Drachen-Mädchen
sich bequeme Nester zu bauen. Hugo zauberte verschiedene Arten von Obst herbei, und so schmausten sie fröhlich und warfen die Samen auf den unten liegenden Boden. Dann legten sie sich im Dunkeln schlafen.
Mitten in der Nacht erschien etwas Großes und Schweißiges am Höhleneingang. Sie konnten es nicht sehen, aber der Boden erzitterte von seinem Schritt, und die Luft stank nach seinem Körpergeruch. Plötzlich wachgeworden, kauerten sich die drei Reisenden in ihren Nestern zusammen. Sie mußten erkennen, daß sie ihr Lager ausgerechnet im Heim eines Ungeheuers aufgeschlagen hatten!
Das Monster entdeckte sie nicht. Es hatte irgend etwas mitgebracht, offensichtlich ein totes Tier. Sie hörten das Zermalmen des Fleisches und der Knochen, während es seine Beute vertilgte. Dann ließ sich das Wesen fletschend am Höhleneingang zu Boden sinken und begann zu schnarchen. Das Geräusch hörte sich an wie das ferne Röhren einer Sphinx mit Verdauungsbeschwerden.
Nun waren sie in der Höhle des Ungeheuers gefangen, und mit anbrechender Dämmerung würde das Monster sie erkennen können. Wie sollten sie sich aus dieser Klemme befreien?
8
Tisi, Alec & Meg
Sie reisten in Richtung Südosten, in das Gebiet des Unbekannten Xanth hinein. Chem war entzückt, denn sie hatte sich der Aufgabe verschrieben, alle Gebiete der Halbinsel zu karthographieren, die sie erreichen konnte, vor allem dann, wenn dies noch nie zuvor geschehen war. In regelmäßigen Abständen projizierte sie ihre Karte, fügte neue Landschaftsmerkmale ein und markierte ihre Route mit einer säuberlichen gepunkteten schwarzen Linie.
Grundy wiederum irritierte sie, wie es von ihm auch nicht anders zu erwarten gewesen war, indem er an Kleinigkeiten herummeckerte. »Deine doofen Linienpünktchen verdecken die wichtigsten Merkmale«, sagte er und wies auf einen Abschnitt der Linie. »Dieser Punkt hier hat sich voll auf eine Tigerlilie gedrückt!« Mit dem Finger zeigte er auf die erwähnte Pflanze.
»Geschieht ihr recht«, konterte Chem, »sie hat im Vorbeigehen nach meinem Schweif geschnappt!«
Irene hielt wieder Ausschau nach dem fliegenden Hippogryph. Sie fürchtete fast, daß das Tier völlig verschwinden könnte, aber Xavier nahm den Auftrag seiner Mutter offensichtlich ernst und hielt sich an die Abmachung.
»He, die ist aber hübsch!« sagte Grundy und beugte sich vor, um eine kleine Pflanze auf einem nahegelegenen Erdhügel zu ergrabschen.
»Rühr sie nicht an!« rief Irene warnend.
Natürlich gehorchte der Golem nicht.
»Iiieeek!« machte die Blume und entwand sich seinem Griff.
Verblüfft starrte Grundy sie an. »Was war das denn?«
»Ich hab’ dir doch gesagt, du sollst diese Rühr-mich-nicht-an nicht berühren«, sagte Irene. »Es sind empfindliche Gewächse, die sich nicht gerne von tolpatschigen Nichtsnutzen begrabschen lassen.«
Der Golem wollte etwas erwidern, besann sich aber eines Besseren.
Die ungewöhnliche Flora fesselte ihre Aufmerksamkeit, aber das beruhte zum Teil auf Gegenseitigkeit: Unweit von ihnen erblickte Irene einen Bleistiftbaum, der emsig damit beschäftigt war, sich Notizen auf einer Papierpflanze zu machen. Irene mußte lächeln: Für diese Pflanzen war der Anblick eines Zentauren, einer Frau und eines Golems offensichtlich eine Aufzeichnung wert. Die Besucher waren den Pflanzen ebenso fremd wie umgekehrt. Allerdings wären solche Notizen gar nicht nötig gewesen, weil hier jede Menge Vergißmeinnicht wuchsen, die sich an dieses Ereignis schon erinnert hätten.
Am Rande des Feldes, an dem sie nun vorbeikamen, jagte eine Spinnenlilie gerade hinter einer Schmetterlingsblume her, während Silberglöckchen warnend läuteten. Das erschreckte eine Zebrapflanze, die gerade an einem Unglückskleeblatt knabberte. Hühnermais gackerte, als das Zebra vorbeigerannt kam, und eine Neugierblume drehte den Stengel, um zu sehen, was los war.
Sie mußten sich langsam dem Baum der Samen nähern, dachte Irene; denn all diese ungewöhnlichen Pflanzen mußten aus Samen erwachsen sein, die aus einer ungewöhnlichen Quelle entsprungen waren. Der Gedanke an diesen Baum erregte sie. Sie würde versuchen, die drei bösen Samen für die Hexe zu beschaffen, doch sie hoffte auch darauf, dabei ein paar exotische Exemplare für ihre Sammlung zu ergattern. Schließlich würden ihr sämtliche Samen der Wildnis zur Verfügung stehen!
Als sie wieder tief in den Dschungel hineingerieten, griff Grundy nach einem Federfarn; mit Sicherheit wollte er damit
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