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Drachenauge

Drachenauge

Titel: Drachenauge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne McCaffrey
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musterte, und er argwöhnte, sie habe erraten, was in ihm vorging.
    Zum Glück starrte ihnen nur der stark geschönte Chalkin von dem Bild entgegen, und Tisha prustete los.
    Die Wirtschafterin hatte ein ungemein ansteckendes
    Lachen. Ein Kichern von ihr genügte, um gute Stimmung zu verbreiten. Iantine bedurfte dringend einer Aufheiterung, und wenn seine aufgewühlten Emotionen ihn auch daran hinderten, sich ungehemmt der Fröhlichkeit hinzugeben, so brachte er doch ein Lächeln zuwege.
    Tishas Gelächter zog die Aufmerksamkeit aller Leute auf sich, die sich in der Küchenkaverne aufhielten, und bald war der Tisch, an dem Iantine, Leopol und die Wirtschafterin saßen, von Neugierigen umringt, die wissen wollten, wie Chalkin sich ›zufrieden stellend‹ abgebildet fühlte. Iantine musste schildern, was sich in Burg Bitra abgespielt hatte. Jeder begrüßte es, dass Chalkin seines Amtes enthoben und auf eine abgeschiedene Insel ver-bannt worden war.
    »Dieses Urteil ist noch viel zu milde für ihn«, meinte jemand.
    »Jetzt hat er keine Untertanen mehr, die er nach Herzenslust schurigeln kann.«
    »Kam jemand zu Schaden?«
    »Wer übernimmt jetzt seinen Posten, so kurz vor dem erwarteten Fädenfall?«
    Iantine antwortete so vorsichtig wie möglich, und er staunte, wie präzise sich die Weyrleute mit ihren Mutmaßungen die Wahrheit zusammengereimt hatten.
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    Man schien über eine Festung, die nicht dem Telgar-Weyr angehörte, recht gut informiert zu sein. Da er seine eigenen Erfahrungen mit Chalkin nicht breitgetreten hatte, mussten die Weyrbewohner ihr Wissen aus anderen Quellen beziehen. Ein paar der Älteren erinnerten sich, dass Vergerin mit Chalkin um die Führung der Burg gespielt und verloren hatte und kannten sich mit dem Stammbaum dieses Clans bestens aus.
    Iantine tat sich an dem Klah und den Keksen gütlich und ließ sich später eine herzhaftere Mahlzeit aus Brot, Käse und Wherryfleisch von Leopol servieren. Als er K'vin entdeckte, der ihn zu sich winkte, hegte er einen Moment lang die Befürchtung, er sei zu weit gegangen, als er die Vorfälle in Burg Bitra erzählte. Vielleicht hätte er doch besser den Mund gehalten.
    Er bat Leopol, Chalkins Konterfei in sein Quartier zu bringen, schnappte sich seinen Skizzenblock – weil er wusste, dass Leopol sich in einem unbeobachteten Augenblick die Bilder anschauen würde – und begab sich zu K'vin. Da die Umstehenden sich von ihm keine weiteren Neuigkeiten erhofften, machte man ihm bereit-willig Platz.
    »Es tut mir Leid, Weyrführer, weil ich vorgegriffen und Dinge erzählt habe, die möglicherweise nicht für die Allgemeinheit bestimmt sind …«
    K'vin riss die Augen auf. »Nicht für die Allgemeinheit bestimmt? Dass ich nicht lache! Die Leute wussten doch schon das meiste.«
    »Aber nicht, wie viele Gefangene Chalkin in seinen Kühlfächern quälte!«, platzte Iantine ergrimmt heraus.
    K'vin legte ihm den Arm um die Schultern. »Ich glau-be, diese Geschichte wird mir noch lange Albträume bescheren.« Er erschauerte. »Vielleicht sollten Sie sich jetzt ein wenig Ruhe gönnen.«
    »Auf gar keinen Fall, wenn Sie für mich etwas zu tun haben.« Er brauchte nicht einmal in sein Quartier zu 343
     
    gehen, denn seine Farben und Pinsel befanden sich bereits in den Wohngemächern der Weyrführer.
    K'vins ernste Miene hellte sich auf. »Ich habe ausnahmsweise Zeit, und Sie wollen doch mein Porträt zu Ende bringen … Es sei denn, Sie möchten zuvor Chalkins Konterfei übermalen. Und Bridgely kann es kaum abwarten, dass Sie nach Benden kommen. Sie sind ein sehr gefragter Mann.«
    Iantine wurde verlegen. K'vin spürte, wie unangenehm ihm das Lob war und klopfte ihm anerkennend auf die Schulter.
    »Wie sehen Ihre Pläne aus, Künstler Iantine?«
    »Selbstverständlich beende ich zuerst Ihr Porträt. Hat Ihnen das Bild von Zulaya gefallen?«
    »Ich bin begeistert, Iantine. Sie haben die Weyrherrin so dargestellt, wie sie ist – wunderschön.«
    »Ich malte nur, was ich sah.«
    »Ja, sie ist wirklich eine Augenweide.«
    Irgendetwas an dem Tonfall machte Iantine stutzig.
    Als Weyrführer waren die beiden doch ein Paar, oder?
    Stets legten sie Wert darauf, ihre gute Partnerschaft zu demonstrieren. Doch mittlerweile hatte Iantine es sich angewöhnt, auf Untertöne zu achten, und nicht alles war in Wirklichkeit so, wie es sich einem ahnungslosen, unbefangenen Betrachter darbot.
    Aber es stand ihm nicht zu, der Sache auf den
    Grund zu gehen, obwohl ihn mittlerweile

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