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Drachenauge

Drachenauge

Titel: Drachenauge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne McCaffrey
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beäugte misstrauisch das Glas. »Woher bezieht er seine Getränke?«
    Paulin schmunzelte verhalten. »Er hält sich für einen Weinkenner, hat aber keine Ahnung von einem guten Tropfen. Würden Sie Ihren Neffen denn gern auf einer Insel mit einem aktiven Vulkan absetzen lassen?«
    »Er ist so raffiniert, dass er auch das überlebt. Bleibt Nadona hier?«
    »Ja. Die Kinder sind noch sehr jung, aber es ist Ihr gutes Recht, Nadona ein äußerst schlichtes Quartier zu-zuweisen und ihr die Kinder wegzunehmen. Vielleicht möchten Sie sich selbst um deren Erziehung kümmern?«
    Vergerin erschauerte vor Abscheu.
    »Möglicherweise entwickeln sie sich noch zu ganz
    passablen Menschen«, spekulierte Paulin großmütig.
    »Bei diesen Eltern? Das halte ich für sehr unwahrscheinlich.« Vergerin trat an den Schrank, in dem Dokumente aufbewahrt wurden, die mit der Führung der Burg zu tun hatten. Ehe er aufschloss, drehte er sich jedoch zu Paulin um und fragte: »Soll ich gleich mit der Arbeit anfangen? Oder den Beschluss des Konklaves abwarten?«
    »Da wir nicht ausschlossen, dass Chalkin Sie als möglichen Rivalen aus dem Weg schaffen ließ, entschieden wir uns, fähige jüngere Söhne und Töchter als Team zur Leitung dieser Burg einzusetzen. Doch da Sie sich vermutlich besser in Bitra auskennen als jeder andere, schlage ich vor, dass Sie der Teamleiter werden und die allgemeine Aufsicht führen.«
    Vergerin blies den Atem aus und lächelte erleichtert.
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    »Wenn man bedenkt, wie verwahrlost dieses Anwesen
    ist und dass die Pächter demoralisiert sind, werde ich jede erdenkliche Unterstützung brauchen.« Er schüttele den Kopf. »Mein verstorbener Bruder mag nicht der tüchtigste Burgherr gewesen sein, aber zu seiner Zeit sah es hier nicht so verludert aus, und er hätte auch nie abgestritten, dass Pern ein Fädenfall bevorsteht. Chalkin wollte die drohende Gefahr einfach nicht wahr-haben, weil er um seine Einkünfte aus dem Glücksspiel fürchtete.«
    Es klopfte leise an der Tür, und als Paulin öffnete, stand Irene vor ihm.
    »Wir konnten das Küchenpersonal dazu überreden,
    etwas zu essen zuzubereiten. Für die Qualität der Mahlzeit kann ich mich nicht verbürgen, außer dass das Klah heiß ist und die Brote frisch gebacken sind.«
    Vergerin blickte an sich hinab. »Ich werde erst etwas zu mir nehmen, nachdem ich mich gewaschen habe.«
    Irene lächelte. »Das dachte ich mir und ließ Ihnen ein Quartier und ein Bad richten. Dort finden Sie auch saubere Bekleidung.«
    »Frisches Brot und heißes Klah klingen verlockend«, meinte Paulin und bedeutete Vergerin, den Raum vor ihm zu verlassen.
    »Nein, Burgherr, nach Ihnen«, weigerte sich Vergerin mit einer höflichen Geste.
    »Der Vortritt gebührt Ihnen, künftiger Burgherr von Bitra …«
    »Ich wusste ja nicht, dass ich so sehr stinke!«, erwiderte Vergerin und setzte sich in Bewegung.
    Paulin fiel auf, dass er sich in der Festung umschaute, als wolle er die Örtlichkeiten auf ihren Verfallszustand hin abtaxieren. Dann blieb er so plötzlich stehen, dass Paulin beinahe gegen ihn geprallt wäre. Verblüfft zeigte Vergerin auf eine Stelle an der Wand, wo Chalkins Porträt hing, ostentativ durch Leuchtkörbe angestrahlt. Mit ungläubiger Miene wandte er sich an Paulin.
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    »So hat mein Neffe doch niemals ausgesehen«, staunte er, mit Mühe ein Lachen unterdrückend.
    Paulin schmunzelte und betrachtete zum ersten Mal
    das Bild, das Iantine um ein Haar zum Verhängnis geworden wäre.
    »Soviel ich weiß, brauchte der Künstler sehr viel Zeit, um ein Porträt zu malen, das Ihren Neffen zufrieden stellte.«
    »Der Künstler muss hoch begabt sein, wenn er dieses Wunder vollbrachte. Aber es darf auf keinen Fall hier hängen bleiben«, bestimmte Vergerin. »Es ist … es ist …«
    »Lächerlich?«, half Paulin aus. Der arme Iantine hatte sein Talent prostituieren müssen, um diese Farce eines Porträts zu schaffen.
    Paulin beugte sich zu Vergerin vor, wobei er sich
    hütete, die Dünste einzuatmen, die der Mann verströmte.
    »Ich glaube nicht, dass Sie die Gefühle des Malers
    verletzen, wenn Sie das Porträt entfernen.«
    »Ob er Lust hätte, das Bild zu übermalen, sodass es dem Modell mehr ähnelt?«, überlegte Vergerin. »Damit ich mich ständig an meine Torheit erinnere, wenn ich es anblicke, und es mir als Warnung dient, diese Burg ja nicht verlottern zu lassen.«
    »Der Künstler Iantine befindet sich in Bitra, er hat uns begleitet. Fragen Sie ihn doch

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