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Drachen-Mädchen

Titel: Drachen-Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
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von dem er ein Blatt verzehrt hat. Jetzt kann der Python nicht mehr in die Orakelhöhle zurückkehren, aber er ist das weiseste aller Reptilien und würde alles tun, um wieder zurück zu können. Deshalb schleicht er auch in der Gegend herum, auf der Suche nach einem Zugang. Wenn wir in sein jetziges Revier geraten sollten…«
    »Das werden wir nicht«, sagte Irene entschieden. »Nicht, wenn wir Eure Karte haben, um uns zu führen. Was noch?«
    »Die Mänaden. Das sind die wilden Weiber des Weins. Sie führen rituelle Tänze am Nordhang durch und reißen alles in Stücke, was ihnen in die Finger gerät, um es aufzufressen. Früher haben sie mal dem Gott der fruchtbaren Felder gedient, aber die alten Götter sind inzwischen fort, und nun dienen die Mänaden niemandem mehr, außer dem Baum der Unsterblichkeit, der sie am Leben und jung erhält.«
    »Klingt nach Nymphen«, bemerkte Xavier.
    »Mit denen sind sie möglicherweise verwandt, aber ihr Charakter gleicht eher dem von Harpyien oder Ogerinnen. Das sind Raub- und keine Beutewesen, obwohl sie nackt und schön sind.«
    »Ich verstehe«, sagte Irene stirnrunzelnd. Sie neigte dazu, gegenüber jungen, schönen nackten wilden Frauen eine närrische Eifersucht zu hegen. Früher war sie zwar selbst einmal – doch diesen Gedanken verscheuchte sie lieber. »Also machen wilde Frauen die Hänge des Parnaß unsicher. Dann werden wir denen eben auch aus dem Weg gehen.« Und ob!
    »Das ergibt dann folgende sichere Route«, fuhr Chem fort und zeigte eine gestrichelte Linie auf ihrer Karte. »Wir müssen sie strikt einhalten, wenn wir gefahrlos weiterreisen wollen. Zu schade, daß Ihr Xap nicht dazu verwenden könnt, um sofort zum Baum der Samen zu fliegen. Aber der Simurgh erlaubt es niemandem, sich dem Parnaß durch die Luft zu nähern, weil gelegentlich Drachen und Greife einen Überfall wagen. Ein Hippogryph gleicht im Flug entfernt einem Greif, deshalb kann Xap dort auch nicht gefahrlos herumfliegen. Höchstens ein kleiner Vogel könnte es riskieren. Xap kann es zwar so ziemlich mit jedem Flugwesen aufnehmen, das ihm nur begegnen könnte, aber der Simurgh ist doch etwas anderes.«
    »Das will ich gerne glauben«, meinte Irene, deren Neugier hinsichtlich dieses berüchtigten Vogels immer stärker wurde.
    »Wir müssen uns dem Gipfel langsam nähern, und zwar zu Fuß, damit der Simurgh genug Zeit hat, uns zu studieren und zu merken, daß wir keine Invasoren sind, sondern Reisende mit einem ernsten Anliegen.«
    »Der Parnaß scheint aber reichlich wählerisch zu sein«, bemerkte Irene.
    »Ja. Dort leben sehr ausgesuchte und seltene Wesen. Wir müssen uns ihren Regeln beugen, sonst kommen wir überhaupt nicht weiter. Deshalb konnte die Hexe Xanthippe auch nicht selbst dorthin, der Simurgh hätte sie sofort als das erkannt, was sie ist, und sie niemals in die Nähe des Baums der Samen gelassen.«
    »Diese Mission hätte ich mir auch nie freiwillig ausgesucht«, pflichtete Irene ihr grimmig zu. »Aber wir müssen tun, was getan werden muß.«
    So machten sie sich auf den vom Chem vorgezeichneten Weg. Zora ritt wieder hinter Xavier auf Xap, während Irene und Grundy auf Chem saßen. So trabten sie gen Südosten, diesmal allerdings etwas schneller als am Vortag, weil Chem die Gegend bereits erkundet hatte.
    Die beiden Halbpferde mußten eine ganz schön interessante Nacht verbracht haben, dachte Irene. Xap sprach zwar nur in Krächzern, aber Chem schien ihn mühelos verstehen zu können, und er verstand sie auch seinerseits. Irene war immer noch überrascht, daß Chem einem Nicht-Zentauren ein solches Interesse entgegenbrachte, doch andererseits waren Menschen ja ebenfalls Nicht-Zentauren, und mit denen pflegte sie ständigen Umgang.
    Nach einer Weile gelangten sie an den Fuß des Parnaß. Der Dschungel hörte plötzlich auf, wie aus Ehrfurcht gegenüber dem großen Berg. So hatten sie freie Sicht. Der Parnaß besaß tatsächlich zwei Gipfel; auf jedem davon, halb verborgen im Nebel, stand ein großer, weitverzweigter Baum. Den Baum der Unsterblichkeit auf dem Nordgipfel würden sie meiden, denn der Jungborn hatte schon zuviel Unheil angerichtet, und seine Magie war mit Sicherheit mit der des Baumes auf dem Nordgipfel verwandt.
    »Sieht ja nicht nach viel aus«, brummte Grundy.
    »Hoffentlich behältst du recht«, sagte Chem. »Ich will nur mit dem Simurgh sprechen, mehr nicht. Und Irene will die Samen holen.«
    Sie überquerten einen Kanal am Fuß des Berges. Es war ein trockenes,

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