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Drachen-Mädchen

Titel: Drachen-Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
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mit seinem rechten Zeigefinger auf die Pflanze. Plötzlich schoß etwas mit Lichtgeschwindigkeit (oder möglicherweise sogar etwas schneller) aus dem Finger hervor – und ein Blitz traf den gereckten Kobrakopf. Die Pflanze zischte und brach zusammen, giftigen Saft verströmend.
    »Aber…« stammelte Irene. »Damit könnt Ihr ja jemanden töten!«
    »Klar, alles, jederzeit. Aber ich tue Lebewesen nicht gerne weh. Ich meine, die haben schließlich auch Gefühle und so, genau wie ich. Deshalb fliege ich einfach nur mit Xap rum und blitze Wolken an. Denen schadet das nichts, müßt Ihr wissen, und mir hilft es, mein Zielvermögen zu schärfen. Das macht Spaß. Allerdings gibt es da eine Wolke, König Fracto, die das gar nicht mag; der blitzt dann zurück. Xap hat dabei mal ein paar Schwanzfedern eingebüßt – na ja, er hat ja eigentlich keine Schwanzfedern, aber jedenfalls hat er ihn an derselben Stelle getroffen. Fracto sucht immer Streit.«
    »Ich glaube, ich bin ihm schon mal begegnet«, sagte Irene, die sich an die Wolke erinnerte, mit der sie auf der Reise zum Schloß des Guten Magiers zu tun gehabt hatte. »Ist ein mieser Kerl.«
    »Den zu blitzen macht mir nichts aus. Aber einen Vogel würde ich nicht blitzen.«
    Oder einen Menschen, hoffte sie. »Das ist sehr gut, Xavier«, sagte sie vorsichtig. »Natürlich wollt Ihr keinen freundlichen Lebewesen weh tun.«
    Er blickte sie genauer an.
    »He, Ihr seid aber wirklich hübsch, Fräulein! Ihr habt ’ne Figur wie ’ne Nymphe.«
    Und dabei hatte er ihr gesagt, er wisse, was man mit Nymphen tat! Anscheinend hatte er, obwohl er sich gegen den Einfluß seiner Mutter stemmte und entschlossen war, selbst seine Wahl zu treffen, Irene noch nicht aus seiner Auswahl ausgeschlossen. Sie konnte es sich nicht erlauben, daß er sich auf solche Weise für sie zu interessieren begann. Selbst wenn er noch unschuldiger sein mochte, als er selbst behauptete, war es eine Tatsache, daß unschuldige Jünglinge in der Regel nicht auf alle Zeiten unschuldig blieben. »Ich bin eine alte, verheiratete Frau, die auf der Suche nach ihrem Kind ist«, sagte sie schnell.
    »Och, Euer Kind werdet Ihr schon unversehrt wiederbekommen«, meinte er beruhigend. »Schade, daß Mami Euch gefangengenommen hat, wie sie es mit jedem tut, sonst hättet Ihr den Knirps wahrscheinlich schon längst gefunden.«
    Was wohl sehr wahrscheinlich war, dachte Irene trübselig. Die Ablenkung durch die Reise zum Parnaß hatte ihre Sorge zwar etwas gelindert, weil Prioritäten nun mal zuerst kamen, aber sie wußte genau, daß sie keine ruhige Minute mehr finden würde, bevor sie Ivy wiederhatte.
    Wichtig war auch, was sie über Xavier erfahren hatte. Vor diesem Gespräch wäre sie nicht darauf gekommen, daß dieser Hinterwäldler gefährlich werden könnte. Doch er war ein kräftiger Mann mit einem tödlichen Talent, und sein Reittier war eines der mächtigsten Lebewesen Xanths. Wenn er das Temperament seiner Mutter geerbt haben oder sich aus irgendeinem Grund gegen Irene wenden sollte…
    Irene befand sich auf Messers Schneide: Sie konnte es sich nicht erlauben, Xavier allzu freundlich oder gar feindselig werden zu lassen. Es würde das beste sein, wenn er mit Xap davonflog, sobald sie den Parnaß erreicht hatten.
    Chem drehte sich um und kam zu ihnen, Grundy mit sich tragend. »Xap meint, daß zwischen uns und dem Parnaß ein ziemlich schlechtes Gelände liegt«, sagte sie. »Er kann zwar darüber hinwegfliegen, aber ich nicht, also muß ich es erst auskundschaften. Dann kann ich eine sichere Route ausfindig machen. Er sagt, daß unweit von hier ein Hügel ist, von dem aus man den Berg sehen kann; es ist eine gute Stelle, um eine Karte von dem dazwischenliegenden Gelände anzulegen. Wenn wir sofort losgehen, sind wir noch vor Einbruch der Dunkelheit dort. Wenn Ihr nichts dagegen habt, Irene…«
    »Was? Wollt Ihr etwa, daß wir alle mitkommen?« fragte Irene enttäuscht.
    »Ich kriege das Baumhaus nicht fertig, nachdem es dunkel geworden ist…«
    »Nein, allein bin ich viel schneller«, widersprach die Zentaurin.
    »Aber Ihr seid müde…«
    »Nicht mehr.«
    »Mich braucht Ihr wohl nicht dabei zu haben, oder?« fragte Grundy. »Ich will mich nämlich mal ausruhen.«
    »Ja, natürlich bleibst du hier«, sagte Chem und lächelte undurchsichtig. »Auf diesem Ausflug brauche ich keinen Dolmetscher.«
    »Prima«, sagte Grundy und sprang ab.
    »Aber seid Ihr denn sicher, daß Ihr… daß Ihr… mit so einem… Wesen

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