Drachen, Orks und Magier
Schimmer fiel auf sein Gesicht, bildete mit dem fahlen Mondlicht eine eigenartige Mischung.
"Endlich", murmelte er. Dann schloss er seine Faust um den Edelstein, der das endgültige Ziel all seiner Begierden zu sein schien.
Er kniete nieder, streckte die Faust mit dem Edelstein darin aus. Das grüne Leuchten dieses Steins wurde so stark, dass es durch die Hand hindurchdrang.
Jeder einzelne Knochen war jetzt deutlich sichtbar. Die Hand wirkte durchscheinend. An-Shars Augen wurden wieder vollkommen schwarz, sein Gesicht zu einer verzerrten Maske. Die Anstrengung, die die Durchführung dieses Rituals für ihn bedeutete, war ihm deutlich anzusehen.
Immer wieder murmelte er dieselben Silben vor sich hin. Worte aus einer Sprache, die vielleicht noch älter war, als das tekemische.
Ein Blitz fuhr aus seiner Faust empor zum Himmel, wenig später folgte ein zweiter.
Nur Sekunden später wurde dieser Blitz aus dem nächtlichen Himmel zurückgesandt, traf das Tor und erzeugte ein bläuliches Schimmern.
Jenes Schimmern, das Kirad bereits von seinem ersten Durchgang her nur zu gut kannte.
Wie in einem Singsang wiederholte An-Shar immer wieder dieselben Worte.
Magische Formeln, wie in Trance, murmelte er vor sich hin. Er zitterte dabei am ganzen Körper.
Es dauerte nicht lange bis die ersten Bewaffneten am Fuß der Pyramide auftauchten.
Stimmengewirr erfüllte die Nacht. Offenbar war man im nächtlichen Ra-Tom auf das unheimliche Treiben aufmerksam geworden, das sich rund um das steinerne Tor abspielte.
Der erste Tekemer stürmte auf Kirad zu. Kirad parierte seine Schwertschläge, trieb ihn zurück, schlug ihm die Waffe aus der Hand. Aber schon war der nächste Angreifer da. Auch gegen ihn focht Kirad mit wildem Zorn und dem Mut der Verzweiflung, denn die Übermacht war gewaltig. Er konnte nur hoffen, dass das Ritual bald beendet war, denn lange würde er sich nicht gegen die Übermacht wehren können.
Überall streckten sich ihm fremde Klingen entgegen, versuchten ihn zu töten.
Kirad stellte sich zwischen den knienden Magier und die Angreifer. So gut er konnte, wehrte er sie ab, schlug sie teilweise in die Flucht.
Einen Kämpfer von seiner Rücksichtslosigkeit war den Tekemern offensichtlich noch nie begegnet. Sie scheuten sich allzu nah an ihn heranzukommen.
Sein helles Haar, das inzwischen wild zerzaust und verfilzt war, ließ ihn in ihren Augen wie ein wildes Tier erscheinen, das eine gewisse Ähnlichkeit mit einem Löwen hatte.
Dann erhob sich An-Shar plötzlich. Taumelnd schritt er auf das Tor zu, wurde schneller. Er lief in das blaue Leuchten hinein, verschwand schließlich darin.
Kirad wich vor den Angreifern zurück. Sie wagten nicht den Orks weiter zum Tor hin zu folgen.
Auch Kirad trat in das blaue Leuchten ein, das bereits schwächer wurde.
Dieser Hundesohn, ging es ihm durch den Kopf. Wenn es nach An-Shar gegangen wäre, hätte er mich hier zurückgelassen. Gerade noch rechtzeitig hatte Kirad das Tor erreicht. Das Gefühl, das ihn jetzt übermannte, kannte er bereits. Er hatte das Gefühl zu fallen, in einen Strudel aus Formen und Farben.
Schließlich umgab ihn nur noch Finsternis. Taumelnd gelangte er auf festen Boden. Er fiel hin, fühlte Sand. Dann blinzelte er. Das Licht der Sonne blendete ihn grell.
Kirad schüttelte sich. Er fuhr sich mit der Hand über den Kopf, blickte kurz zurück. Der Schimmer innerhalb des Tores verblasste nun völlig.
Einige Meter entfernt befand sich An-Shar, der Magier. Er umklammerte mit der einen Hand das grüne Juwel, dessen Leuchten noch immer durch seine Faust hindurchdrang. In der anderen hielt er die Rolle der geheimen Worte.
"Ich habe gesiegt!", rief er. "Ich habe gesiegt! Der Triumph ist mein!" Er rief es abwechselnd in tekemischer, bryséischer und elbenoidischer Sprache.
Zwischendurch sogar auf Elbinga.
Das grüne Leuchten des Juwels schien jetzt den gesamten Arm erfasst zu haben. An-Shar zitterte.
Die dunkle Färbung seiner Haare kehrte zurück. Seine Gestalt schien zu wachsen, sich aufzurichten, kräftiger zu werden.
Neue Lebenskraft fuhr offenbar aus diesem Stein heraus in den Körper des Magiers. Das Leuchten erfasste wenig später den gesamten Körper des Magiers.
Es bleiben mir nur noch wenige Augenblicke, ging es Kirad durch den Kopf.
Nur diese wenigen Augenblicke der Verwirrung.
In diesem Moment wandte der Magier den Kopf.
Meine Gedanken, durchzuckte es Kirad. Vielleicht ist er schon wieder stark genug, sie lesen zu können. Vielleicht
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