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Drachen-Mädchen

Titel: Drachen-Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
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Schar Harpyien. Wenn sie zu nahe kommen, muß ich sie blitzen.«
    Jetzt war Irene froh über sein Talent, denn die Töne waren wirklich haarsträubend. Bisher hatten sie Glück gehabt und waren auf keine wirklichen Gefahren gestoßen; das schien sich nun zu ändern.
    »Der Lärm kommt immer näher«, meinte Grundy. »Irene, Ihr solltet mal lieber schnell eine Pflanze dagegen wachsen lassen.«
    Doch es wurde auch immer schneller dunkel, was ihre Fähigkeiten beeinträchtigte. Und solange sie die Gefahr nicht genau kannte, die es abzuwehren galt, konnte sie keine geeigneten Samen aussuchen – und bis dahin war es möglicherweise schon zu spät. »Ich glaube, wir werden uns wohl auf Xavier verlassen müssen«, sagte sie zögernd. Nicht, daß sie am Können oder am Mut des jungen Mannes zweifelte; sie liebte einfach nur nicht die Vorstellung, von einem anderen Mann als ihrem Gatten abhängig zu sein.
    Das Gekreische kam immer näher. Das waren keine Harpyien, entschied Irene, aber möglicherweise etwas Ähnliches. Da erschienen auch schon drei Gestalten in der Dunkelheit – alte Frauen mit Kapuzenmänteln, die in gereiztem, schrillem Ton einander anraunzten.
    »Wenn ich es nicht besser wüßte«, murmelte Xavier grimmig, »würde ich schwören, daß das meine Mutter Xanthippe ist. Aber die ist gelb, und es gibt sie auch nur einmal.«
    Im letzten Dämmerlicht waren ihre Gesichter zu erkennen. »Fiese Hunde«, meinte Grundy.
    Das war durchaus wörtlich aufzufassen: Die Gesichter der drei Kreaturen waren stark hündisch, mit hervorstehenden Schnauzen, pelzigen Ohren und blutunterlaufenen, seitlich am Kopf befindlichen Augen. Lange rote Zungen fuhren zwischen den Kreischlauten über Hundefänge, als wollten sie sie für die nächste Anstrengung befeuchten.
    Doch das war noch nicht das Seltsamste an diesen Frauen. Ihr Haar wand sich in Locken wie Schlangen um ihren Körper, und ihre nackten Arme und Beine waren so dunkel, daß sie so gut wie kein Licht reflektierten; während ihre Kleider sich nun doch nicht als Mäntel, sondern als riesige, fledermausartige Flügel herausstellten. Jede der Frauen trug eine Art Stock mit sich, von dem zahlreiche Riemen herabhingen. »Da seid ihr ja, ihr undankbaren Wichte!« kreischte eines der Wesen, als es sie entdeckte. »Wir werden euch die Sünden schon aus dem Leib geißeln! Bereitet euch auf einen qualvollen Tod vor!«
    »Nein, wartet!« rief Irene beunruhigt. Wenn es doch nur hellichter Tag wäre, daß sie über ihre vollen Kräfte verfügen könnte! Sie fühlte sich so schutzlos. »Wer seid ihr, und warum belästigt ihr unschuldige Reisende?«
    »Unschuldige Reisende!« wiederholte die hündische Vettel schrill, und sie hörte sich schlimmer an als eine Harpyie. »Du, Mädchen, willst unschuldig sein, die du deiner einsamen Mutter der Zauberin an die dreißig Jahr’ nur Kummer und Sorgen gemacht hast und sie jetzt gar noch vernachlässigst? Welch’ Illusion soll sie noch weben, auf daß sie ihr das Wissen um den Giftzahn deiner Undankbarkeit verschleiere? Wer soll sie trösten, wenn sie, einsam und allein, stirbt, da ihre Tochter sie mit ihrer Gleichgültigkeit meuchlings metzelt?«
    Irene wich zurück, wie von einem Peitschenhieb getroffen. Das war die letzte Art von Attacke, mit der sie gerechnet hatte, und sie traf grausam genau ins Schwarze. Sie hatte ihre alternde Mutter tatsächlich vernachlässigt. Woher konnte diese gehässige Hundefrau das wissen?
    »Sprich nicht in solchem Ton zu dieser Dame, du erbärmlicher Spuk!« rief Xavier zornig. »Sie hat euch eine Frage gestellt. Wer, zum Hades, seid ihr?« Er hob einen Finger, bereit, die Alte mit einem Blitz zu vernichten.
    »Und du, du Rotzjunge von einem Sohn!« kreischte die zweite Alte und kam mit hoch erhobener Geißel auf ihn zu. »Wann hättest du deiner Mutter jemals gehorcht, ohne daß sie dir den Zauber ihres Blickes androhen mußte, etwas, von dem du genau wußtest, daß sie es nur ungern tat? All diese zwanzigundein Jahre hat sie sich abgeplagt, um dich großzuziehen – und wie hast du es ihr gedankt, du liebloser, gefühlskalter Flegel? Was hast du getan, als sie ihren Stolz für dich bezwang, um dir Nichtsnutz eine andere Frau zuzuführen, auf daß du sie heiratest, seßhaft wirst und dich nützlich machst? Weißt du auch, welch Leid sie ertragen muß, während du die Pflichten eines rechten Lebens in den Wind schlägst, um fliegen zu gehen!«
    Xavier wich ebenso heftig zurück, wie Irene es getan hatte, mit

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