Drachen, Orks und Magier
Mit brüchiger Stimme sprach er ein paar Worte in einer uralten Sprache, vermutlich tekemisch.
Aber Kirad Kiradssohn Elbenschlächter glaubte eine andere Nuance im Klang dieser Sprache zu erkennen, der sich von den bisherigen Beschwörungsformeln deutlich unterschied, die An-Shar benutzt hatte.
Einen Augenblick später durchlief ein Zittern Trurbjjan Axtschwingers Körper. Von einem Augenblick zum anderen wirkte sein Blick wieder wacher.
Er vollführte eine ruckartige Bewegung mit dem Kopf, sah zuerst Kirad, dann Fenror erstaunt an.
Schließlich wanderte sein Blick wieder zurück zum Kapitän. "Was ist geschehen?", fragte er.
Er starrte auf den Koloss. Trurbjjan Axtschwingers Augenbrauen zogen sich zu einer Schlangenlinie zusammen. Er stieß einen erstaunten Laut hervor und wich einen Schritt zurück.
Jetzt bemerkten es auch die anderen. Der Incheper zerfiel zu Staub.
*
Kirad und seine Männer machten sich auf den Rückweg. An-Shar hielt sie dabei ziemlich auf.
Er war so schwach, dass er zeitweilig überhaupt nicht in der Lage war, selbstständig zu laufen.
Abwechselnd trugen ihn die Orks.
Die Morgennebel hatten sich schon fast verzogen als Kirad und seine Gefährten das Ufer der Jasabil erreichten.
Jadror Bluteisen war als Wache eingeteilt worden und bemerkte sie schon von weitem.
Er kam ihnen entgegen.
"Was ist mit dem Magier geschehen?", fragte Jadror. Fenror schilderte er ihm in knappen Worten. Dann betrachtete Jadror Bluteisen den Magier mit einem skeptischen Blick.
Trurbjjan und Yggron hielten ihn gerade in ihrer Mitte und vermutlich wäre er sofort zu Boden gefallen, wenn sie ihn nicht unter den Schultern gefasst hätten.
"Ich hoffe er ist noch in der Lage uns zu dem Schatz zu führen, den er uns versprochen hat", meinte Jardror.
An-Shar hob den Kopf. Ein zynisches Lächeln umspielte seine dünnen, aufgesprungenen Lippen. Sein Gesicht war vom Alter gezeichnet. Die Lebenskraft schien weitgehend aus seinem Körper geflohen sein.
"Mach dir keine Sorgen, Barbar", zischte er in dem besten Orkisch, das er aufbieten konnte.
"Bringt ihn an Bord", war Kirads Anweisung an Yggron und Trurbjjan. Die Orks gehorchten und brachten den Magier zum Schiff.
"Er sah nicht gut aus", meinte Jadror Bluteisen an den Kapitän gewandt.
"Ich weiß", murmelte Kirad düster. "Die Anwendung seiner Art von Magie scheint sehr viel Kraft zu fordern."
Jadror zuckte die Schultern.
"Ich hoffe, dass diese magischen Zeichen, nach denen ihr gesucht habt, so viel wert waren."
"Ich nehme es an", erwiderte Kirad, "sonst wäre An-Shar niemals so weit gegangen."
*
In den nächsten Tagen fuhren sie weiter den Jasabil flussaufwärts. Die Strömung verstärkte sich etwas. Für die Ruderer wurde es anstrengender, aber keiner von ihnen murrte, denn sie Aussicht auf schnellen Reichtum trieb sie voran und das war die beste Motivation, die sich denken ließ, wie Kirad Kiradssohn Elbenschlächter von seinen vorherigen Fahrten her wusste.
Am ersten Tag nach den Ereignissen in der Ruinenstadt Weset lag An-Shar unter einer dicken Wolldecke an Deck der ORKZAHN und schlief.
Kein Geräusch und kein Sonnenstrahl konnten ihn wecken.
Auch den nächsten Tag über hielt dieser Zustand an, erst danach schien sich der Magier etwas erholt zu haben.
"Ich hoffe, deine Lebenskraft kehrt bald wieder zurück", äußerte Kirad ihm gegenüber.
Der Magier lachte heiser.
"Das wird gewiss noch eine Weile dauern", sagte er.
"Gibt es keine magischen Mittel, um diese Auswirkungen deiner Zauberei in Grenzen zu halten?"
An-Shar hob den Kopf. Ein gewisses Maß an Hochmut war ihm jetzt anzumerken.
Er saß mit gekrümmten Rücken an Deck und musterte den Kapitän aufblickend, ein Umstand, der ihn mit Sicherheit sehr störte, aber offenbar fehlte dem Magier noch immer die Kraft, um einfach aufzustehen und dem Orks von Angesicht zu Angesicht gegenüber zu treten.
Die tiefe Geringschätzung jedoch, die der Magier für den Kapitän der ORKZAHN empfand, war deutlich aus den Gesichtszügen herauszulesen.
Gut eine Woche verging, ehe die ORKZAHN schließlich Ne-jefen-Ef erreichte.
Der Zustand An-Shars hatte sich in dieser Zeit von Tag zu Tag deutlich gebessert.
Seine Lebenskraft schien nach und nach zurückzukehren. Die Hände waren weniger dürr. Neues Fleisch schien sich unter der welken Haut gebildet zu haben.
Das zerfurchte aufgesprungene Gesicht wurde wieder glatter und hier und da mischte sich sogar schon etwas schwarz in das Weiß seiner
Weitere Kostenlose Bücher