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Drachen-Mädchen

Titel: Drachen-Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
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Irene. »Wollt Ihr lieber draußen bleiben, weil Euch das so besser gefällt, oder – weil Ihr und Euresgleichen sonst in der Regel drinnen nicht willkommen seid?« Zora stand einfach da und versuchte nicht einmal, zu antworten.
    »Ihr habt mir und meinen Freunden schon zweimal geholfen«, sagte Irene entschieden.
    »Möglicherweise habt Ihr mir sogar das Leben gerettet – vor dem Brachen und den Furien. Es wäre unrecht, wenn ich Euch nun behandelte wie…« Sie brach ab, weil sie nicht ›wie einen Zombie‹ sagen wollte.
    »Wißt Ihr, es ist gerade dunkel geworden«, warf Xavier ein. »Ich kann sie kaum erkennen. Sie sieht ein bißchen schlank und schattig aus, aber das ist nicht halb so schlimm. Und der Geruch ist auch zu ertragen. Riecht eigentlich eher wie Erde.«
    Als Kompliment war das zwar nicht gerade eine Spitzenleistung, aber Irene erkannte, daß der Jüngling es gut meinte. Er hatte eben nur noch nicht viel Erfahrung in derlei Dingen, was ja auch angesichts seiner Herkunft und Erziehung nicht weiter verwunderlich war.
    »Die Geißel hätte mich in Stücke gehauen«, bemerkte Grundy, »und zwar wortwörtlich. Es gibt wirklich Schlimmeres, als neben einem Zombie schlafen zu müssen.«
    Irene wandte sich wieder an Zora. »Dann kommt doch mit ins Baumhaus zu uns. Wenn Ihr nicht im Freien seid, werden Eure Wunden auch schneller heilen. Ihr braucht doch auch Schlaf, oder?« Das war zwar nur geraten, aber es war Irene wichtig, diese Geste zu machen. Vielleicht war es eine Übertragung eines Teils ihrer Schuldgefühle gegenüber ihrer Mutter Iris – oh, in diesem Punkt hatten die Furien wirklich den Nagel auf den Kopf getroffen! –, aber es war durchaus auch die reine, schlichte Dankbarkeit. Dieses Zombiemädchen war kein widerliches Ding mehr, das es allenfalls zu dulden galt, und es war auch nichts Böses – Zora war vielmehr zu einer Freundin geworden – und sie war nicht die schlechteste.
    Zora nahm die Einladung schließlich an und schlurfte zur Leiter, die ins Baumhaus führte. Sie versuchte, emporzuklettern, doch durch die Peitschenhiebe war ihr Körper versehrter als sonst, und so glitten ihre ungeschickten, skeletthaften Hände immer wieder von den Sprossen ab. Irene zuckte zusammen, als sie die Peitschenwunden sah und daran denken mußte, daß ihre Haut beinahe genauso ausgesehen hätte. Offensichtlich schwächte das Gift der Geißeln selbst die Genesungskräfte eines Zombies.
    Xavier stellte sich hinter sie, legte seine Hände auf Zoras etwas schwammige Hüfte und hob sie empor. Wieder mußte Irene staunen, wir kräftig dieser Mann doch war. Obwohl er sich nicht im geringsten anzustrengen schien, schwebte das Zombiemädchen empor wie eine Feder. So gelang es Zora, die Leiter hinaufzukommen und oben ihr Gleichgewicht auf Händen und Knien zu finden. Dann verschwand sie im Innern des Baumhauses, wobei sie einige Hautfetzen verlor.
    »Ich habe noch nie eines von diesen Dingern angefaßt«, murmelte Xavier, halb zu sich selbst. »Nicht mit den Händen, meine ich. Natürlich hat sie sich beim Ritt auf Xap an meiner Hüfte festgehalten, aber ich hab’ sie einfach ignoriert, als wäre sie ein Mülleimer, den man irgendwo ablädt. Aber jetzt, nachdem sie sich für mich hat auspeitschen lassen – wenn ich an ihrer Stelle getroffen worden wäre, würden jetzt wohl meine Hautfetzen herunterhängen.« Er schüttelte den Kopf. »Mir hat noch nie jemand einen Gefallen getan, den ich nicht erwidert hätte. Aber wie gibt man jemanden das Geschenk des Lebens zurück, wenn er – ich meine, sie hat ihr Leben doch schon verloren, bevor ich sie überhaupt kannte.« Er ballte die Fäuste in einer Verzweiflung, die Irene nur zu gut kannte. Er war ein anständiger Mann, der vor einem unlösbaren Problem stand. »Ist gar nicht so schlimm, sie anzufassen. Auch nicht schlimmer als die Eingeweide einiger Ungeheuer, die ich getötet habe. So was anzufassen – ich meine, das hat doch gar nix zu bedeuten. Geht doch viel eher darum, wie man dazu steht. Wiegen tut sie jedenfalls nicht gerade viel.«
    Auf seine grobschlächtige, aber ehrliche Weise gab Xavier Gefühlen Ausdruck, wie sie Irene in ähnlicher Form ebenfalls insgeheim gehegt hatte, beinahe zu ihrer Schande. Seine Einschätzung glich der ihren. Es gab keine schlimmeren Vorurteile in ganz Xanth als jene, die man Zombies gegenüber hegte, und Irene hatte sie bisher wider besseres Wissen geteilt.
    Doch wenn Zombies auch nicht richtig lebendig sein mochten, waren sie

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