverloren ins Feuer. »Der Magier, der in dem Märchen vorkommt, lebte auf einem Berg, der einem Fischschwanz glich –einem Fischschwanz ohne Fisch, wie ein Dreieck mit drei gleichen Seiten. Hoch oben auf diesem Berg lebte er, oder so haben sie es mir erzählt. Eines Tages stieg der Magier hinunter ins Tal, um seine Ernte zu verkaufen. Was aber kann man auf einem so hohen Berg ernten? Die Ernte des Magiers passte in die Brusttasche seiner Jacke.
    In der schönsten Stadt im Tal gab es eine junge Königin, zu der ging der alte Magier und bot ihr seine Ernte zum Kauf an. Er griff in seine Jackentasche und holte einen einzigen, winzigen Samen hervor. Die Königin beäugte den Samen misstrauisch. Sie konnte nicht glauben, dass er irgendeinen Wert hatte, und weigerte sich, ihn dem alten Mann abzukaufen. Da wurde der Magier ärgerlich, und er pflanzte den Samen heimlich vor den Toren des Schlosses ein und stieg zurück auf seinen Berg, der einem Fischschwanz glich, einem Fischschwanz ohne Fisch.
    Aber er war ein Magier, und auch der Samen, den er

Weitere Kostenlose Bücher